Mindestlohn ist Hartz IV plus Arbeiten gehen

Es wird oft behauptet, daß Arme in Deutschland keine Steuern zahlen, da das Bundesverfassungsgericht das Lebensminimum von der Steuer befreit hat. Natürlich ist das grob falsch.

Bei einem Mindestlohn von 8,50 € kommt man mit 160 Stunden auf ein Bruttogehalt von 1.360 € pro Monat. Mit Steuerklasse 1 und ohne Kinder rechnet sich ein Netto von 1.036 € aus.

Wer so rechnet hat das System nicht verstanden. Wenn man alle Steuern und Abgaben abrechnet bleibt viel weniger Geld als 1036 € netto. Heute möchte ich geschwind mal aufstellen, was ein Bezieher von Mindestlohn wirklich netto bekommt.

Bei der Kalkulation der Verbrauchssteuern wird angenommen, daß es in Deutschland 70 Mio Erwachsene gibt, auf die diese Steuern als Durchschnittswert aufgeteilt werden.

Die Kfz-Steuer wird auf 240 € pauschal jährlich angenommen. Die Grundsteuer B trifft den Steuerpflichtigen auch wenn er kein Haus hat. Sie gehört zu den Mietnebenkosten. Es wird ein Hund angenommen.

Die Umsatzsteuer ist etwas schwierig zu fassen, weil es 19 % für normale Waren und Leistungen gibt, 7 % für begünstigte Waren und außerdem gibt es steuerbefreite Leistungen (z.B. Miete, Versicherungen, Gesundheitsleistungen…). Ein durchschnittlicher Steuersatz liegt beim Normalo bei etwa 7 % vom Nettolohn. Zu beachten ist, daß auf Verbrauchssteuern Umsatzsteuer bezahlt wird, daß also vieles doppelt besteuert wird.

  Steuer % vom Brutto
Lohnsteuer € 63,- 4,6
Rentenversicherung € 129,- 9,5
Krankenversicherung € 112,- 8,2
Aloversicherung € 20,- 1,5
Pflegeversicherung € 17,- 1,3
Rundfunksteuer € 18,- 1,3
Versicherungssteuer € 13,- 1,0
Tabaksteuer € 17,- 1,3
Kaffeesteuer € 1,- 0,1
Branntweinsteuer € 3,- 0,2
Schaumweinsteuer € 1,- 0,1
Energiesteuer € 48,- 3,5
Stromsteuer € 9,- 0,7
Kfz-steuer € 20,- 1,5
Rennwett- und Lotteriest. € 2,- 0,1
Biersteuer € 1,- 0,1
Hundesteuer € 2,- 0,1
Grundsteuer B € 13,- 1,0
Umsatzsteuer € 66,- 4,9
Nettoverdienst € 822,- 60,4
Steuerquote   39,6

Ziehen wir mal die Miete und die Mietnebenkosten von 822 € ab, so bleibt Hartz. Für eine 40-qm-Wohnung rechne ich bei einer Warmmiete von 10 € pro qm 400 € Kosten. 822 minus 400 macht 422 €.

382 € beträgt der Regelsatz von Hartz. Davon gehen auch 30 % Steuern ab. Bleiben etwa 270 € netto für den Hartzer. Die Differenz zwischen 422 € für den Mindestlöhner und 270 € für den Hartzer sind 152 €. Die hat man Mehraufwand wenn man arbeiten geht, zum Beispiel für Benzin und Fahrzeughaltung. Ohne Auto braucht man in den meisten Berufen überhaupt nicht antreten.

Der ausgerechnete Nettoverdienst von 822 € entspricht recht genau den 790 €, die als Lebensminimum gelten. Wie man es auch dreht und wendet: Das Netto aus dem Mindestlohn entspricht dem Hartz IV-Niveau. Der Hartzer bekommt einschließlich Wohnung und Heizung das gleiche Geld wie der Mindestlöhner. Wer als Mindestlöhner arbeitet, hat offensichtlich außerökonomische Gründe dafür. Oder er versteht nicht was die Sozialpolitiker mit ihm machen.

In der Bibel gibt es das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg. Diejenigen, die den ganzen Tag gearbeitet haben, bekommen abends vom Weinbauern das gleiche Geld, wie jene die nur die letzte Stunde im Weinberg waren. Die Begründung ist: die nur die letzte Stunde gearbeitet haben, sind rumgelaufen und haben seit 7 Uhr früh nach Arbeit gesucht. Das ist bei Hartz nicht mehr so. Da kann man auch bis mittags schlafen und braucht überhaupt nicht nach Arbeit zu suchen. Seit Jesus hat sich das Sozialrecht etwas geändert. Darum müßte es einen Unterschied geben.

Eigentlich könnte man vom Mindestlohn 1.360 € leben. Wenn es keine Steuern und Abgaben gäbe. Mit 822 € netto kann man definitiv nicht auskommen, wenn man zum Beispiel Miete in einer teuren Stadt zahlen muß und keinen eigenen Wald zum Heizen hat. In den meisten Mietwohnungen gibt es heute keinen Ofen mehr. Da hilft auch nicht der dicke Pullover, der von einigen Sozialdemokraten selbst getragen (Steinbrück) oder von anderen empfohlen wird (Sarrazin).

August Bebel (1892 bis 1913 Parteivorsitzender der SPD) hat sich im deutschen Reichstag noch jedes mal hochgespult, wenn Verbrauchssteuern erhöht wurden. Der würde heute im Grabe rotieren, wenn er wüßte was seine Nachfolger machen. Viele Verbrauchssteuern rühren aus der Zeit her, als Gerhard Schröder (SPD) Bundeskanzler war: Energiesteuer, Stromsteuer, Erhöhung der Tabak- und der Umsatzsteuer. Vieles davon Erziehungssteuern für Erwachsene. Neuerdings sind die Sozialdemokraten ganz stolz auf den erstrittenen Mindestlohn. Wenn der dicke Gabriel sich mal das Netto daraus auf der Zunge zergehen läßt, würde er den Ball flacher halten… Der Mindestlohn der Groko ist brutto ganz o.k. Netto ist er zum großen Kotzen (auch GroKo).

Viel effektiver als der Mindestlohn zur Armutsbekämpfung wäre die Abschaffung der Steuern und Abgaben für Gering- und Normalverdiener. 40 % Abgaben für den Mindestlöhner und 30 % für den Hartzer – das ist krank. Sehr krank.