Salafiten haben mehr Persönlichkeitsrechte als Linke

Die AfD betritt in den Parlamenten öfter mal den Wahrheitstempel der Regierung. Oder sie rüttelt zumindest an dessen Toren. Der Abgeordnete Jörg Henke hatte der Thüringer Landesregierung verschiedene Fragen gestellt. Sie wurden interessanterweise unterschiedlich beantwortet.

Henke hatte nach den Anhängern der Nordkaukasischen Separatistenbewegung (Kaukasisches Emirat) gefragt und erhielt eine detaillierte Antwort. Auch Anfragen zu linksextremistischen Umtrieben (Drucksache 6/3288), zu Aktivitäten von Islamisten sowie politisch motivierte Ausländerkriminalität in Thüringen (Drucksache 6/3289) und zu den Reichsbürgern (Drucksache 6/3287) wurden seitens des Ministeriums pflichtgemäß mit teilweise umfangreichem Tabellenanhang beantwortet.

Die Anfrage von Henke: „Islamistin in Mühlheim an der Ruhr greift Polizisten an – Verbindungen nach Thüringen?“ wurde jedoch nicht beantwortet. Obwohl Henke den in Neusprech kommunizierenden Mächtigen mit dem Gattungsbegriff „Islamistin“ schon ein gutes Stück entgegengekommen war. „Eine mutmaßliche IS-Sympathisantin hat in Mülheim an der Ruhr in Nordrhein-Westfalen Polizisten mit einem Teppichmesser attackiert und dabei „Allahu akbar“ („Gott ist groß“) gerufen. (…) Bei der Frau handle es sich um eine in Thüringen geborene Konvertitin, sagte ein Polizeisprecher. Sie sei bereits früher wegen islamistisch motivierter Delikte polizeilich aufgefallen.“ So berichtete es die WELT am 31.10.2016.

Henke hatte gefragt: „Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu der in der Begründung erwähnten Islamistin hinsichtlich: a) personeller und sonstiger Verbindungen (Netzwerke) nach Thüringen; b) ihres Aufenthalts in Thüringen; c) Straftaten (bitte nach Paragraphen aufschlüsseln), die die Islamistin in Thüringen begangen hat?“

Die Antwort (Drucksache 6/3275): „Die Landesregierung ist sich der besonderen Bedeutung des Frage­ und Informationsrechts des Thüringer Landtags bewusst. Dieses Recht unterliegt jedoch verfassungsrechtlichen Grenzen. So kann von einer Beantwortung unter anderem dann abgesehen werden, wenn schutzwürdige Interessen Einzelner, insbesondere des Datenschutzes entgegenstehen (vergleiche Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen). Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 5. März 2014 (Az. 2 EO 386/13) auf das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung verwiesen. Dieses habe als Datenschutzgrundrecht in Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen seine besondere Ausprägung gefunden. Danach können Private nicht das Objekt parlamentarischer Kontrolle sein.“

Das bedeutet, daß Einzelattentäter durchweg Narrenfreiheit genießen. Das hat man nach dem Berlin-Attentat und dem Freiburg-Mord eigentlich schon geahnt. Und wie „privat“ ist es eigentlich, Polizisten mit einem Messer anzugreifen? Ist das nicht ein öffentliches Ärgernis? Noch bedenklicher erscheint die Antwort der Landesregierung auf folgende Fragen Henkes zu Ausreisen und Auslandsaufenthalten von Islamisten und Gefährdern aus Thüringen:

  1. Über welche Informationen verfügt die Landesregierung zu einem zeitweiligen Aufenthalt von Gefährdern aus Thüringen im Ausland (bitte für die Jahre 2010 bis 2016 nach Jahresscheiben, dem jeweiligen Land des Aufenthalts und der Dauer des Aufenthalts aufschlüsseln; den Flughafen, über den die Ausreise erfolgte aufführen sowie die Staatsangehörigkeit der ausgereisten Gefährder angeben)?
  2. Über welche Informationen verfügt die Landesregierung zur Wiedereinreise der Gefährder nach Deutschland/Thüringen? Über welche Flughäfen und aus welchem Land erfolgte die Einreise (bitte für die Jahre 2010 bis 2016 nach Jahresscheiben sowie gemäß der Fragestellung aufschlüsseln sowie die Staatsangehörigkeit der wiedereingereisten Gefährder angeben)?

Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 29. Dezember 2016 wie folgt beantwortet (Drucksache 6/3260):

„Vorbemerkung: Die Landesregierung ist sich der besonderen Bedeutung des Frage- und Informationsrechts des Thüringer Landtags bewusst. Dieses Recht unterliegt jedoch verfassungsrechtlichen Grenzen. So kann von einer Beantwortung unter anderem dann abgesehen werden, wenn gesetzliche Vorschriften, Staatsgeheimnisse oder schutzwürdige Interessen einzelner, insbesondere des Datenschutzes, entgegenstehen. Unter Verweis auf Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen kann eine Beantwortung der Fragen nicht erfolgen. Die konkreten Ausführungen zu Gefährdern in Thüringen würden auch in anonymisierter Form dazu führen, dass Rückschlüsse auf die Einstufungspraxis der Sicherheitsbehörden sowie gegebenenfalls auf einzelne Personen möglich und die Betroffenen individualisierbar wären. Hierdurch würden nicht nur präventiv-polizeiliche Gefahrenabwehrmaßnahmen sowie gegebenenfalls laufende Ermittlungsverfahren, sondern auch Grundrechte der Betroffenen gefährdet. Die Preisgabe entsprechend detaillierter Informationen würde damit die polizeiliche Arbeitsweise bei der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung konterkarieren, indem etwa die polizeitaktische Auswahl von Gefährdern und die daran geknüpften spezifischen gefährdungsrelevanten Maßnahmen offenbart würden, so dass sich die Betroffenen den Maßnahmen gegebenenfalls entziehen könnten.“

Seltsam: Bei Tschetschenen, Linken und Reichsbürgern hängen die Persönlichkeitsrechte nicht so hoch und die polizeiliche Arbeitsweise wird durch die Mitteilung des Ministeriums nicht konterkariert. Anders ist das bei Salafiten. Will die Landesregierung die Beihilfe des deutschen Staates bei der Begehung von Straftaten im Ausland vertuschen? Ist dieses Ein- und Ausreisen von Kämpfern angesichts des Grenzenlos-Mantras der Bundesregierung und der Bundestags-Opposition besonders peinlich? Soll verschleiert werden, daß Deutschland nur noch ein Taubenschlag ist? Wird die Kontrollfunktion des Parlaments gezielt unterlaufen? Angesichts des Totalversagens der Behörden in Berlin und Freiburg ist das eine gute Frage.

Man fragt sich nach der Odyssee von Amri durch den Asylstaat und dem Versagen der Bundesregierung im Fall Hussein K., ob die Richter ausgewechselt gehören oder die Gesetze zu lasch sind. Wahrscheinlich beides.

Noch eine satirische Randbemerkung über Fake-News bei der WELT: Die Zeitung hatte „Allahu akbar“ mit „Gott ist groß“ übersetzt. Die richtige Übersetzung lautet: „Gott ist am größten“ oder „Allah ist der größte“. Beschäftigt die WELT einen Fake-Übersetzer? Hoffentlich läßt Heiko Maas die Redaktion nicht wegen Falschberichterstattung stürmen und die Redakteure verhaften.