Die polnische Jugend wählte rechts

Bereits kurz nach der Schließung der polnischen Wahllokale lagen Analysen vor. Und da zeigen sich einige Überraschungen.

Die polnische Jugend wählte stramm gegen die EU und Angela Merkel, was eine Folge der übermütigen Angriffe der Bundeskanzlerin auf Polen in der Energie-, in der Familien- und in der Asylpolitik ist. Von den Schülern und Studenten haben ganze 4 % die Linksfront aus Kommunisten, Grünen und Antiklerikalen gewählt, und nur 16 % die bisherigen europahörigen Regierungsparteien Bürgerplattform und Bauernpartei. 24 % haben dagegen den Wahlgewinner Recht und Gerechtigkeit gewählt, 21 % die libertäre KORWiN und 20 % die systemkritische Liste des Musikers Paweł Kukiz. 7 % haben die stramm marktwirtschaftliche „Moderne“ gewählt. Die Moderne kann man mit der FDP so vergleichen: Ironman gegen Warmduscher.

Zu Kukiz und KORWiN sind für den deutschen Leser Erklärungen erforderlich. Paweł Kukiz kann die Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare sowie den Mord an Kindern im Mutterleib nicht leiden. Er ist Befürworter der Mehrheitswahl, da er sich davon mehr Bürgernähe und weniger Parteiengeschiebe verspricht. Er forderte die Verteidigung der polnischen Kohle gegen die von der EU vorangetriebene Klimapolitik. Schuld an diesem CO2-Wahn ist nach seinen Worten Deutschland. Der bisher regierenden Bürgerplattform warf er vor, „Statthalter Angela Merkels in Polen“ zu sein.

Die Liste KORWiN (Koalicja Odnowy Rzeczypospolitej Wolność i Nadzieja – Koalition der Erneuerung der Republik Freiheit und Hoffnung) ist die polnische Teaparty: Abschaffung der Einkommens- und Lohnsteuer, Reduzierung der Umsatzsteuer von 23 auf 15 % und der Staat soll sich auf Armee, Polizei und Justiz beschränken. Selbst die Gurtpflicht im Auto ist dem etwas exzentrischen Parteivorsitzenden Janusz Korwin-Mikke ein Greuel, so wie jede andere staatliche Vorschrift auch. Um gegen einen einheitlichen europäischen Fahrschein für öffentliche Verkehrsmittel zu protestieren hob er den Arm zum Hitlergruß und rief „Ein Reich, ein Volk, ein Ticket!“. So ein beherztes Eintreten gegen den Vereinheitlichungswahn kommt bei der polnischen Jugend offensichtlich sehr gut an.

Nimmt man das Alter 18 bis 29 Jahre in den Focus, sieht es nur wenig anders aus. Die jungen Erwerbstätigen unterscheiden sich in ihrem Verhalten kaum von Schülern und Studenten. Das sieht in Deutschland ganz anders aus.

Von den Arbeitern bekam die Linke 6 %, die zukünftige konservative Regierungspartei erhielt 45,5 %. Ein respektables Ergebnis haben hier nur noch die bisher regierende Bürgerplattform mit 17 % und die systemkritische Kukiz-Liste mit gut 13 % erzielt.

Die bisherige europahörige Regierungspartei Bürgerplattform liegt nur bei Geschäftsinhabern und leitenden Angestellten mit 29 % ganz knapp vorne. Bei allen anderen Gruppen ist sie sang- und klanglos untergegangen.

Einen Lichtblick hat es für das in hohem Bogen aus dem Sejm geflogene Linksbündnis, welches seit der letzten Wahl mehr als 10 % verloren hat, doch noch gegeben. Bei den Rentnern (11%) und bei Staatsbediensteten (8 %) liegt sie über der 8-%-Sperrklausel. In Anspielung auf die polnische Nationalhymne kann man das so in Worte fassen: Noch ist die Linke nicht verloren, solange die Rentner leben. Der Parteivorsitzende Leszek Miller kleidete seinen Frust in ein typisch polnisches Gleichnis: Ein Sejm ohne die Linke ist wie ein Linkshänder ohne linke Hand.