Wer sichert sich das billigste Lithium?

Lithium wird zur Herstellung wiederaufladbarer Batterien (E-Mobilität, E-Speicher für regenerative Energien, 3C Anwendungen, Powertools) gebraucht und läßt sich nicht substituieren. Zweitwichtigster Verwendungszweig: Keramik, Glaskeramik und Glas. Weitere Anwendung von Lithium im Bereich: Schmierstoffe, Gus­sindustrie (Strang-, Formguss), Polymere, Luftaufbereitung, nicht wiederaufladbare Batterien und Schmelzflusselektrolyse (Aluminium). Hochspezielle Anwendung: Elektrotechnik (Lithiumniobtate), Nukleartechnik (Li-6 Isotope), Textilindustrie (Lithiumacetate, Lithiumhydroxide), Zementindustrie (Beschleuniger), Feuerwerk (Lithiumnitrat), Pharmazie, chemische Industrie (organische Lithium­verbindungen) und Wasserbehandlung (Lithiumhypochlorite). So kann man es dem Rohstoffsteckbrief der BGR entnehmen. Letzteres ist nicht das Bürgerbündnis gegen Rechts, sondern die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.

Auch die folgenden Ausführungen orientieren sich an den Publikationen der BGR oder sind aus Finanzen.net entnommen. Die Bergwerksproduktion betrug 2018 90.441 t, davon wurden 65 % in Australien, 18 % in Chile und jeweils 8 % in China und Argentinien abgebaut. Deutschland hat 5.980 t Lithiumkarbonat importiert, darüber hinaus 202 Mio. Lithium-Ionen-Batterien. Deutsche Kunden waren die Schott AG, die BASF SE, die VARTA AG und  Automobilhersteller. Der Lithiumpreis lag jahrelang bei 6.000 $ pro t und bildete dann 2018 eine Kerze mit bis zu 18.000 $.

Derzeit kommt ales durcheinander, weil Bolivien das größte Vorkommen erschließen möchte, Uyuni Salt Flat mit 18 Mio. t Reserve. WELT online berichtete über das ruppige Gezerre zwischen China, Deutschland und Tesla um die Beteiligung am staatlichen Projekt und die verheerenden Auswirkungen auf die bolivianische Innenpolitik.

Auch in Deutschland gibt es Explorationsprojekte in der Rheinebene und im Erzgebirge.

Die Primärförderung von Lithium stellt derzeit ein Oligopol dar. Die drei wichtigsten Unternehmen lieferten 2015 knapp 80 % der globalen Förderung. An dieser Situation wird sich bis 2025 nichts ändern. Es ist vielmehr abzusehen, daß es mittel- bis langfristig zu weiteren strategischen Joint Ventures zwischen einzelnen Unternehmen kommen wird. Ferner ist davon auszugehen, daß sich die weiterverarbeitende Industrie in noch stärkerem Maße an der Primärförderung beteiligen wird. Im Speziellen trifft dies für chinesische Unternehmen zu, die entweder Vorprodukte zur Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien produzieren oder selbst in der Zellfertigung aktiv sind. Bisher waren Korea, Japan und Taiwan Hauptakteure, China holt auf.

Das Angebot von Lithium aus dem Sekundärsektor spielt bislang keine große Rolle. Aufgrund der Verteilung in den Endprodukten und geforderten Produktqualitäten ist die Rückgewinnung derzeit wirtschaftlich nicht darstellbar. Das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien ist jedoch prinzipiell möglich und entsprechende großtechnische Prozesse stehen zur Verfügung.

Beim Festgesteinsabbau beträgt der Lithiumanteil in der Regel 1 bis 2 %. In den Salzseen schwanken die Gehalte an Lithium sehr stark. Im Salar de Atacama liegen sie bei ergiebigen 1.500 ppm. Wichtige ökonomische Faktoren für die Gewinnung von Lithium aus solchen Vorkommen sind nicht nur die Gehalte an Lithium, sondern auch die Gehalte an Verunreinigungen wie Magnesium und Sulfat bzw. das Verhältnis von Lithium zu diesen Elementen.

Zur Gewinnung von Lithium aus Festgesteinsvorkommen werden die im Tage- oder Untertagebau geförderten Roherze (bspw. Pegmatite) durch Sortieren, Brechen, Mahlen, Schweretrennung, Magnetscheidung, Flotation, Waschen, Filtern und Trocknen zu Lithiumhaltigen Konzentraten verarbeitet. Hierbei wird in unterschiedliche Qualitäten hinsichtlich Reinheit, Korngröße usw. unterschieden.

Solen werden durch Bohrlöcher an die Oberfläche gepumpt und in einem ersten Schritt in nacheinander geschalteten Evaporationsbecken durch Sonnenenergie aufkonzentriert. Ziel ist es, störende Inhalte (Karbonate, Sulfate, Salze) durch fraktionierte Kristallisation zu entfernen und gleichzeitig den Lithiumgehalt auf etwa 6 % zu erhöhen. Je nach Vorkommen unterscheiden sich die geförderten Solen in ihren chemischen Zusammensetzungen. Somit unterscheiden sich auch die nachgelagerten Prozessschritte bis zum fertigen Zwischenprodukt.

An internationalen Handelsplätzen findet kein Handel statt. Die Preise werden zwischen Produzenten und Verbrauchern individuell und abhängig von den geforderten Produktqualitäten und Spezifikationen ausgehandelt.

Prinzipiell liegen die Kosten für die Gewinnung aus Festgesteinsvorkommen bzw. Mineralkonzentraten deutlich über den Kosten der Gewinnung aus Solen. Die größten Kostenfaktoren bei beiden Herstellungsarten stellen notwendige Chemikalien dar. Bei Solen spielt wiederum der Zeitfaktor eine Rolle. Bevor man eine Sole aufbereitet hat, können wegen Bummelei der Sonne locker zwei Jahre vergehen.

Die Produktionskosten pro Tonne der Unternehmen Albemarle und SQM in Chile (Salar de Atacama) sind am niedrigsten. Die deutsche Bank setzte die Produktionskosten für Albemarle und SQM im Jahr 2016 mit ca. 2.500 US$/t bzw. knapp 3.000 US$/t an. Für Greenbushes in Australien (JV Albemarle & Tianqi) gibt die deutsche Bank Produktionskosten pro Tonne LCE von etwa 4.800 US$/t an. Für die chinesischen Produzenten setzte sie 2016 ca. 5.800 – 7.000 US$/t an.

Aus der Analyse der Produktionskosten geht eindeutig hervor, dass die chilenischen Unternehmen Rockwood Lithium Ltda. (Albemarle) und SQM einen großen Vorteil gegenüber Mitbewerbern haben. Im Gegenzug nehmen chinesische Unternehmen das obere Ende der Kostenkurve ein. Prinzipiell gilt, daß sich sämtliche neuen Projekte, unabhängig von der Art des Vorkommens bzw. der Lithiumgewinnung, in ihren Produktionskosten an den etablierten Produzenten messen lassen müssen. Das schränkt die galoppierende Phantasie mancher Projektemacher stark ein.

Eine großtechnische Recyclinganlage im Industriemaßstab befindet sich bei dem Unternehmen Umicore in Hoboken (Belgien). Diese hat eine Kapazität von ca. 7.000 t Batterien pro Jahr. Vor allem die Metalle Nickel, Kobalt und Mangan werden hierbei in einem kombinierten Prozess (Pyrometallurgie, Hydrometallurgie) zurückgewonnen. Aufgrund der geringen Mengen an Lithium, den komplexen Verbindungen bzw. hohen Anforderungen an Reinheiten sowie des im Vergleich zu anderen enthaltenen Metallen wie Nickel und Kobalt deutlich niedrigeren monetären Wertes lohnt sich eine ökonomische Rückgewinnung aktuell noch nicht. Das enthaltene Lithium wird daher mit anderen Reststoffen in der Prozessschlacke gebunden und in der Bauindustrie als mineralischer Zuschlagstoff in Fertigbeton verwendet.

Die Bergwerksförderung von Lithium ist auf wenige Länder und wenige Bergbauunternehmen beschränkt. Am größten Produzenten (Talison Lithium Pty. Ltd.) sind die beiden Unternehmen Albemarle Co. und Sichuan Tianqi Lithium Co. Ltd. zu 49 % bzw. 51 % als Joint-Venture-Partner beteiligt. Das chinesische Unternehmen Sichuan Tianqi Lithium Co. Ltd. ist seit September 2016 zusätzlich mit etwa 2 % Aktienbesitz und einer Option auf weitere 7 % an dem chilenischen Unternehmen SQM S. A. beteilig. Die chinesische Firma wurde inzwischen umstrukturiert.

Der zweitgrößte Lithiumproduzent ist das 1968 gegründete Chemieunternehmen SQM. Die Firma hat den  Hauptsitz in Santiago de Chile. Das KGV lag 2020 bei 79, die letzte Dividendenrendite wurde 2019 mit 2,7 % angegeben.

Der drittgrößte Lithiumproduzent ist das amerikanische Chemieunternehmen Albemarle Co. mit Sitz in Charlotte (USA). KGV liegt bei 42, die Dividendenrendite bei 1 %.

Das Unternehmen FMC Co. (Food Machinery Corporation) ist ein Chemieunternehmen mit Sitz in Philadelphia (USA). Das Unternehmen fördert über das Tochterunternehmen Minera del Altiplano S. A. seit 1995 Lithium in Argentinien im Salar de Hombre Muert. KGV 27 und Dividendenrendite 1,6 %.

Das australische Unternehmen European Metals (fast ein Pennystock, permanent in den roten Zahlen, aber mit steigenden Kursen) entwickelt seit 2012 das Lithium/Zinn-Projekt Cinovec, welches (nach eigenen Angaben) das größte Lithiumvorkommen in Europa darstellt. Das Projekt liegt 100 km nordwestlich von Prag an der deutsch-tschechischen Grenze. Auf der deutschen Seite wird der gleiche Erzkörper von dem Unternehmen Deutsche Lithium entwickelt. Lithium kommt hier in dem Mineral Zinnwaldit vor. Der gesamte Komplex stand seit etwa 1378 in unregelmäßigem Abbau (Zinn, Wolfram). Der gesamte Zinn-Distrikt Cinovec wurde 1992 stillgelegt, aufwendig saniert und rekultiviert. Die ehemaligen Stollenanlagen wurden bis zu einem bestimmten Level geflutet. Im Mai 2017 hat European Metals bekanntgegeben, dass es die Genehmigung zur Entwässerung der Stollen, eine weitere Explorationslizenz sowie eine „Preliminary Mining Permit“ erhalten hat

Das Zinnwald-Projekt ist das deutsche Pendant zu dem tschechischen Projekt Cinovec. Es wird von der Deutsche Lithium GmbH, einer Tochter der deutschen Solarworld Solicium GmbH, ihrerseits Tochterunternehmen der Solarworld AG, entwickelt. Bacanora Minerals Ltd. hat für 5 Mio. € einen Anteil von 50 % an dem Projekt erworben. Die übrigen 50 % werden von Solarworld AG gehalten, welche inzwischen insolvent ist. Bacanora Minerals hatte die Vertragsoption, das Projekt innerhalb von zwei Jahren für 30 Mio. € vollständig zu übernehmen. Darüber hinaus hat sich Bacanora dazu verpflichtet, sämtliche Explorations- und Entwicklungskosten zur Erstellung einer Feasibility-Studie (5 Mio. €) zu übernehmen. Auch zu Zinnwald Lithium gibt es eine Aktie, ein Pennystock mit den üblichen Schwankungen.

Alle diese Daniel-Düsentrieb-Projekte stehen unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit. Lithium ist geologisch kein Mangelmetall. Es hat an der Erdkruste einen Anteil von etwa 0,006 %. In Europa gibt es zum Beispiel noch Vorkommen in Portugal und Finnland. Die Abbauwürdigkeit wird über den aktuellen Lithiumpreis entschieden. Mit steigenden Preisen werden immer neue Bergwerke entstehen, mit sinkenden werden sie wieder verschwinden. Ein Investitionsmetall ist Lithium deswegen und wegen starken staatlichen Positionen in China und Bolivien nicht. Deutschland hat über die BGR alles beobachtet, aber im Gegensatz zu China wenig getan. Ein Exchef von mir, mit dem Spitznamen „Treibriemen“ hatte für sowas zwei Sprüche: „Wir brauchen keine Feststeller, sondern Absteller.“ Und „Wir sind nicht dazu da, um zu beweisen, was nicht geht“.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst. „Ist ja in den Bergwerken auch nicht alles lauteres Metall, und man muss, um sich Raum zu machen, mitunter taubes Gestein ans Tageslicht bringen.“ (Geh. Rath v. Goethe)

 

Beitragsbild: Ein Tesla mit abgegangener Heckverkleidung