Grüne verlieren bei den Jungwählern

Die Linksparteien wollen unbedingt ein Wahlalter von 16. Aber gerade jetzt verlieren sie die junge Generation. Sowohl in Bayern wie in Hessen hatten die Grünen bei den letzten Landtagswahlen reichlich Boden verloren und landeten in der jüngsten Alterkohorte nur noch bei 15 %. Auch die SPD punktete nur unterdurchschnittlich. Die AfD hat aufgeholt und landete hinter den Unionsparteien auf dem zweiten Platz.

Der Fall Loretta wirft ein grelles Licht auf die kafkaesken Umstände, die allerdings schon lange herrschen. Ein zunehmend repressiver und rechthaberischer Staatsapparat schränkt die Bürgerrechte ein, sei es bei Kórona oder danach. In den Schulen herrscht wieder eine Gesinnungsdiktatur, die Leutchen werden gedrängt zu lügen. Ich kennen das noch aus der Russenzeit, auch damals hat man sich jegliche Frage oder Meinung verkniffen, einerseits um sich selbst, andererseits die Lehrer und Eltern nicht in Schwierigkeiten zu bringen.

Auch vor 50 Jahren mußte man zu irgendwelchen Staatsanlässen demonstrieren gehen. Kórona mit seinen Stubenarresten war die Light-Variante von Stacheldraht. In der Russenzeit ließ die Partei wenigstens noch Jugendtanz zu, daß man mal andere Leute treffen konnte und sich mal abschleppen lassen. Mädchen trauen sich heute im Dunkeln in manchen Gegenden kaum noch auf die Gasse.

In den Schulen übernehmen schwer bewaffnete Herrenmenschen und hysterische Weiber aus fremden Kulturen das Kommando, was den Besuch dieser staatlichen Zwangseinrichtungen minder attraktiv macht.

Alle diese Umstände – Kórona mit Ausgangsbeschränkungen, Verasselung der Schulen, mindere Sicherheit im öffentlichen Raum, Diskriminierungserfahrungen – prägen die jüngere Gesellschaft.

Wenn man die Literatur um 1900 zu Rate zieht, so erkennt man, daß die traditionelle Spaltung der Jugend in Hauptschulabgänger und Gymnasiasten/Studenten nichts Neues ist. Das kann man in „Unterm Rad“ von Hermann Hesse nachlesen, aber auch in vielen anderen Romanen.

August Bebel hatte auf manche Dinge einen klaren Blick: „Deutschland ist das klassische Land, das diese Überproduktion an Intelligenz, welche die bürgerliche Welt nicht zu verwerten weiß, auf großer Stufenleiter schafft.“ Das traf damals auf eine ganze Alterskohorte von Reformisten zu, die etwa 1885 bis 1910 geboren wurden. Hitler war einer von ihnen.

1905 hatte Adolf die Realschule abgebrochen. Er war offensichtlich kein Einzelfall. Nach der Jahrhundertwende häuften sich die Schulabbrüche in der Literatur: „Freund Hein“ von Emil Strauss (1901), „Traumstunde“ von Rainer Maria Rilke (1902), „Frühlings Erwachen“ von Frank Wedekind (1906), „Der junge Törless“ von Robert Musil (1906), „Unterm Rad“ von Hermann Hesse (1906) und „Mao“ von Friedrich Huch (1907). In Künstlerkreisen war es augenscheinlich angesagt, die Schule zu schmeißen, Thomas und Heinrich Mann, Gerhard Hauptmann, Carl von Ossietzky und Hermann Hesse gehörten zu den prominenten Abbrechern. Dahinter mag sich auch der durchaus logische Gedanke der Schüler verborgen haben, daß man in einer Welt des sublimierten Gefühls, wie es von der Jugendbewegung seit Friedrich Nietzsche verfochten worden war, eingepaukte Schulbildung nicht mehr benötigte. Was sollten Physik und Mathematik in einer Welt, in der die Naturwissenschaft verteufelt wurde? Reichte es nicht, sich seinen Ambitionen hinzugeben und sein edles Leben auf den Altärchen der Kunst und der Natur zu opfern?

Ganz Kind des fin de siécle ließ sich Hitler in Wien treiben. Herr seiner eigenen Zeit stand er erst gegen Mittag auf, schlenderte durch Gärten, Parks und Museen, besuchte Büchereien und sehr oft die Oper. Allein „Tristan und Isolde“ soll er dreißig bis vierzig Mal gesehen haben. Er entwarf Theaterbauten, Schlösser, Ausstellungshallen, selbst Abriß und Neubau der Hofburg beschäftigten ihn ernsthaft, ohne daß er ein Gefühl für die Realitätsferne dieser Planung entwickelt hätte. Neben Reformplänen für den Schulbetrieb entwarf er im Vorübergehn auch den deutschen Idealstaat und arbeitete an der Oper „Wieland der Schmied“ weiter, die Richard Wagner hatte fallenlassen. Auch die Rechtschreibung war vor dem jungen Lebensreformer nicht mehr sicher, ganz im Zeitgeist schrieb er statt Theater „Teater“ und statt Idee „Iede“. Alles nachzulesen bei J. Fest: Hitler, Ullstein 2003, S. 86.

Dieser Typus des bohémesken Schulabbrechers steht jetzt wieder hoch im Kurs. Ich brauche nicht anmerken wo und wer, meine Leser wissen das. An den Gymnasien herrscht immer noch der hohe Ton der amtlich verordneten Überzeugungen, die Lehrlinge landen dagegen früh auf dem harten Boden der Realitäten.

Inzwischen klopft die reale Tristesse auch in höheren Bildungseinrichtungen an die Pforten der Idealwelt. Loretta ist ein Exempel, wenn auch ein recht fortgeschrittenes. Selbst in der Lehrerschaft gärt es. In der Einrichtung kuschen sie vor dem autoritären Brötchengeber, zu Hause lassen sie den Dampf ab. Es ist wieder wie früher. Es waren ja nie alle Lehrer Kommunisten oder Nazis.

Ein weiterer Umstand kommt hinzu: Don Alphonso berichtet gerne über seine pubertären Widersetzlichkeiten gegen das CSU-Regime der 80er. Er berührt da das Thema des jugendlichen Aufbäumens gegen Autoritäten und den Drang sich illegale Freiräume zu erobern. Da ist die vielgeschmähte blaue Partei genau der passende Resonanzboden. Mit jeder Hetzarie der zeitgemäßen Reichsschrittumskammern wird sie attraktiver. Oft hat man den Eindruck, das Neue Deutschland oder der „Schwarze Kanal“ wären einen Tick zurückhaltender gewesen.

Karl-Eduard behauptete nicht, daß ausländische Staatsmänner sackdoof, feige und verklemmt seien, daß sie ein schlimm nach Döner riechendes Gelöt hätten, welches sogar einen Schweinefurz in seinem Geruch übertreffe. Er behauptete nicht, daß Schmidt oder Kohl Ziegenficker gewesen wären. Selbst der Staatsfeind Nummer 1 – Wolf Biermann – wurde nicht als Faschist betitelt. Die Medienmacher waren nicht ganz so in der Gosse gelandet.

Angesichts asozialer Aussetzer der herrschenden Feudalschicht wird es immer attraktiver gegen die Zustände zu bocken.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Man muß jung sein, um große Dinge zu tun.“ (Geh. Rath v. Goethe zu seinem Eckermann am 11.03.1828)

Beitragsbild: B. Zeller aus ZZ. Heute: Alle Autos mit HH sichergestellt.