Lächerliche Allmachtsphantasien

Natürlich kann man Deutschland zu einem KZ ohne Bargeld und ohne freie Medien machen. Dann muß man aber wieder Stacheldraht und Wachtürme bauen und alle Telefonleitungen zum Ausland kappen. Mit fraglichem Erfolg. Denn selbst in der extrem abgeschotteten und überwachten DDR gab es umlaufendes Feindgeld, illegalen Tauschhandel, staatsfeindliche Flüsterpropaganda, reichlich herabsetzende Anekdoten und Feindsender als schwarze Kanäle.

Ich erinnere nur mal an eine Anekdote aus den 80ern: Was muß passieren, damit es uns wieder besser geht? – Es darf keine Klassen mehr geben, sondern nur noch Schichten: Eine Schicht Kommunisten und eine Schicht Erde drauf. Das war so ein Wanderwitz. Den gab es in den 20ern schon in Rußland.

Erich Mielke konnte dagegen nichts machen und auch Heiko Maas überschätzt seine Möglichkeiten. Zum Beispiel die Möglichkeiten der Kontrolle der sozialen Netzwerke. Nun will er Strafen von 50 Millionen für die zu pomadige Löschung von unliebsamen Nachrichten. Er kann auch 50 Milliarden festsetzen. Das Ergebnis wird dasselbe sein. Nämlich daß die Netzwerke oder deren Nutzer ins Ausland abwandern. Daß die Nutzer den Anbieter wechseln.

Sicher: Ich habe auch schon einzelne Kommentare auf meiner Website gelöscht, wenn es mir zu bunt wurde. Aber ich beschäftige dazu nicht das Ministerium für Staatssicherheit. Und wenn ich einen Kommentar gesperrt habe, dann habe ich nicht gleich den Kommentator geext. Jeder hat die Chance das nächste Mal einen Gang zurückzuschalten oder glücklicher zu formulieren. Ich sperre auch keine erprobten Demokraten wie Vera Lengsfeld. Und bei mir kann sich auch jeder unbürokratisch und fix beschweren. Gerade weil das möglich ist, hat es noch niemand gemacht.

Der Internetverband eco, vertreten durch seinen Vorstand Oliver Süme hat auf den geistigen Dünnschiß von Heiko Maas mit der angestrebten 24-Stunden-Löschfrist für strafbare Inhalte reagiert. Die Erfahrungen der eco-Beschwerdestelle zeigten, dass 24 Stunden zur Einordnung juristischer Grenzfälle häufig nicht ausreichten, „da die zu prüfenden Sachverhalte in vielen Fällen juristisch sehr komplex sind“, sagte Süme dem Handelsblatt. Er befürchtet eine eine wahllose Löschkultur im Internet, weil Unternehmen dann nicht mehr gründlich prüfen, sondern im Zweifel Inhalte schnell löschen, um die gesetzlichen Auflagen zu erfüllen. Exorbitant hohe Bußgelder befördern den Druck zu Löschen zusätzlich“, so Süme.

Wahlloses Löschen ist jedoch genau das, was Maas will. Er ist der Antidemokrat in Reinkultur. Wenn das hirnlose Löschen Schule machen sollte, wie gesagt, dann wandern Nutzer und Internetwirtschaft ins Ausland ab. Das faschistoide Deutschland ist zu klein und unter der Groko auch zu häßlich, um das weltweite Netz wirklich kontrollieren zu können.

Genau so lächerlich ist die Idee von der Abschaffung des Bargelds. Solange es Kronen, Forint, Rupien, Rubel, Schweizer Franken und Zloty gibt, wird der Bargeldverkehr nicht aussterben. Es gibt dutzende Länder, in denen sich ausländische Zahlungsmittel eingebürgert haben. Und sollten alle Geldscheine weltweit verboten sein, dann wird der Schwarzmarkt blühen.

Ich erinnere mich an meine Jugend. Um einen großen genossenschaftlichen Baubetrieb wie die ZBO Weimar-Land mit Material zu versorgen, bedurfte es vielfältiger Initiativen. Jedes Jahr wurde eine Brigade ins Steinzeugwerk geschickt, um zu helfen. Als Gegenleistung kam ein Waggon voll Steinzeugrohre. Für den Forst wurden Forsthäuser gebaut und für den Holzhandel neue Lagerhallen. Als Gegenleistungen wuchs Bauholz herüber. Für die Genehmigungsbehörden fielen ein Paar Steinzeugrohre und etwas Holz ab. Oder die Garage eines Bauaufsichtlers wurde gefliest. Im Gegenzug wurden Bauten für den Forst oder den Holzhandel unbürokratisch genehmigt. Betonfertigteile wurden bei Bezirksplankommission doppelt bilanziert, und das, was zuviel war, konnte man auf einer Freifläche in München bei Bad Berka „weglegen“, um irgendwann besondere Wünsche zu erfüllen, z.B. für den Holzhandel neue Hallen zu bauen, für die es wieder Bauholz gab. Dann gab es noch ein Geheimlager für Fliesen, welches sich auf einem Privatgrundstück befand und so geheim war, daß ich den Standort selbst heute noch nicht preisgeben möchte. Die Fliesen dienten dem Tauschhandel mit Schlossern und Elektrikern. Ein weiteres Geheimlager befand sich in Gutendorf. Dort wurden interessante Waren aus dem sogenannten Konsumgüterbereich gehortet, z.B. Kühlschränke, Fernsehgeräte und Tiefkühltruhen sowie Möbel. Besonders dieses Lager war brisant, weil man die Gegenstände, die für Ferieneinrichtungen angeschafft worden waren, auch zu Hause gut gebrauchen konnte. Dieter Riemann (genannt „Treibriemen“), der stellvertretende Chef, hatte zwei Hauptsprüche: „Wir brauchen keine Feststeller, sondern Absteller“ und „Wir sind nicht dazu da, um zu beweisen, was nicht geht“. Und es ging fast alles im Tauschhandel. Nur mit einer Überweisung in DDR-Mark ging nichts. Jedenfalls nichts Wichtiges.

Unsere Medien und die Regierung werden von Knalltüten ohne Lebenserfahrung betrieben. Die glauben an ein Internet ohne Inhalte und eine Volkswirtschaft ohne Geld. Eine ZDF-Musiksendung mit Ilja Richter hatte den Slogan: „Licht aus – Spot an!“. Bei Heiko Maaß würde es heißen: „Licht aus, Spott an!“