Die Geschichte der Blasen

„Es ist dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen,“ schrieb der Geh. Rath v. Goethe 1811 in seiner Autobiografie. 1811 geriet Österreich in den Staatsbankrott, der Schneider von Ulm stürzte mit seinem Flugapparat in die Donau und die Franzosen wurden von den Briten aus Portugal rausgeschmissen. Fürst Hardenberg ruinierte die preußischen Zünfte. Es gab also genug Zweifel an ungebremstem Wachstum, als der Geh. Rath das resumierte.

Wir wollen uns heute mit zwei klassischen Blasen und ihren Auswirkungen beschäftigen: Dem Platzen der Dotcomblase im März 2000 und der des Investmentbankings 2008/09.

Die Etablierung des Internets und des Mobiltelefons sowie die Entwicklung von Handheld-Computern führten zu einer Aufbruchstimmung im Bereich digitaler Technologie. Daher kam es ab 1995 zu einer Vielzahl von„Startups“ und durch das große Anlegerinteresse vermehrt zu Börsengängen. Vielen Anlegern wurde eingepaukt, daß die in diesen Märkten operierenden Unternehmen „Zukunftsunternehmen“ seien, und wollten über einen Aktienkauf an vermeintlich wartenden Gewinnen teilhaben. Zudem führte insbesondere in Deutschland der von Manfred Krug begleitete Börsengang der Deutschen Telekom zu einer stark gestiegenen Popularität des Investmentobjektes Aktie. Ab Mitte 1999 vervielfachte sich innerhalb weniger Monate die Börsenbewertung zahlreicher Unternehmen durch eine deutlich erhöhte Nachfrage der vormals am Aktienmarkt nicht aktiven Neuanleger. Fast alle Medien trommelten, an der Börse wurde der „NEMAX“ etabliert, der Neue Markt. Es herrschte ein naiver Fortschrittsglauben wie nach der Mondlandung im Juli 1969. Eine noch nie dagewesene Zeit sei angebrochen, ungeheure Tore in die Zukunft stünden weit offen, die Gesetze der Schwerkraft würden nicht mehr gelten, Bilanzregeln seinen Zeugs aus der Steinzeit. Man glaubte zeitweise, daß eine Firma umso erfolgreicher, desto mehr Geld sie verbrenne. Ich kaufte ein paar Telekomaktien und veräußerte sie fürs Zehnfache. Dummerweise kaufte ich eine Tranche nach, wobei ich den zweiten Einsatz fast komplett verlor.

Kaum war die Dotkomblase im Technologiebereich geplatzt blies sich das Investmentbanking im Finanzbereich auf. Es handelte sich um Vermögensverwaltung aller Art, wobei die erzielten Erträge sich schnell von den Fundamentaldaten der Wirtschaft entkoppelten. Die Deutschen blickten verduzt auf Wachstumsraten in Amerika und im UK, die verblüfften. Kaum jemand ahnte, daß da nur Vermögensblasen hinterlegt waren. Zum Schluß wurden wertlose Subprimekredite an deutsche Landesbanken vertickt, die dann Pleite gingen oder in Schieflage gerieten. Der Bankensektor hatte in den Nullerjahren für die Boni seiner Zaubermeister Gewinne kunstvoll „vorgezogen“, die noch garnicht entstanden waren. Da folgten nach 2009 auf die sieben fetten die sieben mageren Jahre.

Warum dieser Rekurs? Wir befinden uns am Ursprung der AI-Blase. Ich will die Bedeutung der künstlichen Intelligenz keinesfalls runterschreiben. Aber man muß mit den Füßen auf dem Boden der Bilanzen bleiben. In dieser frühen Phase des Hypes bin ich übrigens auch mit etwa zehn Positionen dabei. Vor ein paar Tagen konnte ich mich über einen unverhofften Kursexzess von Broadcom freuen. Aber jetzt noch bei einem KGV von fast 200 bei NVIDIA einzusteigen, da fehlt mir das Zockergen. Wir haben ja gerade bei TESLA – das sicher ein gutes Unternehmen ist – gesehen, daß ein börsianisches Ferkelrennen wegen übertriebenen Hoffnungen in die Zukunft nichts bringt.

Selbst die Zukunft war früher besser, sagen die Pessimisten Greta und Luisa, die KI-Jünger investieren fleißig, obwohl der Weltuntergang auf den 21. Juni terminiert wurde. So fragil ist das Stimmungsgefüge in der besten aller Berliner Republiken. Die Oligarchen, die den ganzen Klimaschwindel finanzieren, investieren weiter, als würden die Tore der Hölle nicht sperrangelweit offenstehen, als wurde das gute Korn des Klimaglaubens nicht bald von der bösen Spreu der AfD getrennt werden.

Falls der Weltuntergang ausfällt, sollte man ein waches Auge darauf haben, wo in den Charts Kerzen entstehen und sich rechtzeitig vom Acker machen.

Zweitens ist es nie verkehrt, einen guten Teil seines Investments in Sicherheitsaktien zu halten. Ich habe mal die Langzeitcharts (seit 2000) der Deutschen Telekom und der Deutschen Bank mit Procter & Gamble verglichen. Die Deutsche Telekom ist seit dem März 2000 von 90 auf 21 gefallen, die Deutsche Bank auch vom Höchststand 90 auf 9,6, während Procter & Gamble von 60 im März 2000 (auch eine kleine Kerze) auf inzwischen 133 € geklettert ist. Nichts gegen Telekom und Deutsche Bank, aber man darf wirklich nicht im Hype einkaufen gehen.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst:

Im Gedränge hier auf Erden
Kann nicht jeder, was er will;
Was nicht ist, es kann noch werden,
Hüte dich und bleibe still.

(Geh. Rath v. Goethe)