Die Berechnung der Armutsgrenze

Armut wird sehr seltsam definiert. Nicht die notwendige Konsumtion für ein funktionierendes und sinnerfülltes Leben ist nach der offiziellen Definition der Maßstab für eine Existenz oberhalb der Armutsgrenze, sondern was andere Leute verdienen. Das ist natürlich Schwachsinn. Man könnte die schräge Definition auseinandernehmen, aber das ist schon tausendmal gemacht worden. Man kann aber auch positiv an die Sache herangehen.

Wenn man bescheidenen Wohlstand definieren will, muß man einfach mal grob aufstellen, was eine fünfköpfige Familie so braucht. Wir nehmen mal an, daß die drei Kinder zwischen 6 und 14 Jahre alt sind.

Der Hartz-Regelsatz 2015 beträgt für die angenommenen fünf Personen 1.560 €. Wir müssen natürlich einen Zuschlag von 10 % draufgeben, denn die Hartzer sind ja von vielen Zwangszahlungen befreit, zum Beispiel von der Rundfunksteuer. Außerdem ist Hartz natürlich sehr knapp kalkuliert. Wir kommen auf 1.560 x 1,1 = 1.716 €.

Mit Hartz sind die Wohnungskosten incl. Heizung und die Kosten für ein Familienfahrzeug nicht abgedeckt. Die Wohnungsgröße für eine 5köpfige Familie wollen wir mit 140 Quadratmetern annehmen. Multipliziert mit einer Warmmiete von 9 €/qm ergeben sich 1.260 € im Monat. Für ein angemessenes Kraftfahrzeug, welches 10.000 km pro Jahr bewegt wird, fallen inklusive der Abschreibung etwa 250 € im Monat an. Den Familienurlaub müssen wir ebenfalls extra kalkulieren, weil er im Hartz-Budget nicht wirklich drin ist. Wir rechnen mit 100 € pro Monat, die zurückgelegt werden müssen.  Außerdem rechnen wir mal 100 € für die Altersvorsorge und kleine Extras.

Zusammen haben wir dann einen Bedarf von 3.426 € errechnet. Davon müssen wir 570 € Kindergeld abziehen. Bleiben 2.856 €. Allerdings als Nettoeinkommen. Brutto sind 4.230 € in der Steuerklasse III erforderlich, um 2.856 € zu verdienen, wenn nicht steuermindernde Umstände hinzukommen, zum Beispiel Aufwendungen für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Damit haben wir die Armutsgrenze klar definiert.  Sie liegt für die fünfköpfige Familie etwa bei  4.200 €.

Nun können natürlich Schlaumeier daherkommen, und behaupten, daß 2.100 € die Armutsgrenze ist, wenn beide Ehepartner arbeiten. Das ist aber nicht der Fall. Die Kosten des Haushalts erhöhen sich nämlich erheblich: Es wird ein zweites Familienfahrzeug benötigt, um den Arbeitsort der zweiten Erwerbsperson zu erreichen. Es fallen Kosten für die Kinderbetreuung an, zum Beispiel  für den Hort und teures Schul- und Kantinenessen. Weitere Kosten fallen an, weil die Aufsicht über den Haushalt aus Zeitgründen schleift und Kleinreparaturen nicht mehr erledigt werden können.

Foto: Wolfgang Prabel

Alles ist in nervige Zeitfenster gepreßt, damit ein Zweiverdiener-Haushalt mit drei Kindern noch irgendwie funktioniert.

Zweitauto 250 €
Hortgebühr für drei Kinder 120 € (in den Kommunen sehr unterschiedlich geregelt)
4 Personen Kantinenessen (Mehraufwand) 240 €
Sonstige Mehraufwendungen pauschal 50 €
Mehraufwand insgesamt 660 €
Nettokosten insgesamt 2.856 € + 660 € = 3.516 € oder 1.758 € pro Ehepartner

Die Abgaben steigen: Bei zwei Einkommen in der Steuerklasse IV von je 2.710 € brutto wird das erforderliche Nettoeinkommen von 3.516 € generiert. Noch einmal: Bei zwei Verdienern erhöht sich das notwendige Bruttoeinkommen von etwa 4.200 € auf 5.420 €.

Bei einer vernünftigen Arbeitsteilung in der Familie liegt die Armutsgrenze beim Bruttoverdienst des Alleinverdieners von  4.200 €. Dieser notwendige Bruttoverdienst liegt deutlich über dem Bruttodurchschnittsverdienst in Deutschland von etwa 2.920 €.

Die Politik könnte vieles tun, um die Schere zwischen dem tatsächlichen Einkommen und dem erforderlichen Einkommen zu schließen. Die Abschaffung der indirekten Steuern einschließlich EEG, Rundfunksteuer, Umsatzsteuer, Energie- und Stromsteuern und sonstigen Verbrauchssteuern alleine würde schon ausreichen. Daran haben die Politiker aber kein Interesse.

Gewinner der Situation mit zwei Verdienern in der Familie ist nämlich der Staat, denn er kann aus 5.420 € statt aus 4.200 € Sozialabgaben und Steuern verlangen. Hier liegt der Grund, warum der Staat an der bezahlten Frauenarbeit so interessiert ist. Die Frauen sind das letzte Aufgebot, das die Sozialsysteme vor dem Kollaps retten soll.

Diese Gier des Staats schildert folgende nicht ganz frische Anekdote: Ein Ehepaar hat sich verirrt. Tag und Nacht irren sie ohne Nahrung durch den Wald. Die Frau: „Das ist das Ende. Uns wird niemand mehr finden.“ Der Mann: „Wir werden gefunden. Unsere Steuern sind noch nicht bezahlt!“