Die Medien glauben an die Käuflichkeit von Erdogan

Die deutschen Medien spekulieren darüber, ob der Türkenpräsident Erdogan gegenüber Deutschland einknickt und die Gefangenen Yücel und Steudtner freiläßt, wenn Deutschland wirtschaftlichen Druck der Türkei gegenüber aufbaut.

Christoph B. Schiltz vermutete in der WELT: „Erdogans großes Ziel ist ein fulminanter Sieg bei der Präsidentenwahl 2019. Dazu braucht er eine gut geschmierte Wirtschaft – und das Geld der Europäer.“ Erdogan würde wohl einknicken, wenn man der deutschen Wirtschaft etwas weniger Hermesbürgschaften ausreicht?

Boris Kálnoky zeigte im selben Artikel die Grenzen von Sanktionen auf: „Natürlich hat eine Demokratie wie Deutschland nicht dieselben Machtmittel wie Putin. Die Kanzlerin kann Türkei-Urlaube nicht verbieten. Und es gibt eine Zollunion mit der Türkei, man kann Importe nicht einfach stoppen. Aber es geht in diese Richtung: Die Regierung rät von Türkei-Besuchen ab, will Fördergelder, Investitionskredite und -bürgschaften zurückfahren.“

Der Welt-Artikel argumentiert mit dem Gang nach Canossa, den Erdogan in Richtung Moskau absolvierte, um sich bei Putin für den Flugzeug-Abschuß im November 2015 zu entschuldigen, nachdem letzterer Wirtschaftssanktionen gegen die Türkei verfügt hatte. Nun waren das einerseits wirkliche Sanktionen, nicht zu vergleichen mit den oben genannten deutschen Möglichkeiten. Andererseits suchte Ankara mit Moskau schon öfter den Schulterschluß, wenn der Berliner Kulturimperialismus Überhand nahm. Es war es nicht das erste türkische Zweckbündnis mit Rußland. Es geht Putin und Erdogan nämlich auch darum, Merkel zu zeigen, daß man im Notfall zusammenhält, um den aggressiven Einflußnahmen von sogenannten „Nicht“-Regierungsorganisationen etwas entgegenzusetzen.

Man denkt zuweilen, Journalisten wären Krämerseelen. Denn an der Gretchenfrage geht die Diskussion der Medien doch vorbei: Läßt sich ein morgenländischer selbstbewußter Politiker kaufen, achtet er überhaupt auf ökonomische Faktoren? Oder übertölpelt er seine Wähler lieber mit militärischen Paukenschlagen, moralischen und religiösen Tabus und mit getürkten Putschversuchen?

Auch in Europa achteten Machtpolitiker nicht auf die Wirtschaft. Als Napoleon Bonaparte die nach ihm benannten europäischen Kriege vom Zaun brach, war es für ihn völlig nachrangig, daß er eine jahrzehntelange Entschuldungsrezession (1815 bis 1835) in ganz Europa verursachte. Sein Ruhm und Frankreichs Größe waren ihm wichtiger, als wirtschaftlicher Erfolg. Und er wurde nach seiner Rückkehr aus Elba von den Franzosen respektiert, teilweise sogar gefeiert, obwohl die ökonomischen Verhältnisse 1815 nach zwanzig Jahren Dauerkrieg zum Himmel stanken.

Als Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg führte, waren ihm ökonomische und militärische Belange immer zweitrangig hinter dem großen Ziel der Judenvernichtung. Berlin lag bereits in rauchenden Trümmern, als eine Verwandte im Marz 1945 auf einer Postkarte schrieb: „Der Führer wird schon wissen, was er macht.“

Seit Frau Dr. Merkel ihren Krieg gegen das Klima führt, treten alle wirtschaftlich vernünftigen Betrachtungen und jedwedes Kosten-Nutzendenken in den Hintergrund. Die unsinnigsten Entscheidungen werden getroffen, um einen bizarren und idiotischen Götzendienst zu verrichten. Und etwa 80 % der Deutschen glauben mit der Kanzlerin an die Klimareligion. Derzeit ist sie dabei die deutsche Autoindustrie zu ruinieren und niemand fällt ihr in den Arm.

Auch Erich Honecker war die Wirtschaft so etwas von piepegal, solange er seine aufwändigen Miltärparaden, Staatsjagden und Massenaufmärsche veranstalten konnte.Er hielt bis zu seinem Sturz an der Planwirtschaft und an den Preisen von 1936 fest. Ein bißchen Nazi ist doch jeder Kommunist?

Als Josef Stalin die für teures Geld ausgebildete russische Intelligenz in den 30ern in die Genickschußanlagen schickte, gingen ihm die Verluste an Humankapital am Hintern vorbei. Politiker können vielleicht rechnen, aber sie wollen es nicht. Und Journalisten begreifen das nicht.

Medienleute frönen einem naiven Vulgärmaterialismus, wo eine gut geschmierte Wirtschaft zu fulminanten Erfolgen führt. Langfristig führen ökonomische Fehlentscheidungen schon in den Niedergang. Aber wie man den kunstvoll verlängern und herauszögern kann, sieht man exemplarisch an der Geschichte des Sowjetimperiums nach 1970 oder an der Eurokrise seit 2002. Auf den Flügeln des Kredits und mit dem Verkauf von Schulden als „Zukunftssicherung“ schwingt sich das politische Genie in die Höhe. Für den Wahlerfolg des ehemaligen Hollandeministers Macron war die wirtschaftliche Verfassung unseres Nachbarlandes völlig nebensächlich, im Gegenteil sog er aus dem Niedergang noch Honig.

Also ehrlich: Wenn Erdogan 2019 Syrien, Zypern oder Griechenland erobern würde, oder wenn er diese Länder wenigstens bombardieren würde, würden ihn die Türken begeistert wählen, unabhängig von Aktienkursen, Arbeitslosenraten und Devisenvorräten. Die deutsche Kanzlerin wird 2017 wiedergewählt werden, obwohl sie die Deutschen jedes Jahr um 30 Milliarden wegen einem unsichtbaren Gas, um 10 Milliarden für das Zwangsfernsehen und um 50 Milliarden für Eindringlinge prellt. Geld spielt nicht nur für die Politiker, sondern auch für die Wähler keine Rolle. In der Türkei nicht und in Deutschland auch nicht.

Seinen Wahlsieg kann Erdogan 2019 auch sichern, wenn er gegen Deutschland und die EU poltert, wenn er noch mehr ungläubige deutsche Kaffern verhaftet und in einer niederträchtigen Welt voller Feinde des Türkentums und des Islams irgendwo die osmanische Fahne hissen läßt.