Das Menschenrecht auf Wasser und die griechische Ämterpatronage

Die Europäische Union will nach derzeitigem Diskussionsstand die öffentliche Konzessionsvergabe für Wasser dem europäischen Vergaberecht unterwerfen. Ergebnis wird dabei bestimmt keine Situation sein, bei der es einen Leitungsbetreiber gibt, der seine Leitungen verschiedenen Wasserversorgern zur Verfügung stellt. Wie will man verschiedene Wasserqualitäten in einem Leitungsnetz auseinanderhalten? Das ist genauso absurd, wie atomfreien Strom in einem Energieleitungsnetz zu transportieren. Was beabsichtigt ist, ist offensichtlich Konzessionen für ein Netz mehr oder weniger zu versteigern. Gewinner der Vergabeverfahren könnten sowohl kommunale als auch private Wasserbetriebe sein.

Die Wasserversorgung ist eigentlich kommunale Daseinsfürsorge, weil es sich um ein leitungsgebundenes Monopol handelt und weil Wassergewinnungsanlagen durch Gesetze und Verwaltungsakte vor Verunreinigung geschützt werden müssen.

Die Befürworter der kommunalen Wasserversorgung neigen allerdings zum Zeichnen einer schönen Welt, die es so nicht gibt, und die es so nie gegeben hat. Die Kommunalbetriebe sind dem Zugriff von Politikern ausgesetzt, und Politiker sind nicht besser, als andere Menschen auch.

Gerade haben Politiker die älteste Bank der Welt, die Monte Paschi di Siena gegen die Wand gefahren, genauso wie fast alle Landesbanken in Deutschland. Aus vielen Wasserverbänden und kommunalen Eigenbetrieben wird jährlich Eigenkapital entnommen, um es kommunalen Haushalten zuzuführen. Wenn eines Tages Anlagen ersetzt werden müssen, kann das nicht aus der Abschreibung erfolgen. Die Deutsche Bundesbahn war bis zur Aufgabe der Behördenstruktur und bis Hartmut Mehdorn die Geschäftsleitung übernahm, durch und durch korrupt. Es gab Leute in der Führungsetage, die Spitznamen hatten wie „Mister 3 Prozent“. Die Angestellten der Bahn wußten es, die Auftragnehmer der Bahn wußten es, nur die Geschäftsleitung, die Gewerkschaft, der Personalrat und der Aufsichtrat wußten es angeblich nicht. In der Russenzeit gab es im Osten in vielen Orten aus Mangel an Ressourcen keine staatliche Wasserversorgung. Wer keinen privaten Brunnen hatte, mußte beim Nachbarn Wasser holen. Alle diese Beispiele zeigen, daß auch kommunale und staatliche Versorgunssysteme in Einzelfällen brutal versagen können.

In Griechenland sind Posten in den Staats- und Kommunalbetrieben als Anerkennung für die Unterstützung von Parteien vergeben worden. Diese Parteien gehörten und gehören teils immer noch den vier großen Familien. Die Familienclans halten sich seit 100 Jahren Parteien und Gewerkschaften, wie sich Landwirte Schweine, Hunde und Schafe halten. Die Familien Papandreou und Venizelos hielten sich eine sozialistische Partei, die Karamanlis und Mitsotakis eine konservative. Bei den Griechen muß das Wasser nicht privatisiert werden, weil es dann billiger oder besser wird, es muß auch nicht privatisiert werden, weil der Privatisierungserlös den griechischen Staatshaushalt retten soll, es muß einzig und alleine privatisiert werden, um kriminelle Strukturen zu zerschlagen.

Ein Herr soll seine Ämter mit Leuten versorgen, und nicht die Leut mit Ämtern. Dieser Aphorismus stammt von Christoph Lehmann, der von 1579 bis 1639 lebte. Ämterpatronage ist wie wir sehen eins der ältesten Probleme der Menschheit.

Gegen die Zerschlagung dieses Klientelsystems macht eine Europäische Bürgerinitiative „Wasser ist Menschenrecht“ Front, die vom Europäischen Gewerkschaftsbund für den Öffentlichen Dienst (EGÖD) organisiert wird. Die griechischen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes lassen grüßen…

Wie oben schon gepostet: Kommunale Wasserversorgung ist sinnvoll, solange die Wasserwerker nicht wesentlich mehr verdienen, als die Wasserkunden. Sie ist sinnvoll, wenn sich Politiker bei den Wasserwerken nicht übermäßig bedienen. Sie ist sinnvoll, wenn nicht ständig Geld aus den Wasserbetrieben zur Stopfung von Haushaltslöchern entnommen wird. Sie ist sinnvoll, wenn die Wasserwerker nicht nach Parteiinteressen und Parteibuch eingestellt werden. Es verdurstet niemand, wenn Wasserversorger privatisiert werden.