Wenn Petrus die Wut bekommt

Im Stromnetz muss zu jedem Zeitpunkt so viel Energie erzeugt werden, wie gleichzeitig verbraucht wird. Der tägliche Energieverbrauch ist auf Grund langjähriger Erfahrungen relativ sicher zu prognostizieren, der Energieertrag von Windrädern und Photovoltaikteppichen weniger genau. Es kommt an manchen Tagen, wenn das Wetter launisch ist, zu größeren Abweichungen zwischen Prognose und Ist.

Dann müssen sehr kurzfristig Schattenkraftwerke einspringen, um Spitzenlast zu erzeugen. Im gleichen Umfang, in dem Energie aus Wind und Sonne erzeugt wird, steigt diese notwendige Regelleistung aus konventionellen Kraftwerken. Diese Kraftwerke müssen in der Lage sein, sehr schnell zu reagieren. Sie können nicht stundenlang hochgefahren werden, sondern müssen im Minutentakt anspringen und wieder vom Netz genommen werden. Kohle- und Holzkraftwerke sind ungeeignet, weil sie Anfahrzeiten von 2 Stunden und mehr haben. Auch die sehr wirtschaftlichen Erdgaskraftwerke mit Dampfturbinen reagieren zu langsam.

Es verbleiben Gasturbinenkraftwerke. Sie können pro Minute 20 % Leistungsänderung verkraften, haben jedoch den Nachteil, daß der Wirkungsgrad wegen häufigem Teillastbetrieb besonders schlecht ist. Weitere schnell zuschaltbare Kraftwerke für die Spitzenlast sind Laufwasserkraftwerke und Pumpspeicherwerke.

Fred Mueller hat auf der Internetseite EIKE einen Eintrag über die Wetterprognosen zur Wind- und Sonnenenergie gepostet. Sie sind entscheidend für die Vorbereitung der Energiewirtschaft auf den jeweiligen Tag. Kraftwerke werden anhand der Prognosen in Betrieb gesetzt oder abgeschaltet. Er schreibt, daß der Prognosefehler für das Windstromaufkommen des 30.11.2014 bereits bis zur Mittagszeit bis zu 1.250 MW betrug. „Während laut Prognose in der Mittagszeit eine Solarleistung von rund 5.600 MW zu erwarten war, speisten die Solarpaneele um die Mittagszeit leidglich 1.760 MW ein.…. Zwar fiel das Maximum des Prognosefehlers zeitlich nicht mit dem der Windenergie zusammen, so dass im Endeffekt nicht noch mehr Kraftwerke zugeschaltet werden mussten, doch hätte es der Wettergott an diesem Tag ohne weiteres auch in der Hand gehabt, beide Defizite gleichzeitig auftreten zu lassen.“ Ein Fehlbetrag von 1.250 aus Wind bzw. 3.840 MW aus Sonne ist keine Kleinigkeit. Das ist die Leistung von vier Großkraftwerken.

Es macht keinen Spaß sich mit Megawattzahlen zu belesen. Um das wachsende Mißverhältnis zwischen Spitzenlastkraftwerken und der installierten Leistung der Erneuerbaren zu illustrieren ist es schon mal nötig: Nach der Kraftwerksliste der Bundesnetzagentur gab es Ende 2013 folgende installierte Leistungen der Spitzenlastkraftwerke:
Laufwasser 3.951 MW
Pumpspeicherwerke 9.240 MW
Gaskraftwerke 28.218 MW

Von diesen Gaskraftwerken ist aber nur ein Teil spitzenlastgeeignet, nämlich die bereits erwähnten Gasturbinenkraftwerke.

Dagegen bringt die Windkraft eine installierte Leistung von 33.963 MW auf die Beine und Photovoltaik 36.337 MW. Die installierte Leistung der Erneuerbaren war also schon Ende 2013 deutlich höher, als die der Spitzenlastkraftwerke. Man muß auch bedenken, daß Laufwasser in einer längeren Trockenperiode einmal ausfallen kann. Und daß Pumpspeicheroberbecken nicht permanent gefüllt sind. Und daß in der Liste der Spitzenlastkraftwerke bereits Kraftwerke aus Österreich, der Schweiz und Luxemburg mitgerechnet wurden.

Besonders alarmierend ist der Umstand, daß die Erneuerbaren ungebremst expandieren, während die Spitzenlastkraftwerke nur marginale Leistungszuwächse verzeichneten. Die Leistung der Windmühlen nahm in zwei Jahren um 18,1 % zu, die der Photovoltaikteppiche um 42,9 %. Dagegen nahm die Leistung der Laufwasserkraftwerke im gleichen Zeitraum um 2,3 % zu, die der Pumpspeicherwerke um 0 % und die der Gaskraftwerke um 4,2 %.

Es ist deutlich abzusehen, daß der Flatterstrom der Erneuerbaren in einigen Jahren nicht mehr kontrollierbar und beherrschbar ist, weil die konventionellen Kraftwerkskapazitäten und die Leitungsnetze im Ausbau nicht mitwachsen und Schritt halten.

Von Mitte November bis Mitte Februar ist die Gefahr eines Blackouts nicht so groß, weil die Erträge der Photovoltaik wirklich marginal sind und den Netzbetrieb kaum stören können. Kritische Monate sind März bis April und September bis Oktober mit gutem Windertrag und einem mittleren Solarertrag. Hier können sich durch meteorologische Zufälle größere Schwankungen aufbauen, die mit dem vorhandenen Kraftwerkspark nur schwer oder nicht mehr zu glätten sind, insbesondere wenn sich Schwankungen von Sonneneinstrahlung und Wind ungünstig überlagern.

Das Bundesumweltministerium hat bereits reagiert. Die Prognose- und Istwerte, die bei der Strombörse bisher veröffentlicht wurden, wurden vom Netz genommen und hinter eine Bezahlschranke gelegt. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks geht offensichtlich davon aus, daß schon nichts passiert, wenn niemand etwas weiß. In der christlichen Kultur wird – eher augenzwinkernd – der Apostel Petrus als Wettermacher angesehen. Wenn der angesichts der Tricks von Frau Hendricks mal die Wut bekommt, gehen in Deutschland wegen zu wenig Spitzenlastkraftwerken die Lichter aus.