Dr. Merkel auf den Spuren des Conducators

Die WELT berichtet über geplante Systematisierungen im Osten Deutschlands. „Es wird Dörfer geben, die sterben“, sagte Reint Gropp, der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH). Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter der Niederlassung Dresden des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo), würde erwarten, daß „kleinere Siedlungen verschwinden“ könnten.

Leider nicht von alleine. Er forderte als eine mögliche Antwort auf diese Entwicklung, den betroffenen Anwohnern Angebote zur Umsiedlung zu machen. Man müsse die Frage stellen, ob man statt Subventionen „den Menschen in sterbenden Siedlungen nicht besser den Umzug in die nächstgrößere Stadt bezahlt, in der sie dann eine moderne Infrastruktur nutzen können, die alle Bedürfnisse des täglichen Lebens erfüllt“, sagte der ifo-Forscher der in letzter Zeit nicht mehr zu 105 % merkeltreuen „Welt“.

Zunächst ein Blick auf die Institute und deren Finanzierung, danach ein historischer Exkurs auf den Balkan, der die Intention erklärt.

Bei der Gründung des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH) ist ein Trupp Mitarbeiter aus dem Ökonomischen Forschungsinstitut der Zentralen Plankommission von Berlin nach Halle übergewechselt, was manches, aber nicht alles über die neuesten Forschungsergebnisse erklären könnte. Der Chef Gropp stammt allerdings aus Bottrop, einer westdeutschen Stadt, in der schon vor 1989 fleißig die von der SED finanzierte DKP gewählt wurde, in den 70ern und 80ern zwischen 7 und 10 %, was für das Ruhrgebiet sehr ungewöhnlich war.

Das von Gropp geleitete IWH schlug 2019 in seinem Bericht „Vereintes Land – drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall“ vor, dass in den östlichen Bundesländern nur noch die Städte gefördert werden sollten. „Die großen Städte sind Motor der Entwicklung – und strahlen auf das Land aus.“

Letzterer Satz ist eine Binsenweisheit, die so richtig wie falsch ist. Jeden Morgen fahren tausende Leute vom Land in städtische Dienstleistungseinrichtungen wie Versicherungen und Verwaltungen zum Arbeiten. Gleichzeitig fahren tausende Städter ins Umland, um in Industrie- und Gewerbebetrieben zu schaffen, die wegen der Grundstückspreise, der Grund- und der Gewerbesteuern in der Regel lieber auf dem Land arbeiten.

Der Gesamtetat des IWH-Instituts belief sich im Jahr 2015 auf rund 7,64 Mio. Euro, davon waren 6,16 Mio. Euro institutionelle Förderung. Die hat nicht das klamme Sachsen-Anhalt beigesteuert, sondern der Bund und andere Länder. Wikipedia berichtet im Detail: Leibniz-Institute sind Institute und Forschungseinrichtungen, die gemeinsam vom Bund und den Ländern grundfinanziert werden. In der Regel ist der Finanzierungsschlüssel: 50 % Bundesmittel, 50 % Landesmittel. Die Bundesmittel kommen zu einem großen Teil aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die Landesmittel setzen sich zusammen aus den Mitteln des Sitzlandes des jeweiligen Leibniz-Instituts und einem Zuschuss durch die übrigen Länder. Die Aufteilung dieses Zuschusses auf die übrigen Bundesländer wird von der Bund-Länder-Kommission auf Grund der Bevölkerungszahlen und des Steueraufkommens im Königsteiner Schlüssel festgelegt.

Auch das Ifo-Institut gehört zum Leibnitz-Verbund, hatte sich unter seinem Chef Hans-Werner Sinn eine weitreichende Narrenfreiheit erstritten. Sinn durfte sogar öffentlich über den Unsinn der Windmühlen referieren. Sein Nachfolger Fuest ist vorsichtig. Er sitzt noch nicht so fest im Sattel und muß nach den Geldgebern schielen. Was die so hören und lesen wollen.

Nun zur Idee der Umsiedlung. Die ist nicht neu, denn alles wiederholt sich. Zurückgekehrt von einer Auslandsreise nach Nordkorea hatte der rumänische Führer (wörtlich: Conducator) Nicolae Ceausescu die blendende Idee mitgebracht Leute vom Land in die Städte umzusiedeln. 1974 wurde diese auch „Systematisierung“ genannte Initiative durch das transsilvanische Parlament als Gesetz Nr. 85/1974 beschlossen. Zwischen 5000 und 7000 der insgesamt 13.000 Dörfer Rumäniens sollten so bis zum Jahr 2000 bulldozerisiert werden. Daraus wurde außer ersten Anfängen nichts mehr, weil der rumänische Machthaber auf halbem Wege füsiliert wurde.

Erste fertiggestellte Wohnungen bestanden aus zwei Zimmern mit einer vier Quadratmeter großen Küche ohne Wasseranschluß. Badezimmer standen selbstverständlich nicht zur Verfügung, dafür befanden sich im Hof Gemeinschaftstoiletten. Der Obst- und Gemüsegarten sowie der Hühner- und Ziegenstall – im Sozialismus wegen Versorgungsschwierigkeiten eigentlich unverzichtbar – entfielen in der neuen Heimat.

Was sehr bemerkenswert ist: Gerade wo aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, des Schulwesens, der Mieten und der Islamisierung eine Stadtflucht und auch eine West-Ost-Wanderung eingesetzt haben, wo auf den Dörfern fast kein Bauplatz mehr zu haben ist, wird über Landflucht berichtet. Offensichtlich haben die Lügenpresse und das zwangsfinanzierte Staatsfernsehen den Auftrag erhalten über das genaue Gegenteil von dem zu berichten, was ist.

Sicher gibt es in sehr autobahnfernen Landkreisen Abwanderung, sie betrifft auch gerade mittlere Städte, ist jedoch für den ganzen Osten nicht mehr typisch. Wenn die Leute aus der Altmark oder der Uckermark wegwollen, können sie das alleine lösen, ohne daß man Wissenschaftler braucht. Die Abwanderung von zwei Millionen Leuten mit keinen oder schlechten Wohnungen nach dem Westen am Anfang der 90er Jahre ist vollkommen spontan und ohne Gutachten von teuren Instituten zustande gekommen.

Es wird immer behauptet, daß die Übersiedlung damals auf Grund der fehlenden Arbeitsplätze erfolgte. Wenn das so gewesen wäre: Warum erfolgte die Abwanderung damals ganz überwiegend aus den verslumten Städten und nicht aus den Dörfern?

Nur ein Beispiel: Apolda hatte 1947 immerhin 38.000 Einwohner. Etwa 9.000 sind bis 1961 nach dem Westen weggemacht. Von 1961 bis 1989 ging die Einwohnerzahl um etwa 1.000 zurück, jetzt hat die Stadt 22.000 Einwohner, allerdings nach zahlreichen Eingemeindungen. Seit 2012 ist die Einwohnerzahl stabil. Die Stadt hat zweimal fast 10.000 Einwohner verloren.

Wenn ich meinen dörflichen Wohnort damit vergleiche, fand nach dem Krieg auch eine starke Weiterwanderung nach dem Westen statt. Seit 1989 hat sich die Einwohnerschaft allerdings um etwa ein Fünftel erhöht: von 250 auf 300 Einwohner.

Die Regierung hat offensichtlich panische Angst, daß sich immer mehr Leute aufs Land, nach dem Osten und ins Ausland in Bewegung setzen, weil sie die deutschen Städte durch brutale Messerkriminalität, Rauschgift, Steuern, sowie menschgemachte Energie- und Wohnkosten unattraktiv gemacht hat. Sinnlos-Gutachten werden unters Volk gebracht, um das zu vertuschen.

Noch einmal eine schöne Erinnerung an das Wunderland hinter den Karpaten: Ceausescu ließ sich als „Großer Kommandant“, „Titan der Titanen“, „glorreiche Eiche aus Scornicești“, „Sohn der Sonne“, „der Auserwählte“, „unser irdischer Gott“ und „Genie der Karpaten“ feiern. Da ist für Dr. Merkel noch Luft nach oben.