Die halbe und die ganze Wahrheit über die Energiepreise

Es ist Wahlkampfzeit im Saarland und gleichzeitig sind die Benzin- und Dieselpreise unbezahlbar. Da versuchen die Christ- und Sozialdemokraten sich reinzuwaschen und vom eigenen Versagen abzulenken. Dabei haben beide Parteien keine Gelegenheit ausgelassen die Preise zu treiben.

Ministerpräsident Tobias Hans (CDU), der bisher als gefügiger Merkelknecht in Erscheinung getreten war, fordert von der Bundesregierung eine Spritpreisbremse. „Der Staat bereichert sich an den gestiegenen Energiekosten“, sagte er. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich verdient der Fiskus über die Umsatzsteuer an Benzin, Diesel, Heizöl und Gas. Je teurer die Energie, umso mehr Einnahmen.

Die ganze Wahrheit ist allerdings, daß CDU, SPD und Grüne die zugrunde liegenden Preise systematisch in die Höhe getrieben haben.

1. Mit dem Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24. März 1999 wurde als neue Verbrauchsteuer eine Stromsteuer eingeführt. Die Mineralölsteuer wurde von 1999 bis 2003 in Schritten von 6 Pfennig mehrmals erhöht.

2. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz trat am 29. März 2000 in Kraft. Zentrale Neuerung war die Einführung des Vorrangprinzips für Erneuerbare. Die Vergütungssätze des EEG 2000 im Überblick:

  • Strom aus Windenergie zwischen 6,19 und 9,10 Cent/kWh
  • Strom aus Photovoltaikanlagen mind. 48,1 Cent/kWh
  • Strom aus Wasserkraft mind. 7,67 Cent/kWh
  • Strom aus Biomasse zwischen 8,70 und 10,23 Cent/kWh
  • Strom aus Geothermie zwischen 7,16 und 8,95 Cent/kWh

3. Das ETS ist der erste grenzüberschreitende Emissionsrechtehandel. Er trat am 1. Januar 2005 in Kraft. Das europäische ETS umfasst und begrenzt den Kohlendioxidausstoß von rund 11.000 Anlagen in 27 EU-Staaten plus Liechtenstein, Island, Norwegen und der Schweiz. Rußland, die Ukraine, Serbien und weitere Länder brauchen sich nicht darum zu kümmern, die Konkurrenz in Asien schon garnicht. Das System beruht darauf, daß ein Betreiber einer erfassten Anlage für jede Tonne emittiertes CO2 ein gültiges Zertifikat vorlegen muß und es nur eine begrenzte Menge an Zertifikaten gibt. Zertifikate sind handelbar, d. h. Betreiber können überschüssige Zertifikate verkaufen oder müssen zusätzlich benötigte Zertifikate nachkaufen. Emissionen erhalten so einen Preis und Anlagenbetreiber einen Anreiz, ihre Emissionen zu verringern.

4. Noch entscheidender für die Preisexplosion bei Öl, Gas und Kohle sind die sogenannten ESG-Regeln. Bei nachhaltigen Geldanlagen wird für die drei Nachhaltigkeitskriterien die Kurzbezeichnung ESG verwendet – nach den englischen Begriffen Environment (E), Social (S), Governance (G). Der ESG-Ansatz hat sich in der Finanzbranche zur Abgrenzung Nachhaltiger Geldanlagen als Standard entwickelt. Zunächst haben einige institutionelle Anleger wie Versicherungen, Staatsfonds und Stiftungen freiwillig bestimmte Investments in die Energiewirtschaft nicht mehr getätigt. Mittlerweile sind sie durch Klimagesetze dazu gezwungen.

Am 24. Juni 2021 verabschiedete das Europaparlament die finale Fassung des Klimagesetzes mit einem Minderungsziel von 55 %. Mit der Zustimmung durch den Europäischen Rat am 28. Juni 2021 wurde das Annahmeverfahren abgeschlossen. Nach den Beschlüssen des Klimakabinetts wurde ein deutscher Gesetzentwurf vom 19. Oktober 2019 von der Bundesregierung beschlossen und in den Bundestag eingebracht. Das Bundes-Klimaschutzgesetz wurde am 17. Dezember 2019 verkündet.

Damit werden Investitionen in Öl und Gas sowie Kohle praktisch verhindert. Die deutschen Energiekonzerne sind dabei, sich vollständig aus der konventionellen Energiegewinnung zu verabschieden. Gasleitungen, Gasspeicher, Raffinerien werden nach und nach direkt oder indirekt an russische Firmen verkauft, denen ESG egal ist, und dieser Prozeß ist noch nicht abgeschlossen. Nur weg damit, und möglichst schnell, war die Devise.

5. Das Klimakabinett der Bundesregierung führte 2019 noch eine nationale CO2-Bepreisung ein. Zunächst war ein CO2-Preis in Höhe von zunächst 10 Euro pro Tonne CO2 ab 2021 geplant. Dazu beschloss das Bundeskabinett am 23. Oktober 2019 den Entwurf zum Gesetz über ein nationales Emissionshandelssystem für Brennstoffemissionen. Nach Verhandlungen mit dem Bundesrat wurde der Einstiegspreis auf 25 Euro pro Tonne erhöht. Besonders auf Druck der Grünen konnte es nicht genug sein. Mit der beschlossenen Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes am 8. Oktober 2020 im Bundestag, wird nun der CO2-Preis auf 55 € im Jahr 2025 steigen.

Ökosteuer und EEG wurden von Rotgrün beschlossen, der Emissionsrechtehandel, die Klimagesetze und die CO2-Bepreisung von allen Parteien außer der AfD. Wenn sich Noch-Ministerpräsident Hans jetzt hinstellt und behauptet, daß der Staat sich an den gestiegenen Energiekosten bereichert, hat er die letzten 23 Jahre verschlafen. Der Staat hat die gestiegenen Energiekosten selbst verursacht.

Auch seine saarländische Gegenkandidatin von der SPD – Frau Rehlinger – hat den Schlag noch nicht gehört und will noch schneller ins Desaster rennen: „Ich bin heute mehr denn je überzeugt, dass wir sogar noch mehr tun müssen, um von Putins Gas unabhängiger zu werden. Wir sollten uns vornehmen, die Hälfte unseres Stroms, den wir verbrauchen, aus erneuerbaren Energien zu produzieren.“ Kann nur teurer werden. Und was ist mit der anderen Hälfte?

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Es lehren alte wie neue Erfahrungen, daß man mit größerer Sicherheit sein Ziel erreicht, wenn man die Energie mit der größeren Klugheit verbindet.“ (Camillo Benso von Cavour 1810 – 1861)