Gastbeitrag: Wehe, wenn der Wind sich dreht

Mai-Juni-2019-Update zum Machtkampf in den USA und ein kurzer Blick auf dessen Folgen für Deutschland

In den nachfolgenden Zeilen werde ich die folgenden Themen kurz abhandeln: (1) Die Rolle des jetzt in den Ruhestand versetzten stellvertretenden Justizministers Rod Rosenstein, (2) Verlauf und Ergebnis der Ermittlungen des Sonderermittlers Mueller gegen den US-Präsidenten und die Bemühungen, den Ermittlungen neuen Auftrieb zu geben, (3) Ermittlungen in Gegenrichtung (Michael Horowitz, John Huber, John Durham), (4) Anweisung des Präsidenten, die Akten öffentlich zu machen, und schließlich (5) die Auswirkungen auf Deutschland. Alle fünf Abschnitte können – je nach Interessenlage des Lesers – auch einzeln gelesen werden, ohne den Zusammenhang zu verlieren.

(1) Der stellvertretende Justizminister Rod Rosenstein – zwei Jahre lang die entscheidende politische Figur in den USA

Von der deutschen Medienöffentlichkeit unbemerkt, war es ein unauffällig wirkender Jurist des US-Justizministeriums (Office of the Attorney General), der wenige Tage nach dem Amtsantritt von Donald Trump (Januar 2017) vollkommen unerwartet und vor allem unbeabsichtigt in einer rasanten Karriere zum entscheidenden Mann in der Trump-Administration aufstieg.

Der Leser erinnert sich an das Chaos von Trumps Herrschaftsbeginn. Es war diktiert von Pressemeldungen über die sofortige, mindestens jedoch absehbare Amtsenthebung des Präsidenten. Dieses Chaos war nicht zum wenigsten dadurch verursacht, dass Spitzenfunktionäre in Justiz (einschließlich des FBI), der Diplomatie und der allmächtig erscheinenden Dienste (CIA, NSA und andere) seit Monaten alles in ihrer Macht stehende getan hatten, um Trump zu verhindern, und, als sie mit diesem Vorhaben gescheitert waren, ihn abzuräumen. Ihr Hebel war die Behauptung, Trump habe durch Konspiration mit dem Kreml das Präsidentenamt erobert. Nun sind Behauptung und Beleg zweierlei. Die Blicke des politischen Publikums konzentrierten sich alsbald auf die Person des Justizministers (Attorney General – AG). Dieser ist in den USA nicht nur der Chef eines großen Bundes-Justizapparats, sondern der oberste Ermittler und oberste Ankläger in Strafsachen, die den Verstoß gegen Bundesrecht zum Gegenstand haben.

Der Mann, der sich gleich nach dem Start verdrückte, und der Macher, der aus der zweiten Reihe kam: Attorney General Jeff Sessions und sein Vertreter Rod Rosenstein.

           Hier beim AG würde es zum Schwure kommen, darin waren sich alle Beobachter einig. Der Blick wendete sich Jeff Sessions zu, einem alten politischen Fahrensmann der Republikaner und frühen Trump-Unterstützer. Doch kaum hatte er die Hürden der vorgeschriebenen Senatsanhörungen überschritten und war sodann – wie es in Amerika heißt – ins Amt eingeschworen worden, kam eine riesige Überraschung, denn Sessions erklärte sich in Sachen der Präsidentenermittlungen für persönlich befangen. Er würde also keinen Finger rühren und sich aus allem heraushalten. Böse Zungen berichten, dass Trump, als er davon erfuhr, ausrastete. Er vertrat – man kann’s nachvollziehen –, dass er Sessions niemals ernannt hätte, wenn ihm das vorher mitgeteilt worden sei.

Nach diesem Fehlstart hatte Trump ab Februar 2017 einen Justizminister am Hals, der seine vornehmste Aufgabe nicht anpacken würde und den er nicht entlassen konnte, um sich in dieser Phase nicht der Behinderung der Justiz (in den USA eine Straftat) bezichtigen lassen zu müssen. Wie aus dem Nichts betrat nun der Stellvertreter die politische Bühne in Washington. Dieser Rod Rosenstein war seit Jahr und Tag in führenden Funktionen des US-Justizministeriums tätig gewesen. Seine Ernennung zum Stellvertretenden Attorney General verdankte er offensichtlich dem Umstand, dass er nicht als Parteigänger der Demokraten aufgefallen war. Jetzt stand er von Amts wegen an der Spitze der Ermittlungen gegen den Präsidenten. Noch tauchte er in der Öffentlichkeit nicht auf, denn diese weidete sich zunächst mal an den Auslassungen bereits geschasster Behördenchefs, wie CIA-Direktor John Brennan, oder noch im Amt befindlicher, wie FBI-Direktor James Comey. Aus dessen Umfeld sickerte nun – gezielt, wie man heute sicher sagen kann – alles mögliche, vor allem Unerfreuliches über Vieraugengespräche zwischen Direktor Comey und dem Präsidenten an die Öffentlichkeit. Das, was zu lesen war – es war Comeys Sicht der Dinge –, ließ die Frage aufkommen, wer hier eigentlich wem drohte, und ob es dabei mit rechten Dingen zwischen einem Präsidenten und seinem Ermittler zuging.

An dieser Stelle griff nun Rosenstein ein, dem Comey, was jegliche Präsidenten-Ermittlungen anbelangte, direkt und persönlich unterstand. Er schrieb eigenhändig dem Präsidenten einen Aktenvermerk, in dem er ihn aufforderte, Comey unverzüglich zu entlassen. Ich nahm an, er habe auf Comeys Illoyalität abgehoben, später sah ich, dass dies nicht der Fall war, sondern Rosenstein warf Comey vor, bereits im Jahr zuvor, noch unter der Regentschaft von Präsident Obama, seine Kompetenzen überschritten zu haben. Inhaltlich hob er auf Comeys öffentliche Äußerungen in Sachen Ermittlungen gegen Hillary Clinton unmittelbar vor der Präsidentenwahl ab. Ich gehe hier auf den Vorgang nicht ein, um die Sache nicht zu komplizieren, doch wiederhole gerne das Ergebnis: Rosenstein empfiehlt Präsident Trump die Entlassung von Comey wegen seiner Verfehlungen unter Trumps Amtsvorgänger. Das war geschickt, denn der Entlassungsgrund hatte somit mit Trump selbst nichts zu tun.

Trump tat, wie empfohlen. Er tat es gern. Man kann das nachvollziehen. Doch, wie er es tat, war schäbig. Der Geschasste hörte von seinem Rausschmiss aus den Nachrichten. Danach handelte Rosenstein im Tagestakt: Er lud den Vize des FBI, Andrew McCabe, zur Besprechung der Causa Trump vor. Danach kann es für ihn keinen Zweifel mehr gegeben haben, dass er zum Kern der Anti-Trump-Kampagne vorgedrungen war. McCabe drängte, nun endlich gegen den Präsidenten vorzugehen. Rosenstein daraufhin: „Andy, was willst du, soll ich ihn abhören lassen?“ So jedenfalls stand es unmittelbar darauf in den einschlägigen Zeitungen des Mainstream zu lesen. Gern wurde das Rosenstein-Wort auch in „Andy, ich glaube, wir sollten den Präsidenten abhören“ abgeändert.

Gleich drauf wurde spekuliert, wie ein völlig ausgerasteter Trump den stellvertretenden Justizminister in die Wüste geschickt habe. Von dieser Falschmeldung war nur soviel richtig: Trump bestellte Rosenstein ohne zu zögern ein. Das Gespräch zwischen beiden fand im Flugzeug des Präsidenten statt. Was geredet wurde, blieb unbekannt. Rosenstein stelle lediglich öffentlich klar, dass die ihm unterstellten Worte tatsächlich gefallen seien, aber für jeden Verständigen der Gesprächsrunde klar als ironischer Einwurf erkennbar, als Vize McCabe in Trump-Ermittlungen schwelgte.

Tags drauf war auch für McCabe unmissverständlich klar, wie Rosenstein drauf war: Er entzog dem FBI die Ermittlungszuständigkeit in Sachen angeblicher Russland-Connection des Präsidenten und unterstellte den Komplex einem Sonderermittler, der ihm, Rosenstein, unmittelbar unterstand. Jetzt betrat Robert Mueller die politische Bühne. Dazu weiter unten. Derweil ging das Aufräumen im Justizministerium und im FBI munter weiter. Nachdem der Generalinspektor des Justizministeriums seinen Bericht über parteiisches Verhalten von Bediensteten des FBI und des Justizministeriums vorgelegt hatte, wurde ein gutes Dutzend Bedienstete entweder entlassen oder in einen Eisbärenkeller versetzt. Zu den Entlassenen gehörte FBI-Vize Andrew McCabe. Rosenstein veranlasste, ohne dies an die große Glocke zu hängen, dass McCabe sich wegen Geheimnisverrats und eidlicher Falschaussagen vor einer Grand Jury (das ist ein Gremium, das über die offizielle Anklageerhebung entscheidet) verantworten muss.

Über die Einsetzung des Sonderermittlers Mueller und Rosensteins Rolle dabei gleich mehr. Hier soll der Bericht über Rosenstein mit der Bemerkung zu Ende gehen, dass bei all dem Hin und Her, was während der Neubesetzung des Justizministerpostens entstand, Rosenstein sein Absicht kundgab, in den Ruhestand zu treten, sobald ein neuer Justizminister ernannt sei. Die Suche nach dem Neuen war nötig geworden, nachdem der amtierende, aber von der Öffentlichkeit sorgsam ferngebliebene Jeff Sessions Ende 2018 seinen Rücktritt erklärt hatte.

Im Februar 2019 war mit dem republikanischen Kämpen William Barr ein Nachfolger da, und nach seiner Schleusung durch den Senat trat er das Amt an. Dann kam die erste Überraschung. Das Rücktrittsgesuch von Rosenstein lehnte Barr ab, wiewohl freundlich, denn er ließ seinen Vertreter wissen, dass er ihn für die Einarbeitung (in den Fall Trump) noch dringend brauche. Dabei blieb es nicht, denn zusammen mit Rosenstein trieb Barr nun den Sonderermittler Mueller an, mit seinen Ermittlungen zu Potte zu kommen. Nach Abgabe des Berichts gab Rosenstein ein Votum hierüber ab. Er schrieb, dass weitere Handlungen gegen den Präsidenten nicht mehr in Betracht kämen.

Die Mainstreammedien hatten während der gesamten Amtszeit von Rosenstein die Mär verbreitet, dass er unter Zwang gehandelt habe, als er seinen Brief an den Präsidenten schrieb, FBI-Direktor Comey rauszusetzen, und schließlich wiederum unter Zwang, als er nach dem Mueller-Bericht die Sache für erledigt erklärte. Anfang Mai schied Rosenstein aus dem Amt. Entsprechend der Legenden, die sich um ihn rankten, war die Medienpräsenz gewaltig, als der Pensionär Mitte Mai die erste öffentliche Ansprache hielt. Aber ach, Rosenstein blieb explizit bei seinen Entscheidungen und begründete sie sachlich, wenn auch nicht unbedingt in einem Ton, der ihn als einen Trump-Gefolgsmann ausgewiesen hätte. Ganz im Gegenteil, der Langstreckenbeamte übte harsche Kritik an der Art und Weise, wie Comey aus dem Amt geflogen war. Was allerdings den Rauswurf selbst anging, blieb er eisern bei seiner Haltung: Comey sei wegen Befugnis-Überschreitung zu entlassen gewesen.

(2) Der Mueller-Bericht

Fast zwei Jahre lang ging ein dem US-Justizminister unterstellter Sonderermittler (Special Council) dem vielfach öffentlich erhobenen Vorwurf nach, Präsident Trump verdanke sein Amt einem verschwörerischen Zusammenwirken mit dem Kreml. Dieses Verfahren wurde von den sog. Eliten in Politik und Medien mit viel Hoffnung begleitet und mit Vorschusslorbeer bedacht, da man sich und anderen einredete, das für undenkbar gehaltene Wahlergebnis auf diesem Wege korrigieren zu können. Diese Hoffnung hat sich in Luft aufgelöst. Sonderermittler Mueller III und seinen Leuten ist es nicht einmal gelungen, den Hauch einer konspirativen Verbindung von Trump & Co zum Kreml aufzudecken, was zwingende Voraussetzung gewesen wäre, um der wesentlich komplexeren Frage – Geschah hierdurch eine Wahlbeeinflussung in den USA ? – nachgehen zu können.

Damit könnte es sein Bewenden haben, aber so einfach wollten die Juristen und polizeilichen Ermittler die Arena nicht verlassen. Der Mueller-Bericht enthält deswegen seitenweise Ermittlungsergebnisse über Russland-Sachverhalte, die mit der eigentlichen Fragestellung – Hat Trump nun, oder hat er nicht ? – absolut nichts zu tun haben. Als ich selbst noch gezwungen war, Prüfungsarbeiten zu schreiben, pflegte man solche Reminiszenzen als fleißig und überflüssig zu bezeichnen.

Nicht so die jetzt in der Mehrheit befindlichen Demokraten im Repräsentantenhaus. Sie haben beschlossen, das gesammelte Russland-Geschwätz als Grundlage für eigene Ermittlungen zu nutzen. Sie haben alles Recht der Welt, dies zu tun, doch wage ich die Prognose, dass sie ganz plötzlich die Lust an diesem Vorhaben verlieren werden. Hierfür gibt es zwei Gründe: (1) Es sieht ganz danach aus, als wende sich die amerikanische Öffentlichkeit von diesem Verfahren auf einer Skala zwischen Langerweile und Überdruss ab – und zwar nach dem Motto game over, das Spiel ist aus. (2) Ich halte es für denkbar, das beim weiteren Bohren in sog. Russland-Verstrickungen plötzlich etliche Leute auf der Bühne erscheinen müssen, die bis gestern und vorgestern noch Vorzeigefiguren der Demokraten waren. An deren Spitze Hillary Clinton und viele, viel andere.

Das Dürftige der Trump-Russland-Verstrickung war auch Mueller bekannt. Der Schwerpunkt seines Tuns lag denn auch folgerichtig auf anderem Feld, der mutmaßlichen Behinderung der Justiz durch Trump persönlich. Der Tatbestand der Behinderung ist in den USA strafbar. Nehmen wir zunächst das Ergebnis vorweg: Mueller vermeidet in seinem Bericht die Festlegung, ob sich Trump eines solchen Vergehens schuldig gemacht hat, und hat die Entscheidung hierüber in die Hände des Justizministers zurückgelegt. Der hat dann prompt verneint: Keine Behinderung erkennbar.

Nun zu den zugehörigen Details: Der Hauptvorwurf, die Justiz in strafbarer Weise behindert zu haben, wurde anfänglich an der Entscheidung des Präsidenten festgemacht, den Direktor des FBI, James Comey, Knall auf Fall zu entlassen. Dass dies als Vorwurf nicht besonders plausibel war, konnte man an fünf Fingern abzählen, denn Comey hatte zuvor einige Dinge getan, die nicht seines Amtes waren, hierfür wurde er gefeuert. Doch im Kern der Sache – ich, Comey, werde durch meine Entlassung an einer laufenden Ermittlung gehindert – hatte der FBI-Direktor ein beachtliches Selbsttor geschossen. Er hatte nämlich, noch vor seiner Entlassung, verkündet, gegen Trump kein Ermittlungsverfahren zu führen. Etwas, was nicht stattgefunden hat zu behindern, erschien selbst dem Mueller-Team einen Zacken zu streng.

Nach Vorschusslorbeeren eine holpernde Bauchlandung: Special Council Robert Mueller III., Medienliebling auf Widerruf (hier als Time-Titel von 2017).

                     Bei dieser Sachlage konzentrierte man sich lieber auf einen anderen Sachverhalt: Es habe, so kann man es in dem Bericht nachlesen, den Versuch eines Trump-Anwalts gegeben, eine ungesetzliche Absprache mit dem Anwalt eines früheren, jetzt unter Anklage stehenden Weggefährten, nämlich Michael Flynn zu arrangieren.

Flynn ist ehemaliger Berufssoldat, seine letzte Dienststellung als Generalleutnant war die des Direktors des US-Militärgeheimdienstes (DMI). Nach der Pensionierung 2014 gründete er eine Beratungsfirma und arbeitete ab 2016 für die Trump-Kampagne. Im Januar 2017 wurde er zum Sicherheitsberater des Präsidenten ernannt, gleichzeitig eröffnete das FBI ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wg. angeblich illegaler Russlandkontakte. Wenige Tage später trat er von seinem Amt zurück, nachdem das FBI ihm eine Aussagefalle gestellt und diese öffentlich gemacht hatte. Gegen ihn wurde ein Strafverfahren wg. Falschaussage eröffnet, in dem er sich für schuldig bekannte. Das Verfahren wurde bis heute nicht zum Abschluss gebracht.

Ich will den Leser nicht mit Spezialitäten des US-Prozessrechts langweilen, denn entscheidend – und allein entscheidend – ist Folgendes: Die im Mueller-Bericht wörtlich zitierten Telefonate beider Anwälte wurden bearbeitet. Ja, richtig gelesen: sie wurden im gewünschten Sinne verfälscht, Trump habe versucht, Flynn via Anwalt unter Druck zu setzen. Als die beteiligten Anwälte jüngst mit gutem Grund protestierten, reagierte Mueller mit dröhnendem Schweigen.

Nun ist es normalerweise so, dass Fälschungen nicht ohne menschliches Tun in einen amtlichen Bericht hineingeraten. Und so fragt der eine oder andere: Wer war das? Ein Blick auf die Mannschaft von Mueller III, die sich nunmehr wieder aufgelöst hat, verspricht nichts Gutes. Es war eine Versammlung von Trump-Gegnern und dezidierten Clinton-Unterstützern. Diese Bemerkung lässt sich anhand von Spenderlisten der letzten Wahlkämpfe belegen. Die Zusammenstellung dieser hochdotierten Truppe erfolgte exakt vor zwei Jahren und weist aus, in welchem parteipolitisch festgezurrten Nach-Obama-Zustand sich das US-Justizministerium seinerzeit noch befand. Das Wort des unabhängigen Ermittlers klingt bei dieser Sachlage und den ausgewählten Ermittlern wie ein schlechter Scherz.

Doch auch Missstände pflegen ihr Gutes zu haben. Man wird kaum unterstellen können, dass Mueller und seine Crew nicht alles in ihrer Macht stehende unternommen haben, um Trump zu Fall zu bringen. Gelang ihnen das nicht, so wird es mit den zuvor vollmundig behaupteten Fakten nicht zum besten stehen. Gestern nicht, heute nicht und morgen auch nicht. Das scheint mir das eigentlich bemerkenswerte Ergebnis des Mueller-Berichts zu sein.

(3) Ermittlungen in Gegenrichtung

Der neue Justizminister Barr hat in mehreren öffentlichen Auftritten in stets zunehmender Deutlichkeit klargestellt, dass die seinerzeitige Kampagne des heutigen Präsidenten mit nachrichtendienstlichen Methoden ausgespäht wurde. Er hat sich bei der Frage zurückgehalten, ob dies illegal geschehen sei, aber betont, dass genau dies aufgeklärt werden müsse. Wenn es nämlich illegal passiert sei, müssten hieraus sachliche und persönliche Konsequenzen folgen. Diese Ausführungen haben zu beträchtlicher öffentlicher Aufregung geführt. Man kann das verstehen.

Pflichtaufgabe, bei der persönlich nichts zu gewinnen ist: Der neue US-Justizminister William Barr kündigt die Ermittlungen wegen der Ausspähung der Trump-Kampagne an.

               Der Grundtatbestand ist, nachdem, was alles im vergangenen Jahr ans Sonnenlicht kam, ziemlich klar: Es hat ein unter der Federführung des FBI durchgeführtes Spionageabwehr-Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter der Trump-Kampagne stattgefunden – ob auch gegen Trump selbst, harrt noch der Aufklärung. Beruhte dieses Verfahren auf den Verdachtsmomenten, die in dieser Branche üblich sind, wird man schwerlich etwas einzuwenden finden. Nun hat sich aber herausgeschält, dass es vermutlich genau an den üblichen Verdachtsmomenten von Anbeginn an gemangelt hat. Vielmehr sieht es so aus, als seien die einschlägigen Verdachtsmomente in einem kleinen Kreis von Eingeweihten fabriziert worden. Die mutmaßlich Beteiligten saßen im US-Außenministerium (State Department), US-Justizministerium (Attorney General), dem FBI und der CIA.

Innerhalb der Staatsorgane könnten der Geheimdienstkoordinator James Clapper und CIA-Direktor John Brennan die treibenden Kräfte gewesen sein. Letzterer richtete eine Task Force für die beteiligten Behörden unter seiner Leitung ein, wohl wissend, dass er für die Inlands-Überwachung von Amerikanern absolut unzuständig war. Dieser Vorgang – immerhin ging es um einen gegnerischen und persönlich verfeindeten Präsidentenbewerber – wirft wie von selbst die Frage auf, welche Rolle der damalige US-Präsident Barack Obama spielte. Ihm, Obama, kann nicht entgangen sein, dass die von ihm befürwortete Amtsnachfolgerin Hillary Clinton auf dem Drahtseil einer zu befürchtenden eigenen Strafverfolgung balancierte. Ob er zudem wusste, dass die mutwillige Herstellung von gefakten Verdachtsmomenten durch die Clinton-Kampagne und die Führung der Demokratischen Partei finanziert wurde, steht noch in den Sternen.

Aus den verstreuten, meist vagen Mitteilungen des heutigen Justizministers lassen sich die folgenden Ermittlungsschritte destillieren: Es findet ein Ermittlungsverfahren gegen Angehörige des Justizministeriums statt. Ermittlungsführer ist der Generalinspekteur der Hauses, Michael Horowitz, der bereits die kompromittierenden Email-Daten der Anti-Trump-Ermittlungen vor einem Jahr ans Licht gebracht hat. Diesmal richtet sich seine Aufmerksamkeit auf die Aktivitäten seiner Behörde und des FBI, die zu Abhörmaßnahmen gegen Mitarbeiter der Trump-Kampagne führten und vermutlich durch Täuschung des zuständigen Gerichts ergaunert wurden. Der Bericht von Inspekteur Horowitz wird noch im Juni erwartet. Ob er aufdecken wird, dass mit Hilfe der Zwei-Sprünge-Methode (der Abgehörte A telefoniert mit B, nunmehr wird auch B abgehört, B telefoniert mit C, nun mehr wird auch noch C abgehört) ebenfalls US-Präsident Trump von der NSA abgehört wurde, wird mit einiger Spannung erwartet.

Parallel zu Horowitz ermittelt seit geraumer Zeit der Bundesstaatsanwalt John Huber den nahezu identischen Sachverhalt. Das hat sich offenbar als notwendig herausgestellt, da der Inspekteur zwar unbegrenzten Zugriff auf alle Dokumente der beteiligen Justizbehörden und ihre Bediensteten hat, nicht hingegen auf ehemalige Bedienstete, die im fraglichen Verfahren eine zentrale Rolle gespielt haben. Ein weiterer Bundesstaatsanwalt kümmert sich offenbar um die Clintons und ihre famose Stiftung. Dass dies so ist, wurde plötzlich im Januar offenbar. Es hatte zur Folge, dass die gerade auf Werbetour durch die USA jettende Hillary überraschend von einer neuerlichen Präsidentenbewerbung Abstand nahm.

Seit Neuerem kommt nun noch ein vierter Bundesstaatsanwalt ins Spiel, John Durham, dem Justizminister Barr ausdrücklich die Zuständigkeit für das gesamte Staatsgebiet der USA eingeräumt hat. Seine Zuständigkeit ist die Erforschung und der Verlauf der Ausspähung von Trumps Präsidenten-Kampagne. In einer ergänzenden Weisung hat Trump die Chefs der Nachrichtendienste angewiesen, mit Durham vorbehaltslos zusammenzuarbeiten. Diese letztgenannte Ermittlung wird nach den vorangegangenen Anläufen den entscheidenden Schlussstein setzen. Durham scheint hierfür bestens ausgewiesen, hat er doch bereits einmal vor Jahr und Tag einen Schlag gegen korrupte FBI-Leute zum Abschluss gebracht.

Zwar versuchen die Mainstreammedien im Verein mit den Demokraten immerzu neue Trump-Skandale zu erdenken, doch darf bemerkt werden, dass der Chorus der einstigen Behördenchefs von CIA, FBI, Justizministerium und State Department immer leiser geworden ist.

(4) Offenlegung der Behörden-Akten

Bereits im letzten Herbst hatte Trump angekündigt, alle Behördenakten, die das Vorgehen gegen ihn betreffen, offenzulegen. Davon ist bei Jahresbeginn wieder abgerückt, weil – nach seinen Worten – befreundete Mächte ihn darum baten. Wer das war, kann kaum zweifelhaft sein: Großbritannien und Australien, deren Diplomaten und Geheimdienstler in die Affäre zutiefst involviert waren – und zwar in dem Sinne, Trump zu verhindern, respektive abzuräumen. Es ist mindestens ein Dutzend britischer bzw. australischer Staatsbürger in zum Teil höchsten Staatsfunktionen beteiligt gewesen. Wenn man bei solchem Sachverhalt das nahezu herzliche Umgehen Trumps mit Großbritanniens Noch-Ministerpräsidentin Theresa May Revue passieren lässt, kann man sich ein Lächeln kaum verkneifen.

Nunmehr hat Trump, offenbar etwas klüger geworden, den Offenlegungsakt aller infrage kommenden Dokumente auf Justizminister Barr delegiert und diesem damit eine weitere scharfe Waffe in die Hand gelegt.

(5) Wirkungen auf Deutschland

Das führende Personal Deutschlands hat in den vergangenen drei Jahren konsequent einen Trump-feindlichen Kurs verfolgt. Hierfür hat speziell die Kanzlerin in den Mainstreammedien der USA viel Lob eingeheimst, zuletzt auch noch einen Ehrendoktor in Harvard. Anlässlich der Verleihung hielt sie es für angemessen, den US-Präsidenten, ohne ihn beim Namen zu nennen, vor frenetisch applaudierenden Demokraten eine dreiviertel Stunde lang zu beleidigen.

Die Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten. Ich gebe die Notiz aus meinem Sudelbuch vom 7. Juni 2019 wider:

Der Reaktionär: Er reagiert, der US-Präsident Trump, und zwar auf eine für den Betroffenen höchst unangenehme Art, indem er die empfangenen Unverschämtheiten vor aller Welt zurückerstattet. So demütigend wie am gestrigen D-Day ist die deutsche Führerin wohl noch nie behandelt worden. Wer ihre beleidigenden Ausfälle gegen Trump Revue passieren lässt, wundert sich nicht.

     D-Day (2): Was ein deutscher Regierungschef bei einer alliierten Siegesfeier zu suchen hat, war mir stets schleierhaft.

     D-Day (3): Die Landung in der Normandie vor 75 Jahren als den Sieg über die bösen Nazis zu feiern, ist ein Griff in die Propagandakiste, denn das Ende der Wehrmacht wurde nicht durch our boys, sondern die Rote Armee herbeigeführt und besiegelt. Aus US-Sicht folgerichtig, wurde auf die Einladung des Herrschers im Kreml verzichtet.

     D-Day (4): Die Landung in der Normandie war eine schiere Notwendigkeit, wenn die Amerikaner ihre Doktrin von der westlichen Hemisphäre (= US-Imperium) aufrecht erhalten wollten, die nach ihrem Führer Franklin Roosevelt nicht nur die beiden Ozeane vor den eigenen Ufern, sondern auch die Gegenküsten umfassen sollte. Zur atlantischen Gegenküste gehörte nach Roosevelts Ansicht der Rhein. Den allerdings würden die Rotarmisten in absehbarer Zeit überschreiten, wenn die US Army nicht alsbald auf dem Kontinent erschiene.

Gutsherr und Vasallin: Merkel und Trump in Portsmouth, 6. Juni 2019 (Quelle: Screenshot RT Deutsch).

                  Damit ist, so denke ich, das Wesentliche gesagt. Deutschland ist auf dem Weg in eine selbstverschuldete Isolation. Wie zur Bestätigung empfing der US-Präsident am 12. Juni 2019 den polnischen Präsidenten Andrzej Duda, den er als seinen engen Verbündeten in Europa lobte und ihm Truppenverstärkung zusicherte. Das fragliche US-Kontingent soll aus Deutschland abgezogen werden. Darüber freue sich, wer will. Ich nennen es einen weiteren Schritt der Einkreisung.

©Helmut Roewer, Juni 2019