Ministerpräsident Contes Stuhl wackelt

In Italien verdichten sich die Gerüchte und Nachrichten über eine echte Regierungskrise. Zwischen den fünf Sternen und den Exkommunisten der PD raucht es. Und dazwischen intrigiert noch der von der PD abgespaltene Matteo Renzi mit seiner Partei „Italia Viva“. Die italienische Demokrate ist – um es freundlich auszudrücken – quirliger, als die deutsche. Lebhafter, intrigant, elegant, aber nicht so abgrundtief ernst und boshaft. Der Unterschied zwischen Mussolini und Hitler eben, oder der zwischen Di Maio und Künast, zwischen Renzi und Pöbelralle, zwischen Berlusconi und Merkel. In Rom ist besseres Wetter, alles ist etwas leichter. Das Wort „Wetter“ gibt es im Italienischen eigentlich garnicht. Man fragt, was für eine Zeit wird.

Renzi, der Anführer von Italia Viva plant den parteilosen Giuseppe Conte durch einen anderen Premierminister zu ersetzen. Er fahndet nach einem Kandidaten, der näher an den Positionen seiner eigenen Partei ist. Noch vor der geplanten Wahlrechts- und Parlamentsreform wird er alles daran setzen  eine Abstimmung im Januar anzuzetteln, bevor das Hackmesser einer Verkleinerung des Parlaments zuschlägt. Denn bei den derzeit für seine Partei prognostizierten 4 % könnte er bei einer Verkleinerung der Kammer von 630 auf 345 Abgeordnete schnell bedeutungslos werden.

Der Rückschlag bei der Regionalwahl in Umbrien zwingt die Fünfsternler und die PD bei den nächsten regionalen Wahlen Deckung zu suchen. Luigi Di Maio von den 5 Sternen hat nicht wieder die Absicht, Wahlbündnisse zu schließen, denn das in Umbrien mit der PD hat ihm nichts gebracht. Im Gegenteil, die Fünfsternler sind mit einem einzigen Abgeordneten in der Regionalversammlung vertreten. Die PD ist allerdings bereit, Konzessionen zu machen und alles zu tun, um den Verlust der roten Festungen zu verhindern. In Kalabrien scheint die Situation schlimmer zu sein als erwartet, Salvini sieht den Triumph der Lega auch in der Emilia-Romagna, der traditionell krebsroten Heimat von Bürgermeister Peppone.

Es sind schwere Zeiten für Giuseppe Conte an der Spitze eines Schiffs, das kurz vor dem Untergang steht. Die Fünfsternler und die PD sind entfernter voneinander, als die vorherige Allianz zwischen den Grillini und der Lega. Das weiß der Ministerpräsident sehr gut, so sehr, daß er daran denkt, die Führung der sperrigen Gelb-Roten aufzugeben. „Giuseppi hat einen Teufel an den Haaren“ – schreibt der Kommentator der Zeitung „Il Tempo“ – Luigi Bisignani –  er überlege, ob er weiterregieren oder das Handtuch werfen soll, in der Hoffnung, in guter Erinnerung der Republik zu bleiben. „Er hat das auch aus den im freien Fall befindlichen Umfragen gesehen, daß in der gelb-roten Regierung die Alchemie zwischen den Schlüsselministern nicht stimmt“.

Unnötig zu erwähnen, daß im Bermudadreieck zwischen Copasir, Di Maio und Zingaretti die Schlafstunden des Ministerpräsidenten immer kürzer werden. „Die Wirtschaft ist zu einer echten Tragödie geworden“, fährt Bisignani fort. „Der Ministerpräsident trägt die Verantwortung für die Gespräche mit Unternehmern, denen er die Autos besteuern wollte, und für die mit Hausbesitzern über deren Steuersätze. Kurz gesagt, wenn er sich vorher beschwert hat, daß er in diesen Angelegenheiten wenig zu sagen hatte, dann ist es jetzt zu viel.“

„Vielleicht tut er sich selbst und den Italienern einen Gefallen, wenn er eine Weile innehält, um zu seinen Schülern zurückzukehren (er ist Professor) oder Vorträge in der ganzen Welt zu halten. Wer weiß, ob Mattarella (der italienische Präsident) ihn vielleicht nicht bald danach fragt. Dem Quirinale (Präsidentenpalast) ist klar, wann er anrufen sollte: wenn rien ne va plus“. Auf deutsch gesagt: Wenn nichts mehr geht. Das Beitragsbild zeigt den Haupteingang des Quirinale. Hier muß man durch, wenn man keine Lust mehr hat.