Das Gespenst von Weimar – Teil 4

Bleibt noch die Weimarer Politik mit der der heutigen Bundesrepublik zu vergleichen. Da müssen wir zwischen Innen- und Außenpolitik unterscheiden.

Bereits im Dezember 1929 beklagte Reichsinnenminister Severing (SPD) sich über den fortgeschrittenen moralischen Verfall im Innern des Reiches:

„Gelegentlich der Verfassungsfeier und der Reichsbannerkundgebung am 10. und 11. August 1929 kam es in Berlin wie auch schon an den Tagen vorher verschiedentlich zu Ausschreitungen. Die Schuld traf in acht Fällen Mitglieder der KPD, in drei Fällen Mitglieder des Stahlhelms, in einem Fall ein Mitglied des Bismarckbundes. (. . . .)  Am 25. 8. wurden in Essen vier von einer Veranstaltung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold kommende Mitglieder dieses Verbandes auf ihrem Heimwege von Nationalsozialisten überfallen. Die Nationalsozialisten rissen ihnen die Abzeichen des Reichsbanners ab und zerfetzten zum Teil ihre Kleidung. Die mitgeführten Musikinstrumente wurden zertrümmert; ein Reichsbannermitglied erhielt mit einem Schlagring einen Hieb über den Kopf.  
Am 1.9.1929 überfielen in Köln einige Kommunisten zwei der Hitlerjugend angehörende junge Leute und verletzten einen durch Messerstiche in die Hand. Am gleichen Tage veranstaltete der Stahlhelm in Hamburg einen Umzug nach dem Sportplatz in Lokstedt. An der Hamburger Grenze hatten sich etwa 500 Kommunisten angesammelt, die über die Stahlhelmmitglieder mit Stöcken, Totschlägern und Gummischläuchen herfielen. Den ganzen Tag wurden auch in der übrigen Stadt von Kommunisten Gewalttätigkeiten gegen Andersdenkende begangen, die teilweise schwerverletzt wurden. Zwei Stahlhelmmitglieder wurden in einer Straßenbahn von drei Kommunisten mißhandelt. Auf dem Loignyplatz wurden aus einem Kraftwagen von Jungkommunisten Seltersflaschen gegen die Teilnehmer eines marschierenden Stahlhelmzuges geworfen. Am 6. 9. wurde in Köln ein Angehöriger der Lützow-Jugend von Kommunisten schwer mißhandelt. Am gleichen Tag kam es in Oranienburg zu einer Schlägerei zwischen 25 Nationalsozialisten, die in ein von der KPD benutztes Versammlungslokal einzutreten begehrten, und Anhängern der KPD. Dabei fanden Messer, Spaten und andere gefährliche Werkzeuge Verwendung, so dass verschiedene Personen verletzt wurden. (…) Dieser hier skizzierte Zustand politischer Verwilderung kann im Interesse der Staatsautorität, des Ansehens Deutschlands in der Welt, der Sicherheit des einzelnen Staatsbürgers wie der Aufrechterhaltung und Wiederherstellung gesunder Grundlagen des Staats- und Gesellschaftslebens nicht länger geduldet werden.“

Nicht unerwähnt bleiben darf, dass die von Severing genannten elitaristischen Ausschreitungen sich im Sommer und Herbst 1929 ereigneten, also noch vor dem Schwarzen Freitag an der Wallstreet, vor dem Beginn der Weltwirtschaftskrise, in der Periode leidlicher Properität. Nicht die Arbeitslosigkeit der Weltwirtschaftskrise war der Auslöser, nicht der Hunger nach physischer Nahrung, sondern der Hunger nach Erlösung aus dem parlamentarischen System, der Terror Hitlers und Thälmanns und ihr Kampf um die Macht.

Bereits damals fiel auf, daß die linke Gewalt genauso gefährlich war, als die rechte. Das sollte sich noch ändern, als die Nationalsozialisten in den dreißiger Jahren stärker wurden, Sie zogen nach im Wettbewerb um den stärkeren Terror.

Wie sich die Bilder gleichen (das Beitragsbild zeigt erschöpfte Kämpfer nach der EZB-Eröffnung). Völlig außer Rand und Band geratene Regierungsdemonstranten gehen heutzutage mit Eisenstangen auf friedliche Demonstranten los. Autos von besorgten Bürgern werden massenweise angezündet und Böller in friedliche Versammlungen geworfen. Verhetzte Gymnasiasten und Studenten geifern vor Eifer und glauben die reine Wahrheit gepachtet zu haben. Man muß die wutverrzerrten Gesichter in Leipzig, Berlin oder in südwestdeutschen Kleinstädten mal gesehen haben! Im Unterschied zu 1929 mischt sich der Bundesjustizminister Maas (auch SPD, aber eine ganz andere Partei ist aus ihr geworden) unter die brutalen Gewalttäter und bestärkt sie in ihrem extremen Fanatismus.

Soweit die Innenpolitik. Die Außenpolitik der Weimarer Republik hatte ein einziges Tummelfeld: Die Revision der Bestimmungen des Versailler Vertrages. Das war bis zu einem gewissen Grad legitim, weil bei den Friedensbedingungen Motive der Rache und der Angst eine Rolle gespielt hatten und mathematische und ökonomische Überlegungen in den Hintergrund gedrängt wurden. Dabei gab es in Berlin Falken und Tauben. Die Falken wie Rathenau, Hitler und Thälmann provozierten, die Tauben wie Reichspräsident Ebert und Außenminister Stresemann waren für die Verhandlungslösung. Typisch war es, daß Innen- und Außenpolitik ständig miteinander verwurstelt wurden, was prinzipiell schädlich ist, weil es die internationale Verhandlungsposition auf Dauer schwächt, ja in eine Isolation führen kann.

Die Hauptziele der Provokateure waren Frankreich und Polen. Das hatte mit dem Versailler Vertrag nur mittelbar zu tun, da sich die Angstpsychosen der deutschen Politik bereits vor dem Ersten Weltkrieg auf diese  beiden Nachbarn konzentriert hatten. Frankreich war rachsüchtig wegen dem Deutsch-französischen Krieg von 1870/71 und Polen wollte seit 1792 die Unabhängigkeit zurück. Rathenau erreichte mit dem Rapallo-Vertrag mit Rußland lediglich, daß das Ruhrgebiet 1923 von Frankreich besetzt wurde, was zahlreiche deutsche Todesopfer kostete, zehntausende Vertriebene zur Folge hatte und riesige wirtschaftliche Schäden anrichtete. Die tsunamihafte Wucht der Inflation von 1923 hing mit der Ruhrbesetzung und deren Auswirkungen zusammen. Stresemann erreichte in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre schrittweise immer wieder Erleichterungen bei den Reparationen, bis sie ganz wegfielen. Deutschland konnte so entwaffnet wie es war, nur verhandeln und nicht provozieren. Die Ergebnisse, die Stresemann erzielte, wurden in Deutschland kaum gewürdigt. Thälmann, Tucholsky und Hitler hetzten was das Zeug hielt gegen den Außenminister. Der Höhepunkt war das „Volksbegehren gegen die Versklavung des deutschen Volkes“, das zwar scheiterte, die Stimmung jedoch sehr verschlechterte. Die Außenpolitik wurde innenpolitischen Zielen bedenkenlos geopfert.

Von 1949 bis zum Ende der Regierung Kohl schaffte es die deutsche Außenpolitik die Stolpersteine der Innenpolitik einigermaßen zu umschiffen. Als die CDU 1982 die Regierung übernahm, gab Franz Josef Strauß die Parole aus: „pacta sunt servanda“, Verträge müssen eingehalten werden, auch die von der CDU/CSU ungeliebten Ostverträge. Es gab eine Kontinuität der Außenpolitik, die durch die lange Amtszeit von Außenminister Genscher geradezu verkörpert wurde. Im alten Jahrtausend waren Pöbeleien von Regierungsvertretern gegen befreundete und neutrale Nachbarländer undenkbar. Das änderte sich unter Bundeskanzler Schröder schlagartig. Selbst die kleine Schweiz wurde von antiautoritär erzogenen Sozialdemokraten attackiert (da kommen dem unparteischen Beobachtern die Konterfeis von Steinbrück, Stegner und Schulz in den Sinn). Österreich, die Niederlande, Polen, Italien, Ungarn, Dänemark und Tschechien folgten. Nicht einmal mehr die sozialdemokratisch regierte Slowakei und das sozialdemokratisch regierte Rumänien sind vor deutschen Watschen sicher. Inzwischen sind seit dem Politikwechsel Jahre vergangen. Wovor ich schon damals gewarnt hatte ist inzwischen eingetreten, Deutschland ist in Europa nach fünfzehn Jahren undiplomatischen Verhaltens isoliert und steht allein gegen alle. Die Merkelsche Reichskanzlei kann zwar noch Befehle rausbrüllen, es hört aber niemand mehr zu und man horcht vergeblich auf das Hackenknallen der vermeintlichen europäischen Vasallen. Es hat sich eine antideutsche Allianz gebildet.

Frau  Dr. Merkel ist von interessierten Gazetten solange zur mächtigsten Frau der Welt stilisiert worden, bis sie selbst dran geglaubt hat. Statt Probleme in Europa zu klären, muß sie auf Bittgänge zum Türkensultan gehen. Ihre Armee ist nicht mehr verwendungsfähig. Anspruch und Realität klaffen weit auseinander.

Die innere Sicherheit der Bundesrepublik erreicht derzeit das niedrige Niveau der Weimarer Republik. Die Außenpolitik auch. Der Neuanfang der deutschen Innen- und Außenpolitk nach Merkel wird hart.

Weitere interessante Einblicke in die Innen- und Außenpolitik der Weimarer Republik bietet das eBook „Der Bausatz des Dritten Reiches“.

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