Warum soll Palmer gehen und nicht Neubauer?

Das innige Band zwischen Esoterikern, Impfgegnern, Gentechnikfeinden und Grünen ist seit dem Auftauchen der Querdenker zerrissen. Kórona war der Prüfstein, an dem die alte Liebe zerbrach. Wenn man das Wahlergebnis von Baden-Württemberg als Maßstab nimmt, sind das etwa 2 bis 3 % der Wähler. Ein ähnliches Ergebnis erzielte auch Michael Ballweg als Bürgermeisterkandidat für Stuttgart (2,3 %).

Es gibt auch eine libertäre Ausformung der Grünität, die von Boris Palmer verkörpert wird. Schon sein Vater war  Berufsrebell, und kein brauchbarer Parteisoldat. Bürgermeister Palmer hatte mit seinen Ladenöffnungen in Tübingen bundesweite Aufmerksamkeit erreicht und zeigte, daß es zu Dr. Merkel und Klabauterbach seriöse Alternativen mit belastbaren Ergebnissen gibt. Ein Grund für ein Parteiverfahren gegen ihn wurde gesucht und gefunden. Aber verengt sich das grüne Spektrum bei seinem Rauswurf nicht schon wieder? Zumal der sich lange hinziehen wird, siehe den Fall Sarrazin.

Die Höhere Tochter Neubauer soll inzwischen Mitglied der Grünen sein. Was aber nicht hindert, daß der noch radikalere Flügel der Klimahysteriker eigene „Klimalisten“ aufgestellt hatte, die schon wieder 1 bis 2 % bei vergangenen Wahlen erzielten.

Eine weitere Baustelle sind die Vogelschutzvereine, die von den Windmühlen nicht begeistert sind. Naturschützer waren früher mal der harte Kern der Partei, immer mehr davon desertieren wegen Widersprüchen zwischen Klima- und Naturschutz von der grünen Fahne.

In der Schweiz gibt es eine grünliberale Partei, die die Umwelt nicht mit immer mehr zentraler Planwirtschaft retten will. Ein deutscher Exponent dieser Sichtweise war Oswald Metzger. Der ist bei den Grünen längst ausgetreten, nachdem er mit Renate Künast auf dem Gebiet der Sozialpolitik zusammengerasselt war.

Die entstandenen Verluste an grüner Traditionssubstanz werden derzeit mit von der CDU und SPD angewiderten Wechselwählern aufgefüllt. Die Grünen sind nämlich kein monolithischer Block: Über 40 % der Wähler, die 2016 in Baden-Württemberg grün gewählt hatten, sind 2021 zu anderen Parteien oder den Nichtwählern abgewandert. Das Defizit wurde teilweise von 145.000 ehemaligen CDU- und 115.000 Ex-SPD-Wählern aufgefüllt. Insgesamt haben die Grünen 2021 jedoch 40.000 Stimmen weniger bekommen, als 2016.

Die Führung um Baerbock und Habeck spielt vor der Bundestagswahl riskant: Grüne Traditionswähler aus dem esoterischen, ökologischen, liberalen und libertären Beritt werden systematisch vergrault und durch Wechselwähler ersetzt. Das ist ein Konzept, welches schon der SPD zum Verhängnis geworden ist, an dem auch die Linke im Osten knabbert. Seit der Abreise von Gerhard Schröder nach Rußland und dem Wegmobben von Wagenknecht aus dem inneren Zirkel der linken Parteiführung wurden die Werktätigen von den Linksparteien nur noch vor den Kopf gestoßen. Auch die CDU hat ihren traditionalistischen Anhang schon weitgehend vertrieben, Verbalattacken auf Maaßen, Merz und sogar Laschet aus den eigenen Reihen werden nicht hilfreich sein.

Bis zur Bundestagswahl sind es noch vier turbulente Monate, nie waren die Altparteien so inkompetent, verschlissen und verstritten wie 2021. Nie waren sie sich – von der Schwefelpartei mal abgesehen – untereinander so ähnlich wie derzeit. Kantige Personen wie Sarrazin, Palmer, Höcke, Kubicki, Wagenknecht, Brandner und Maaßen sind selten geworden. Ich wage keine Prognosen zum Wahlausgang, werbe aber für ein blaues Wunder.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Eine Partei wird siegen, wenn sie sich selbst treu bleibt.“ (Konrad Adenauer, 1962)