Ein Agitator für den Siegfrieden

Ich schätze den Verfasser der folgenden Einladung – Karl-Heinz Kraass – sehr, das muß ich vorausschicken. Ich kenne ihn schon lange, er war immer ein ehrlicher, intelligenter und kreativer Kopf. Aber ihm ist im folgenden Text ein kapitaler Lapsus unterlaufen.

Sehr geehrte, liebe Mitglieder  Kreistages  Weimarer Land, hochgeschätzte Nachbarparlamentarier,

wir möchten Sie  zur
Gratulationsveranstaltung des Stadtrates Weimar zu Lyonel Feiningers  150. Geburtstag am Samstag, 17. Juli 2021  um 15.00 Uhr  Kirche Gelmeroda (Vorplatz) einladen,   denn der Kreis Weimarer Land ist das absoluteste Feininger Land.  Der Deutsch-Amerikaner Lyonel Feininger hat sich zeitlebens in seiner Kunst mit mit seiner ganzen Kreativität für Frieden unter den Menschen und Gerechtigkeit eingesetzt.

Zugesagt haben bereits MP Bodo Ramelow,  Landrätin Christiane Schmidt-Rose, Oberbürgermeister Peter Kleine und Frau Präsidentin  Dr. Ulrike Lorenz der  Klassik Stiftung Weimar.

Wir Stadträte Weimars würden uns sehr freuen, wenn viele Mitglieder des Kreistages  Anteil an diesem wichtigen Ereignis unseres kulturellen Erbes in Mittelthüringen nehmen könnten.

Die europäische Geschichte ist verhext. Nicht alle Lebensläufe sind kerzengrade, gerade bei Pazifisten muß man in der Regel zweimal hinsehen. Lyonel Feininger war mir schon vor vielen Jahren im ebay immer wieder wegen seinen Kriegspostkarten aufgefallen. Man kann eben als Künstler nicht leben, ohne Geld zu verdienen. Das beweist sich auch aktuell im kalten Bürgerkrieg, wo man als sog. „Kulturschaffender“ mit den Davoser Wölfen heulen muß, wenn man ein Engagement oder einen Auftrag haben will.

Was mir erst heute beim Stöbern in den „Lustigen Blättern“ aufgefallen ist: Feiniger war auch Zeichner dieser relativ auflagenstarken Publikation. Zwei Kostproben der Kriegspropaganda habe ich mal eingestellt, eine als Beitragsbild, eine hier:

Das Beitragsbild ist Ende 1914 (nach der erfolgreichen Schlacht von Tannenberg), das andere nach dem Kriegseintritt Italiens 1915 (4. Heft) gemalt worden.

Man müßte die Einladung der guten Ordnung halber ändern, und statt „zeitlebens“ „zeitweise“ texten. Oder den Frieden ganz unerwähnt lassen.

 

Grüße an den V-Schutz: In hundert Jahren wird man an Künstlerbiografien rückblickend auch verzweifeln.

 

Update: Habe mal gegoogelt: Die Bildsuche ist ausgeputzt, der Wikipedia-Eintrag auch. Klaus Schwabs Wahrheitsministerium ist am Werk. Wir brauchen in Deutschland eine Drehung um 180 Grad. Die Lügenhure muß weg.

Update 2: Das wofür Feininger gemalt hat, nannte man damals den „Siegfrieden“. Nicht ausgeschlossen, daß Versailles bei der Veranstaltung in Gelmeroda rückgängig gemacht wird.