Menschen, die in Krisenzeiten groß werden, sind überlegen

In einer ehemals großen deutschen Zeitung las ich einen Eintrag „Warum sich die Generation Z niemals von Corona erholen wird.“ „Menschen, die in Krisenzeiten groß werden, erholen sich oft ein Leben lang nicht davon“, behauptet der in Zürich lehrende Ökonomieprofessor Hans-Joachim Voth. Nun muß man sich freilich erst mal angucken wer das ist.

Als Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (der mit der Kavallerie gegen die Schweiz drohte, und auch sonst gegen ausländische Regierungen pöbelte) 2008 eine SPD-Experten-Kommission zur Reform der Finanzmärkte aufstellte, bat er auch das ehemalige SPD-Mitglied Voth hinzu. Zuvor hatte Voth für die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung ein Gutachten über die Gefahren des modernen Finanzkapitalismus verfasst. Mit Ex-Börsenchef Seifert hatte er den 2006 erschienenen Wirtschaftsbuch-Bestseller „Invasion der Heuschrecken“ geschrieben. Seine Karriere hatte er bei McKinsey begonnen. Das ist ein Beratungsunternehmen, dessen Kunden fast der ganze Dow Jones und der halbe DAX sind. Da weiß man ungefähr, wo er eingenordet ist.

Es ist eigentlich immer ein Lapsus, wenn man Leute bestimmter Alterskohorten generalisiert und auf irgendwelche Eigenschaften festlegt. Es wurde ja schon viel Unsinn über die Generationen X und Y geschrieben. Wenn ich die Jugend eines Hamburger Hipsterviertels mit der unseres Landkreises vergleiche, komme ich nämlich nicht auf viele gemeinsame Nenner, egal ob X, Y oder Z.

Meine Freundin und ich sind in der Nachkriegszeit groß geworden, mein Jüngster ist in der Nachwendezeit herangewachsen, meine Tochter als armes Übersiedlerkind im reichen Württemberg. Alle sind wir irgendwann trotz Schwierigkeiten zu Potte gekommen. Sicher: Wir haben früh gelernt das Geld zusammenzuhalten, was aber aus meiner Sicht kein wirklicher Nachteil ist. Man hat in schlechten Zeiten mehr Widerstandskraft, kennt mehr Überlebenstechniken und hat Routine mit wirtschaftlichen Problemen umzugehen. Die Ausgangsbeschränkungen von Kórona haben wir in abgewandelter Form von 1961 bis 1989 auch schon mal gehabt.

Ich bin nie auf die Idee gekommen Ansprüche an andere Leute zu stellen. Wenn die mich schlecht bezahlt haben, dann war das meine eigene Schuld. Mein erster Lohn waren 583 Ostmark. Warum war ich Ingenieur geworden, als Melker hätte ich das dreifache bekommen. Ich war erstaunt, wie schnell 500 Mark alle waren, weil, es hörte sich so viel an. Aber ich hatte Freunde im Schlachthof, die mir jeden Freitag ein großes Paket mit Wurst und Fleisch zugesteckt hatten. In der allergrößten Not schmeckte die Wurst auch ohne Brot! Einmal habe ich 14 große Metalldachplatten gegen zwei Flaschen Brauen bekommen. Not macht erfinderisch, Wohlstand macht träge.

Mein erster Lohn 1989 in Hessen waren 1.200 DM. Die Kantinenfrau bekam mehr. Auch darüber habe ich mich nicht beschwert, sondern das was ich nicht verbraucht hatte, wurde 1:4 in Ostmark umgetauscht. Das wurde mir ein paar Monate später 1:1 in Westmark rückgetauscht. Gott vergelts Helmut Kohl! Als erstes hatte ich die „Einführung in die Einkommenssteuer“ gelesen. Danach bin ich ins Finanzamt und habe mir erst mal Freibeträge für die Fahrten eintragen lassen, denn steuerlich war ich ja Ausländer ohne die Möglichkeit eines Lohnsteuerjahresausgleichs. Wenn man sich nur ein kleines bißchen kümmert, kann man aus Scheiße Gold machen. Das waren so die ersten Lehren im Westen.

Die ganzen widrigen Umstände mit dem Lohn kann man einfach umgehen, wenn man sich selbständig macht. Das geht auch ohne jegliche Ausbildung und ohne Kredite, wenn man das richtige Geschäftsmodell entdeckt. Die reichsten Leute auf der Welt sind fast alle Schulschwänzer und Studienabbrecher gewesen. Fast nie kamen die Einzer zu Pott, die immer hinten in der letzten Bank saßen und arrogant über den Rest der Welt lächelten. Auch die Beststudenten aus meinem Sichtkreis sind im Leben fast alle gescheitert. Das blöde Staatsexamen von dem Kahrs hat ihn vermutlich ruiniert, Bill Gates bastelte lieber in einer Garage rum, statt sich die Zeit von linken Lehrern stehlen zu lassen, Zuckerberg schmiß das Studium hin, weil er besseres zu tun hatte, als mit verblödeten Feministinnen im Hörsaal dieselbe Luft zu atmen. Auch der Erfinder des Telefons, Philipp Reis, hatte nicht studiert. Nicolaus Otto, der Erfinder des gleichnamigen Motors hatte ohne akademische Weihen einfach losgetüftelt. Gregor Mendel blieben die Tore der Universität ebenfalls verschlossen.  Ich konnte wegen falscher Umstände meiner Herkunft kein Architekturstudium wählen, habe aber mit fremden Stempeln viele Wettbewerbe gewonnen. Mehr als die meisten Luschen, die eine Zulassung vom Staat hatten.

Wenn ein durchgeknallter Professor behauptet, daß man wegen des derzeitigen Schulausfalls lebenslang drei Prozent weniger verdienen wird, dann erzählt der Schrott. Auch ob ein Studium überhaupt die Lebensperspektive aufhübscht, kommt sehr auf die gewählte Fachrichtung an. Oft verführt ein Studium zu Verhaltensweisen eines innovationsfeindlichen Konformismus, insbesondere wenn man im Staatsdienst oder bei den Freiberuflern landet. Letzteres Wort ist wegen Abhängigkeit von der enstsprechenden futterneidischen und korrekten Berufskammer ein Euphemismus.

Als Junge hatte ich ein Hobby: Ohne zu bezahlen in Tanzveranstaltungen reinzukommen. Durch Nutzung der Unaufmerksamkeit von Türstehern, mit Haarnadeln, Lügengeschichten, Blitzableitern. Das ist eine gute Übung fürs Leben. Man weiß nach einer Weile über alle Schwachstellen der Sicherheit Bescheid und lernt die Gunst der richtigen Sekunde zu nutzen. Viele Dinge, die eigentlich falsch sind, funtionieren mit dem richtigen Timing wunderbar. Später habe ich mit primitiven Tricks die Staatssicherheit öfter mal reingelegt.

Lieber Professor Voth, die Generation Z hat alle Chancen aus Kórona unbeschadet herauszukommen. In der Krise wird man gehärtet und aus dem konformistischen Trott befreit. Unser Klassenlehrer Voges hielt jeden Samstag in der letzten Stunde das Wort zum Sonntag. Er hatte seine Jugend nach dem Notabitur an der Ostfront verbracht, was ein bißchen einschneidender war, als acht Wochen Schulausfall und ein halbes Jahr keine Hüpfdemo. Er hatte, wie unsere ganze Elterngeneration, ohne Traumatisierung und lebenslange Lethargie einfach weitergelebt, so gut es damals ging. Er predigte jeden Sonnabend Energie zu entwickeln, und den Kopf wegen russischen Scharfschützen nicht unbedacht aus dem Schützengraben zu stecken. Die Wehrmachtshauptleute standen immer wie eine gespannte Feder in der Klasse, die linke Hand in der Hosentasche, vielleicht als Faust. Da traute sich das Establishment von der Schulleitung nicht groß ran.

Also: Kopf hoch linker Professor, alles wird gut.

 

Grüße an meine Eckermänner, bitte alles ordentlich archivieren.