Mehr Jobs im Agitprop-Sektor?

Die Politredakteurin Freia Peters hat in der WELT am 6.3.2015 die zu geringe Zuwanderung beklagt: „Die Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung aber werden stark unterschätzt … In Wirklichkeit wird der Rückgang der Bevölkerung etwa 20 Millionen Menschen betragen. So zumindest prognostiziert das Statistische Bundesamt die Entwicklung bis 2060.Um die drohende Lücke auszugleichen, müssen mehr Frauen berufstätig und die Zahl der Auszubildenden gesteigert werden.“

Tatsächlich ist ein Werben um gut ausgebildete junge Zuwanderer ja nicht schlecht. Wir müssen uns allerdings fragen, woher der Bedarf an Arbeitskräften eigentlich herrührt. Und was die Zuwandrer machen sollen. In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der Arbeiter in der Industrie zurückgegangen, ohne daß die Industrie kollabiert ist. Im Gegenteil die Aktienkurse sind gerade auf Rekordhöhe. Ebenso ist die Zahl der Landwirte rückläufig, ohne daß Hunger herrscht oder Äcker unbestellt sind. Auch das Handwerk hat keine wachsenden Beschäftigtenzahlen zu melden.

Die Bundeszentrale für politische Bildung hat die Zahlen parat: Die Zahl der Landwirte sank von 1991 bis 2013 um 530.000. Im produzierenden Gewerbe waren 1991 11,02 Millionen Beschäftigte tätig, 2013 noch 7,82 Millionen. Im Bau ist die Beschäftigungszahl im gleichen Zeitraum um 490.000 gesunken, ohne daß man auf dem Wohnungsamt zehn Jahre warten muß, bis man eine Wohnung zugewiesen bekommt.

Nun kommen wir zum Pferdefuß: im sonstigen Dienstleistungsbereich (außer Handel, Gastgewerbe und Verkehr) hat sich die Zahl der Arbeitnehmer in 22 Jahren von 12,46 Millionen auf 15,6 Millionen erhöht. Zu diesen sonstigen Dienstleistungen gehören so „wertvolle“ Bereiche wie Wirtschaftsverbände, Berufsorganisationen (Kammern), Arbeitnehmervereinigungen (Gewerkschaften), Stiftungen von Parteien und Vereinigungen, Lobbyorganisationen der Kultur, der Verbraucher und der Wirtschaft, Nichtregierungsorganisationen sowie Fernseh- und Rundfunkveranstalter. Diese ganzen Organisationen will ich den jeweiligen pressure groups nicht neiden, sie sind aber fast alle mit Steuergeldförderung oder durch Zwangsmaßnahmen maßlos aufgeblasen. Deutschland leistet sich im europäischen Vergleich zum Beispiel den teuersten Propagandaapparat, der mit Zwangsgebühren ausfinanziert wird. ARD und ZDF sind pro Kopf der Bevölkerung weit teurer als vergleichbare Einrichtungen in Kleinstaaten wie Dänemark oder Österreich.

Durch Bürokratie aufgebauscht sind auch Krankenversicherungen, Kassenärztliche Vereinigungen, der Zoll (der mittlerweile auch Stundenzettel kontrolliert), die Knappschaft, die mangels Bergbau den Niedriglohnbereich verwaltet, die Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung.

Unternehmensberatung, PR-Beratung, Werbeagenturen, Messeveranstalter und Kongressveranstalter werden heutzutage zunehmend durch die öffentliche Hand beschäftigt. Wer hat nicht schon die zahlreichen Werbemaßnahmen der Ministerien und Kammern zur Kenntnis genommen und deren Hochglanzbroschüren ungelesen in den Papierkorb geschmissen? Wer kennt nicht die vom Steuerzahler geförderten Messestände mit langbeinigen Hostessen?

In den Hochschulen treiben Genderprofessorinnen ihr Unwesen und durch die Schulen tingeln die ersten Sextanten. Bundesweit gibt es mittlerweile etwa 20.000 Gleichstellungsbeauftragtinnen. Unnütze Jobs werden auch im Bereich der politischen Bildung und beim Kampf gegen Rechts geschaffen. Wenn man vernünftige Politik machen würde, könnte man sich die ineffiziente Verschleuderung von Arbeitskraft für Agitations- und Propagandajobs sparen.

Auch der politische Betrieb ist aufgepuscht. Parlamente könnten verkleinert werden und die Zahl der Wasserträger im Fraktionsbereich verkleinert werden. Wenn es nicht mehr so viele Fachreferenten für die Fraktionen gebe, müßten die Parteien bei der Kandidatenkür mehr auf Qualität achten und Fachpolitiker mit Spezialkenntnissen aufstellen. Schlimmstes Beispiel für absolute Ahnungslosigkeit war kürzlich eine junge Quotendame aus der engeren SPD-Führung, die nicht einmal das Basiswissen hatte, daß Arbeitnehmer ihre Stundenzettel selbst ausfüllen müssen.

Durch Entpolitisierung und Entbürokratisierung könnten in Deutschland locker zwei Millionen Arbeitskräfte für gesellschaftlich nützliche Arbeiten freigesetzt werden. Man muß nicht wieder nach Gastarbeitern rufen, sondern Verwaltung und Politikbetrieb straffen. Unsere Kanzlerin war allerdings früher Agitprop-Sekretärin. Das hängt an.

In den 60er Jahren wurden die Wünsche der Industrie erhört und Arbeiter ins Land geholt. Ab dem Ende der 60er Jahre gab es eine wachsende Arbeitslosigkeit, weil die Betriebe rationalisierten und automatisierten. Die Geschichte zeigt, daß nicht jeder Wunsch nach zusätzlichen Arbeitskräften ungeprüft erhört werden sollte. Auch hier gilt: Dreimal messen, einmal abschneiden.

Gerade sind am Jahresanfang etwa 300.000 Asylbewerber angekommen. Nun hat das Asylthema rechtlich eigentlich nichts mit dem Arbeitsmarkt zu tun. Asylbewerber dürfen ja offiziell nicht arbeiten. Da die abgelehnten Bewerber nicht abgeschoben werden, ist faktisch jedoch ein Zusammenhang da. Jetzt müßte die Bundesregierung eigentlich etwa 200.000 Stellen im geringqualifizierten Bereich schaffen.  Bewährt hat sich hier immer das Bauwesen. Für 200.000 zusätzliche Beschäftigte benötigt man etwa ein Investitionsvolumen von 24 Milliarden € pro Jahr. Jetzt müßte Geld vom Agitprop- und Politikbetrieb in das Bauwesen umgeschaufelt werden, wenn man es mit der Willkommenskultur ernst meinen würde. Für den Ersatz maroder Straßen und Brücken wäre die Ausgabe sogar sinnvoll. Der Bundeshaushalt sieht das bisher nicht vor.

Bundesfinanzminister Schäuble reagiert einfach nicht auf den Asylantenstrom.
Schäuble denkt vielleicht an folgende Anekdote, die allerdings aus den achtziger Jahren ist und in eine andere Zeit gehört: Ein Zigeunerkönig ruft: „Ein Wunder, ich kann wieder gehen!“ „Wie ist das Wunder geschehen?“ „Mir ist der Mercedes gestohlen worden!“