Die FDP greift in die Genscher-Trickkiste

In den siebziger und achtziger Jahren regierte die FDP zuerst mit der SPD und nach der vergeigten geistig-moralischen Wende 1983 mit der CDU/CSU. Die Bundestagswahlkämpfe der Liberalen 1972, 1976, 1980 und 1987 wurden egal ob man mit den Christsozialen in einer Regierung saß – oder auch nicht – gegen die CSU geführt. Franz Josef Strauß und seine Partei wurden von der FDP-Propaganda – und breitgetreten von den meisten Medien – zum Schreckgespenst aufgebaut, um dem Wähler die Notwendigkeit der Liberalen als gemäßigtes bürgerliches Korrektiv vor Augen zu führen.

Das nutzte sowohl der FDP wie auch der CSU, weil es für beide Aufmerksamkeit erzeugte. Die FDP erreichte mit diesem Trick 1980 besonders erfolgreich (Strauß kandidierte als Kanzlerkandidat) 10,6 %. Es war die einzige Wahl, wo die CSU unter die Räder kam. Allerdings in Deutschlands Norden, und nicht in Bayern. Dort erreichte Strauß 57,6 %.

Der CSU schadete der Gebrauch als Vogelscheuche durch die Liberalen ansonsten keinesfalls. Sie blieb in Bayern unangefochten und erreichte Zustimmungen von 55,8 bis 62,1 %, von denen die Politiker heute nur noch träumen können.

Gestern hat Christian Lindner diese Wahlkampf-Superwaffe der Siebziger und Achtziger wieder ausgekramert. Nur daß sich die CSU als Sparringspartner heutzutage nicht mehr eignet. Sie ist unter Ministerpräsident Seehofer, dahoam liebevoll Drehhofer genannt, zu aalglatt und beliebig geworden, um sich an ihr zu reiben. Selbst mit der magentagelben Drahtbürste käme man nicht durch die dicke Münchner Schleimschicht.

Die letzten Umfragen zur Bundestagswahl 2017 sehen die AfD als drittstärkste Kraft im Bundestag.  Und die FDP liegt nicht sehr weit dahinter. FDP-Chef Lindner gibt also Gas. Unter dem Titel „Jetzt geht es um das Rennen FDP – AfD“ baut er bei der Arbeitgeberin seiner Frau, der WELTN24, die AfD als „völkisch-autoritäre“ Zielscheibe auf, um mit möglichst viel Krawall noch den dritten Platz für seine Partei zu ergattern.

Auch im SPIEGEL hat Lindner seine Botschaft vom harten Endkampf zwischen Gut und Böse platzieren können: „In der letzten Woche sieht Lindner „ein Rennen zwischen Freien Demokraten und der AfD“. Die Grünen hätten „keine Chancen“ mehr, in diesen Wettstreit einzugreifen, teilt er spitz gegen den Konkurrenten aus.“

ZEIT Online berichtet unisono vom Kampf um Rang drei zwischen AfD und FDP, nur die Süddeutsche Zeitung Alpenprawda läßt sich von so einem Neoliberalen nicht instrumentalisieren. Sie schweigt, wohl in der richtigen Kalkulation, daß diese Nachricht Grünen und Sozis eine Woche vor der Wahl schaden könnte.

Mit Programmatik hat die Argumentation von Lindner wenig zu tun, denn die AfD ist für ein Einwanderungsgesetz, wie die FDP ja nach eigenen Angaben auch. Aber Wahlkämpfe sind ja keine Logikseminare oder Mathematikolympiaden. Eher Schachmeisterschaften, wo man sich unter dem Tisch ans Schienbein tritt.

Wenn Lindners Plan aufgeht, werden AfD und FDP wegen gesteigerter Aufmerksamkeit in der letzten Woche vor der Wahl noch einmal zulegen, auf Kosten der farblosen Langweiler Merkel und Schulz. Denen glaubt doch nach ihrem Rededuell keiner mehr, daß sie ernsthaft ineinander verbissen sind. Gähn! Das einzig interessante an dieser Wahl ist tatsächlich der Platz drei. Wer wird Oppositionsführer, wer erhält den Vorsitz im Haushaltsausschuß?

Schlagzeilen sind in dieser Phase des Wahlkampfs Gold wert. Alexander Gauland hatte eine Floskel von Sigmar Gabriel aus dem 2013er Wahlkampf übernommen: Eine türkische SPD-Politikerin zu „entsorgen“. Das brachte ihm eine Anzeige durch den Ex-Richter Thomas Fischer und viel Publizität ein. Frage nur: Warum hat Fischer den derzeitigen Bundesaußenminister und damaligen SPD-Parteichef nicht auch angezeigt? Dürfen Sozialdemokraten das, was die übrigen Bürger nicht dürfen oder sind deutsche Richter gar parteiisch?

Alice Weidel wurde von der Zeitung, in der Lindners Frau arbeitet, dagegen mit einer Email konfrontiert, die sie zur Heldin der Asylmißbrauchs- und Islamisierungskritiker macht. Sollte es jemals einen Riß zwischen „Konservativen“ und „Liberalen“ in der AfD gegeben haben, so hat ihn die Lügenpresse hoffentlich dauerhaft mit Email-Pattex versiegelt.

Wir werden in einer Woche sehen, ob Lindners Strategie des AfD-Bashings greift und wie es konkret wirkt. Viel Glück!