Auch Schulz lebt im Feudalismus

Gerade bereitet die SPD sich auf den Groko-Parteitag vor. Zeit mal einen Blick auf den Zusammenhang zwischen Mitgliederstärke der SPD und Einfluß der Partei in den Ländern zu werfen. Ich habe mal die Mitgliederzahl in Tausend und die Einwohnerzahl in Millionen pro Bundesland tabellarisch aufgestellt und ausgerechnet auf wie viele Einwohner ein Sozialdemokrat kommt. Im Saarland ist jeder sechsundfünfzigste ein Sozi, in Sachsen jeder achthundertste. Vor hundert Jahren war das noch genau umgekehrt. Die SPD sollte mal analysieren, welchen verheerenden Einfluß die elitistischen Systemmedien mit ihrem permanenten Sachsenbasching – einem dünkelhaften Berliner Salonrassismus – daran haben.

Im Feudalismus gab es zwei Ausweise der Stärke eines Herrn. Die Größe der Burg und die Zahl der Mannen. Letztere taugten aber nur was, wenn sie treu ergeben und motiviert waren, zum Beispiel durch in Aussicht stehende Beute. Ich behaupte mal, in den „modernen“ Parteien ist das nicht groß anders. Hier die Übersicht über die „Mannen“ der SPD. Die sozialdemokratischen Femen mögen mir diese sexistische Begrifflichkeit mal durchgehen lassen:

Mitglieder Einwohner Einwohner
Tausend Millionen pro Mitglied
Saarland 18 1 56
Rheinland-Pfalz 36 4,1 110
Hessen 53 6,2 120
Bremen 6 0,7 120
Niedersachsen 60 7,9 130
Schleswig-Holstein 18 2,9 160
Hamburg 11 1,8 160
Nordrhein-Westf. 106 17,9 170
Berlin 17 3,5 210
Bayern 58 12,8 220
Baden-Württemb. 35 10,9 310
Thüringen 5 2,2 310
Brandenburg 7 2,5 360
Mecklenburg-Vorp. 4 1,6 400
Sachsen-Anhalt 4 2,2 550
Sachsen 5 4,1 820

In Bayern hat die SPD endlos Mitglieder und drückt seit Menschengedenken die Oppositionsbänke, in Brandenburg und Meck-Pomm stellt sie mit Minimalmitgliedschaft den MP. Einen Zusammenhang zwischen Mitgliederzahl und Einfluß gibt es also nicht. Zumindest nicht in der SPD. Meine Beobachtung ist schon seit langer Zeit, daß viele Genossen demotivierte Sofakartoffeln sind, die nicht in Wahlkämpfe gehen. Schon seit Ewigkeiten läßt die Partei zum Beispiel gewerblich plakatieren. Auch weil sie bisher finanziell gut ausgestattet war. Ein einziges Mal habe ich in 15 Jahren einen Sozialdemokraten gefunden, der Flyer gesteckt hat. Ist schon wieder ganz lang her. Aber alles auf die Mitglieder zu schieben, ist auch unfair. Wenn die Häuptlinge nichts taugen, können die Indianer die Karre auch nicht aus dem Dreck ziehen.

Die SPD ist irgendwie ermattet. Daß ausgerechnet der Martin die Genossen aus dem Dornröschenschlaf weckt, das glaube ich nicht.  Für Schulz und die meisten Funktionäre sind die Mitglieder – von den Mitgliedsbeiträgen einmal abgesehen – lästiger Ballast, der auf dem Parteitag ihre Karriere, eingebettet in feuchte Groko-Träume von gutgebauten Ministerien und elektrischen Dienstwagen, durchkreuzen könnte.

Die Politiker aller Parteien lernen früh die Techniken ihrer Machtabsicherung. Dazu gehören die Pflege eines hörigen Umfelds, das nach erfogreichem Kriegszug, äh Wahlkampf, mit Posten bedacht wird und sich gegenseitig stützt. Treue ist das höchste Gut. Das ganze ähnelt stark der Lehenspyramide aus der Feudalzeit.

Das Grundübel ist, daß die politischen Einheiten (Gemeinden, Kreise) heutzutage so groß sind, daß einzelne Mitglieder in Mitglieder- und Wahlversammlungen in der Masse untergehen und keinen Einfluß mehr nehmen können. Weil sie das wissen, bleiben sie gleich zu Hause. In den Versammlungen der Altparteien treffen sich immer dieselben Pöstcheninhaber. Die Spitze der Pyramiden.