Was ist eigentlich aus Zypern geworden?

Am äußersten Rand von Europa gibt es ein kleines Inselchen, welches durch den Haarschnitt privater Bankkonten im März 2013 Schlagzeilen gemacht hat. Inzwischen ist fast ein Jahr vergangen. Wie hat sich die Wirtschaft Zyperns seitdem erholt?

Die letzten Zahlen liegen von November 2013 im Vergleich zum November 2012 vor. Es ist zu folgenden Veränderungen gekommen:
Nahrungsmittelindustrie – 7,6 %
Bergbau -30,4 %
Textil- und Lederindustrie – 10,0 %
Holz- und Möbelindustrie -50,3 %
Papier- und Druckindustrie – 16,8 %
Chemie und Pharmazeutik -9,1 %
Touristikeinnahmen -5,8 %
Einzelhandel – 7,1 %
Baugenehmigungen -30,3 %
Das Bruttoinlandsprodukt sank um 5,3 %.
Die Handelsbilanz wies 2013 ein Defizit von 3,233 Mrd. € aus.

Das bankenlastige Geschäftsmodell der Insel wurde im vergangenen Jahr kritisiert. Als Konsequenz sollten die Landwirtschaft, die Industrie und der Fremdenverkehr als realwirtschaftliche Gegengewichte entwickelt werden.

Es scheint wie in Griechenland das Gegenteil zu passieren. Die ohnehin sehr gering entwickelte Industrie geht auf schnelle Talfahrt, während sich der Fremdenverkehr über die ganze Saison stabilisieren konnte.  Die Industrie ist in Zypern ein Mikroorganismus (9 % des BIP). Auch der Tourismus trägt nur etwa 9 % zum BIP bei.

Die staatlichen Dienstleistungen blieben in der Krise weitgehend erhalten. Die Privatisierungen kommen wie in Griechenland nicht voran. Die Staatsbetriebe stammen als solche überwiegend noch aus der Kolonialzeit, ihre Beschäftigten sind in der kommunistischen Gewerkschaft wohlorganisiert und unkündbar. In der Politik haben sie eine starke Lobby.

Die Banken kämpfen mit wachsenden Kreditausfällen: Bis 50 % der Kredite sollen notleidend sein. Das ist im Bruttoinlandsprodukt nicht hinreichend abgebildet.

Für die Bank of Cyprus gab es aktuell neuen Ärger: Sie war in der Ukraine stark engagiert und hat dieses „Geschäft“ mit immerhin 42 Filialen veräußert. Beim Verkauf hat die Bank unter dem Strich etwa 77 Mio € Buchwert verloren.
Die Bank kommunizierte den Verkauf so: „Der Verkauf fällt unter die Strategie der Fokussierung auf Kerngeschäfte und -märkte und der Entsorgung von Operationen, die als Nicht-Kern angesehen werden und wird in einem schnelleren Tempo als im Umstrukturierungsplan vorgesehen, umgesetzt werden. Die Gruppe machte damit ein gutes Geschäft, um Schulden abzubauen und die Risiken ihrer Bilanz und künftige mögliche Risiken im Zusammenhang mit seiner ukrainischen Investitionen, vor allem angesichts des vorherrschenden politischen und wirtschaftlichen Umfelds in der Ukraine zu beseitigen.“

Man kann alles schönreden und schönschreiben. Der Verkauf erfolgte allerdings noch in einer „guten“ Zeit vor dem finalen Kollaps der Ukraine.

Wenn Rußland demnächst durch sinkende Weltmarktpreise für Gas ins Straucheln kommt, werden die zyprischen Banken wieder mit dabei sein.

Das Trio aus Weltbank, EU und EZB jubiliert über die Erfolge der zyprischen Konsolidierung und erwartet 2015 wieder Wachstum. Nehmen die auch Wetten an, daß es 2015 keine ausgeglichene Leistungsbilanz in Zypern geben wird?