Vor der Schlacht um Mossul

In wenigen Tagen wird der Türke Erdogan die kurdische Stadt Mossul einnehmen lassen. Im Nahen Osten ist es üblich, den Gegner vor der Schlacht durch martialische Reden einzuschüchtern. Im Buch Samuel ist die exemplarische Rede des Goliath gegen David (etwa 1.000 v. Chr.) veröffentlicht worden: „Bin ich denn ein Hund, daß du mit Stecken zu mir kommst? und fluchte dem David bei seinem Gott und sprach zu David: „Komm her zu mir, ich will dein Fleisch geben den Vögeln unter dem Himmel und den Tieren auf dem Felde!“

In dieser alttestamentarischen Tradition werden in Arabien vor dem Krieg Schmähreden gehalten. Legendär und typisch waren die Sprüche von Comical Ali, dem Informationsminister von Saddam Hussein. „Ich garantiere Ihnen dreifach: Es gibt keine amerikanischen Soldaten in Bagdad.“ Als sie schon da waren: „Sie sind höchst willkommen. Wir werden sie schlachten. Sie werden an den Mauern Bagdads Selbstmord begehen.“ – „Gott wird ihre Mägen in der Hölle braten“. – „Mein Gefühl sagt mir – wie gewöhnlich – dass wir sie alle abschlachten werden.“ – „Als wir das Gesetz erfanden, die erste Literatur verfassten und die ältesten mathematischen Schriften, haben die Vorfahren von Blair und dem kleinen Bush noch in Höhlen herumgekratzt.“ – „Wir haben keine Angst vor den Amerikanern. Allah hat sie verdammt. Sie sind blöd. Sie sind blöd … dramatische Pause … und sie sind verdammt.“ – „Wir erteilen ihnen eine echte Lektion. Schwer ist nicht das angemessene Wort für die Höhe der Opfer, die wir ihnen abgerungen haben.“ – „Ja, die amerikanischen Truppen sind weiter vorgedrungen. Das macht es einfacher für uns, sie zu schlagen.“ – „Wir werden sie alle töten, na ja jedenfalls die meisten.“

Nun, wir werden gleich sehen, wie Erdogan dem Goliath und Comical Ali nacheifert. Zuvor noch ein interessierter Blick auf die lange Vorgeschichte. 1516 eroberten die Türken Syrien und Mesopotamien, kurz danach Ägypten. Bis 1918 beherrschte das Osmanische Reich Syrien, den Libanon, Palästina, Jordanien, den Irak und den Küstenstreifen am Roten Meer, wo sich Mekka und Medina befinden, bis 1911 auch Libyen. Die Türken profitierten davon, daß die Araber nicht gerade das geschickte Händchen haben, um stabile Staaten zu errichten. Immer wenn sie eine staatliche Macht etabliert hatten, kamen fromme Leute und behaupteten, diese würde nicht den Geboten des Koran entsprechen. So wurden die Staaten immer wieder destabilisiert und ruiniert. Dieser schicksalhafte rote Faden spinnt sich vom fünften Kalifen bis in die Gegenwart.

So wurde beispielsweise Ägypten bis Napoleon von kaukasischen Sklaven, den sogenannten Mamelucken regiert, nach Napoleon von einer albanischen Dynastie. Türken, Albaner und Tscherkessen hatten weniger Skrupel auch mal gegen den Koran zu verstoßen, um effizient verwalten zu können. Insbesondere betraf das die Steuererhebung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg etablierten sich in Syrien, Ägypten und im Irak sozialistische Regime, für die die islamischen Regeln ebenfalls nachrangig waren. Darum konnten sie sich solange an der Macht behaupten, bis Bush, Obama und Sarkozy der stabilen Staatlichkeit ein Ende bereiteten.

Manch ein Menschenrechtler wird die sozialistischen Methoden der Machterhaltung für abartig halten, weil sie nur mit Folter und Todesstrafe funktionieren. Die Praxis des arabischen Postsozialismus zeigt jedoch, daß man weniger Gewalt gegen mehr davon eingetauscht hat. Für das Träumen von Menschenrechten ist der Nahe Osten ein denkbar ungeeigneter Ort. Wenn der Druck der orientalischen Despotie nachläßt, gehen sich die Untertanen mit Begeisterung an die Gurgel und massakrieren sich. In Syrien, im Irak und in Libyen.

Mit der von George W. Bush eingeleiteten und von Barack Obama abgeschlossenen  Destabilisierung des Nahen Ostens ist der Wettbewerb um die Führungsrolle im Nahen Osten wieder voll entbrannt. Zwischen dem schiitischen Iran und dem sunnitischen Saudi-Arabien, zwischen der Türkei und den arabischen Nachbarn, zwischen Rußland und der Türkei.

Die Türkei hat gegenüber den arabischen Nachbarn machtpolitische Trümpfe wie eine überlegene Wirtschaftskraft und eine stärkere Aufrüstung. Die Araber fühlen sich dagegen überlegen, weil sie die Prophetengefährten waren, weil Mohammed einer von ihnen war.

Der Ton ist – wie im Nahen Osten üblich – sehr räudig: „Benimm dich“, sagte Türkenpräsident Erdogan in Istanbul vor sunnitischen Religionsgelehrten an die Adresse des irakischen Ministerpräsidenten al-Abadi gerichtet. „Du bist sowieso nicht mein Ansprechpartner, du hast nicht meinen Rang, du bist auch nicht mein Kaliber, du hast auch nicht meine Qualität“, sagte Erdogan weiter.

Und er setzte noch einen drauf: „Dein Herumschreien und Herumbrüllen im Irak ist für uns ohne Bedeutung. Du solltest wissen, dass wir unseren eigenen Weg gehen.“

Haider al-Abadi ist Schiit und Erdogan ist Sunnit. In der arabischen Welt ist es umstritten, ob die Schiiten Moslems oder Kaffern sind. Gerade haben saudi-arabische und iranische Wissenschaftler ihre neuesten Forschungsergebnisse zu diesem Thema präsentiert.
Der oberste geistliche und politische Führer Irans, Ajatollah Ali Chamenei, hatte Saudi-Arabien kürzlich dafür kritisiert, wie es die Pilgerreise nach Mekka organisiert. Im vergangenen Jahr waren bei einer Massenpanik Hunderte Fromme ums Leben gekommen. Chamenei warf den saudiarabischen Behörden in dem Zusammenhang Mord vor und bezeichnete sie als gottlos und ungläubig.

Der blinde saudiarabische Großmufti Scheich Abdulasis al-asch-Scheich, welcher den Koran und die Hadithen auswendig dahersagen kann, ließ sich nicht lumpen. In zwei knappen Sätzen erklärte er am 5. September die Schiiten zu Kaffern: „Wir müssen verstehen, dass sie keine Muslime sind“, sagte er der saudischen Gazette „Mekka“: „Ihre Feindschaft gegenüber den Muslimen ist alt, besonders gegenüber den Sunniten.“
Āl-asch-Schaich bezeichnete die Iraner als „Söhne der Magier“. Mit diesem im Islam als Takfir bezeichneten Ausspruch ist es den Sunniten nun erlaubt, die zu Kaffern erklärten Schiiten zu töten. Takfīr ist in der moslemischen Rechtswissenschaft die Praxis, einen Moslem oder eine Gruppe von Moslems dem Abfall vom Glauben zu bezichtigen, bzw. sie zu Kaffern (Ungläubigen) zu erklären. Vor diesem theologischen Hintergrund können wir Erdogans Auslassungen besser verstehen.

Spannend wird die Sache, wenn die Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten, zwischen Kurden und Türken, zwischen Russen und Türken, zwischen Arabern und Türken sowie zwischen Gläubigen und Kaffern auf Deutschland übergreifen.

Noch hat die bunte Vielfalt der „Flüchtlinge“ gar nicht richtig begriffen, wie schwach die deutschen Sicherheitskräfte aufgestellt sind. Das wird sich ändern. Frankreich ist mit seiner länger anwesenden afrikanischen Bereicherung bereits an der Grenze des polizeilichen Offenbarungseids. Franzosenpräsident Hollande mußte kürzlich Reservisten einziehen, um die Lage oberflächlich unter Kontrolle zu halten. Trotzdem ist ihm die Situation entglitten. Kürzlich versuchten Moslems vier Polizisten in ihrem Auto bei lebendigem Leib zu rösten.