Die Zweiklassengesellschaft der Steueroasen

Seit vielen Jahren wüten Peer Steinbrück und der nordrhein-westfälische Finanzminister Walter-Borjans gegen die Schweiz. Mit Kavallerie hatte der Problem-Peer dem kleinen Nachbarland gedroht. Auch Liechtensteinische Stiftungen waren schon im Focus deutscher Steuerfahnder. Auf die Caiman-Inseln, nach Singapur und Zypern reicht der Arm der deutschen Sozialdemokraten noch nicht oder nur begrenzt. Und auch nicht nach Frankfurt.

Nicht das Universitätsdörfchen an der Oder ist gemeint, sondern die Bankenmetropole am Main. Dort residiert die Europäische Zentralbank (EZB) in einer Steueroase. Nur daß dort nicht der Würstchenmacher Hoeneß steuerpflichtig ist, sondern auch hochrangige Sozialdemokraten und Sozialisten.

Beamte der EU sind seit 1968 von nationalen Einkommenssteuern befreit. Stattdessen unterliegen ihre Bezüge einer speziellen niedrigen EU-Steuer, die abhängig von der Vergütung zwischen 8 und 45 Prozent beträgt. 45 % erst bei extrem hohen Gehältern. Es ist egal, ob sie in Brüssel, Luxemburg, Straßburg oder Frankfurt herumherrschen, immer befinden sie sich in einer Steueroase.

Die Gehaltsbibel der EU umfaßt 238 Seiten. Bei 2.654,17 Euro monatlich geht die Gehaltstabelle los und endet bei 18 370 Euro. Nicht umsonst wird behauptet, daß 4.000 EU-Mitarbeiter mehr verdienen, als die Bundeskanzlerin. Das Gehalt bekommt man für 45 Tage Urlaub, dazu kommen 9 Büroschließtage, zum Beispiel zwischen Weihnachten und Neujahr. Für die An- und Abreise nach Brüssel oder Frankfurt bekommt ein griechischer oder portugiesischer Beamter entfernungsbedingt 4 Tage frei. Für Leute, die außerhalb ihres Heimatlandes arbeiten und leben, sogenannte Expats gibt es auf den Lohn 16 % Zulage, weiterhin gibt es saftige Familien- und Kinderzuschläge. Der Familienzuschlag bewegt sich zwischen 200 und 517 €, das Kindergeld beträgt für jedes Kind 330 €. Für jede Überstunde gibt es 1,5 Stunden Extra-Freizeit. Selbstverständlich braucht man Reisekosten nicht zu bezahlen. Man fährt Erster Klasse umsonst ohne diesen Sachbezug zu versteuern, während jeder Fleischergeselle einen während der Arbeit verzehrten Wurstzipfel versteuern muß. Wie man leicht erkennen kann ist es das Wohlleben in einer EU-Faultierfarm, welches nur sehr schwach besteuert wird.  Die Beamtengewerkschaft der EU und die Beamtenvertretung FEPE wachen eifersüchtig über die Privilegien.

Nicht nur, daß der Steuertarif der EU-Beamten deutlich niedriger ist, als die Abgaben der Lohn- und Einkommenssteuer in Deutschland, die üppigen Zulagen sind ganz steuerfrei. So entsteht in Frankfurt im EZB-Turm gerade eine neue Steueroase, die weitaus attraktiver ist, als die Schweiz. Sie ist nämlich legal. Kein sozialdemokratischer Neidhammel geht da ran.

Zu den Begünstigten gehören nämlich viele Parteigänger der Sozialdemokraten und Sozialisten. Bis vor kurzem kamen die Privilegien beispielweise dem sozialdemokratischen Finanz-Deregulierer Jörg Asmussen zugute, der im Direktorium der EZB tätig war, nachdem er als Aufsichtsrat der Kreditanstalt für Wiederaufbau total versagt hatte. Weitere Sozialdemokraten und Sozialisten aus der ersten Reihe der EZB mit Steuerprivileg sind Ewald Nowotny (Österreich) und Vítor Constâncio (Portugal).

Neben Sozialisten kassieren natürlich auch die anderen politischen Richtungen. Aber die Sozialdemokraten sind immer auf der Suche nach Gerechtigkeitslücken und Steuerparadiesen. Hallo Herr Steinbrück, ich habe so ein Paradies für EU-Vögel gefunden! Wo ist Ihre Kavallerie? Reiten wir geschwind nach Frankfurt?