Freiwild der Antifa

Die Band Frei.Wild hat vor drei Jahren außerhalb von Südtirol eigentlich kaum ein Freund der leichten Muse gekannt. Im ganzen deutschen Sprachraum populär geworden ist sie erst durch die Nichtnominierung beim ECHO-Preis  2013.

„Wir haben in den letzten Tagen heftige Kontroversen um die Nominierung von Frei.Wild, die auf Basis der Charts-Auswertung erfolgte, erlebt, die den gesamten Echo und damit auch alle anderen Künstler und Bands überschatten“, drückte sich damals der Geschäftsführer des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI), Florian Drücke um die Wahrheit herum. Der ECHO solle nicht zum Schauplatz einer Debatte um das Thema der politischen Gesinnung von dieser Band (Frei.Wild) werden – daher habe sich der Vorstand „nach intensiven Diskussionen“ entschlossen, in die Regularien des Preises einzugreifen und die Südtiroler von der Nominiertenliste zu streichen.

Die Nichtberücksichtigung löste jedoch heftige Kontroversen aus und spaltete die Szene der Musikanten tief. Die Heimatband aus Brixen geriet in den Strudel rechtsextremer Verdächtigungen. Die Drecksdenunzianten setzten sich damals mit abstrusen Verdächtigungen durch.

Dem selbsternannten „ Rechtsextremismus-Experten“ Thomas Kuban zufolge sei die Grenze zwischen eindeutigen Neonazi-Bands und Identitätsrock-Bands zwar längst fließend, in einschlägigen Neonazi-Foren werde die Band jedoch regelmäßig gelobt. Das reicht also schon aus, um musikalisch den Löffel abgeben zu sollen.

Aus solchen Zeilen wie: „Südtirol, du bist noch nicht verlor’n. In der Hölle sollen deine Feinde schmor’n“ wurde Neonazismus konstruiert. Die Realität ist jedoch wie so oft eine genau gegenteilige. Der südtiroler Freiheitskampf richtete sich historisch von 1924 bis 1944 vor allem gegen die italienischen Faschisten, die unter Mussolini die Südtiroler als Volk umerziehen wollten. Die südtiroler Sprache wurde damals verboten und eine massive faschistische Einwanderung nach Südtirol organisiert.  Noch vor wenigen Jahren hatten faschistische Parteien im Multikulti-Bozen gute zweistellige Ergebnisse bei Wahlen. Wenn der Antifaschismus irgendwo wirklich lebendig ist, so ist er es außer in Äthiopien, welches ebenfalls unter dem Kolonialismus Italiens zu leiden hatte, nur in Südtirol. Und Frei.Wild ist ein Teil dieser langen antifaschistischen Tradition der Bergbauern.

„Wir haben teils fassungslos mitverfolgt, was da passiert ist. Es sind ganze Zellen, Zusammenschlüsse von Musikern als Gegenbewegung zu uns entstanden, beispielsweise in Berlin. Es gab aggressive Anfeindungen und Drohungen gegen uns, schließlich basierte die Berichterstattung zu einem der größten Medienpreise wie dem ECHO fast allein auf der Diskussion über uns und schlussendlich haben sich auch Musiker gegen uns gestellt, die uns im Leben noch nie kennengelernt haben. Das ist doch alles Wahnsinn“, so Sänger Philipp Burger. „Plötzlich waren da die BROILERS, KRAFTKLUB oder THE BOSS HOSS, deren Thema wir auf einmal waren. Ein anderer Künstler drohte damit, nicht beim Echo zu erscheinen, obwohl er noch nicht mal eingeladen war, und hat bei der Presse sofort Gehör damit gefunden.“

Nun hat Frei.Wild den Fehdehandschuh aufgehoben und im Album „Opposition“ die angetane Schmach von 2013 in einer ganzen Reihe kritischer Liedtexte musikalisch verarbeitet. In „Wir brechen Eure Seele“ wird der Antifa der Spiegel vorgehalten:

Sag mal ehrlich, bist du verwirrt?
Hast dich wohl im Ziel geirrt?
Kein Schuldspruch, kein Verbot
Bist und bleibst ein Vollidiot
Zorn und Hass, nur kalter Rauch
Böser Blick, mit Wut im Bauch
Nicht nur blöd, sondern auch noch blind, merke dir
Lachen tut nur der, der am Ende gewinnt

Noch deutlicher in „Akzeptierter Faschist“:

Weißt du eigentlich, was du wirklich bist?
Keinen Funken besser als ein Scheiß- Faschist
Ich erkläre dir, warum das so ist
Warum du für mich das Letzte bist
Du glaubst, du wärst der bessere Mensch als ich
Du verurteilst, richtest über mich
Andere Meinungen akzeptierst du nicht
Stellst andere ins Dunkel und dich ins Licht
Wie der Vollstrecker aus der Oberschicht
Und erkennst nicht, was du wirklich bist
Ein akzeptierter Faschist

Es sind wirklich nicht immer die heimatliebenden Musiker, die beispielsweise durch Kriegshetze auffallen. Vor wenigen Tagen feierte die italienische Regierung das hundertste Jubiläum des Kriegseintritts von Italien in den Ersten Weltkrieg. Eine Million Leute kamen damals an der italienischen Front um. Es war die sozialdemokratische italienische Regierung, die den Befehl gab im ganzen Land die Fahnen aus diesem Anlaß zu hissen. Und zwar nicht auf Halbmast, wie es sich in einem zivilisierten Europa gehört hätte. Nur die südtiroler Bürgermeister haben sich geweigert, den Kriegsbeginn mitzufeiern. Wer ist da der identitäre Nationalist? Doch eher der sozialdemokratische Ministerpräsident Renzi…