Mißverständnisse und Fettnäpfchen

“Flüchtlinge sind hier willkommen” haben die grünen Jungfrauen auf dem Saalfelder Bahnhof geträllert, als ein Asylantenzug einfuhr. Das ist Einschleimerei. So etwas macht man in Arabien nicht. Es ist halt kein Zufall, daß unser arabischer Vorzeige-Integrierter Bushido in seinem stimmungsvollen Liedchen „Stress ohne Grund“ das grüne Fräulein Roth wie einen Golfplatz durchlöchern will. In fehlerfreiem Deutsch übrigens.

In Arabien zählt Autorität, die sich durch eine gerade Haltung und ein korrektes Outfit manifestiert. Nachlässige Kleidung signalisiert dagegen Mangel an Wohlstand und Bildung. Bushido beispielsweise ist in seinem Video exakt rasiert, mit Markengewändern angetan und bemängelt ausdrücklich den „Dresscode“ einer im zwangsfinanzierten Staatsfernsehen auftretenden weiblichen Person aus Marzahn.

Bei der Begrüßung ist darauf zu achten, daß sich die Männer zuerst die Hand schütteln. Und zwar nicht mit dem Schraubstock, wie in Deutschland üblich. Frauen warten dahinter, ob sie von ihren Männern vorgestellt werden. Man gibt ihnen in der Regel nicht die Hand. Durch Nichtbeachtung zeigt man Frauen seine Achtung und Wertschätzung. Julia Klöckner (CDU) beklagte sich kürzlich über einen verweigerten Handschlag eines Imams. Sie hat da etwas mißverstanden. Entweder der Imam zeigt ihr seine Hochachtung oder er mißbiligt, daß sie Weinkönigin war. Wenn der Islam zu Deutschland gehört ist das Werben für Alkohol nämlich problematisch.

Natürlich gibt es säkulare und städtische Kreise, wo das alles nicht so streng genommen wird und wo man sich an europäische Gepflogenheiten angepaßt hat. In den Asyllagern wird oft ordentlich gebechert.

Überhaupt gibt es keinen wirklich einheitlichen arabischen Kulturraum. Von Marokko bis zu den Golfstaaten spannt sich ein breites Kontinuum von Dialekten, Traditionen und Verhaltensweisen. Trotzdem gibt es einige Grundregeln, die mit Abwandlungen funktionieren.

Wie in Polen spricht man sich in Arabien mit dem Vornamen an, setzt aber ein „Herr“ davor, wenn man einen Fremden anspricht. Die Begrüßung „as-salamu alaykum“ und die Antwort „waalaykum as-salam“ ist selten verkehrt. Begrüßungen und Floskeln, in denen man Allah erwähnt, sind für Ungläubige eher unpassend. Man wünscht sich halt gegenseitig Frieden.

Entgegen europäischen Vorurteilen ist die Frau nicht unrein. Kürzlich wurden im Messe-Asyllager der Landeshauptstadt Erfurt bei der Essenausgabe Frauen durch Männer ersetzt. Da ist der Koran im rotrotgrünen Thüringen sicher etwas strenger ausgelegt worden, als im Islamischen Staat oder bei den frommen Wahhabiten. Frauen sind den Männern nur nachgeordnet, weil sie zu bestimmten Anlässen nicht beten, nicht fasten dürfen und den Koran nicht berühren dürfen.

Was vor dem Essen unbedingt erforderlich ist: Händewaschen. Egal ob man mit religiösen oder säkularen Arabern umgeht: Mit ungewaschenen Fingern berührt man keine Speisen.  Die linke Hand gilt gemeinhin beim Essen als nicht so chic, ich habe aber oft beobachtet, daß ungeniert mit beiden Händen gegessen wird. Nicht nur von Landwirten und Tagelöhnern, sondern auch von gebildeten Ständen.

Wenn ein Araber zu bestimmten runden Stunden plötzlich zu singen anfängt hört man kein Volkslied, sondern er rezitiert den Koran. Man sollte nicht stören und damit rechnen, daß er sich bei der nächsten Gelegenheit zum Gebet zurückzieht. Ein Gebet dauert nach meiner Beobachtung etwa 10 Minuten. Dazu gehört ein Gebetsteppich, Frauen werfen sich noch einen grauen Gebetsmantel über.

In Deutschland wird das Kopftuch- oder Burkatragen als Zeichen von inbrünstiger Frömmigkeit gewertet. Gerade profiliert sich Julia Klöckner (CDU) wieder an diesem fruchtlosen Thema. Zwischen Kopftuch und Religiosität gibt es keinen zwingenden Zusammenhang. Frauen mit offen getragenen Haaren können sehr fromm sein, Frauen mit Kopftuch sehr weltlich. Es gibt Frauen mit Kopftuch, die sich auf der Straße herausfordernder benehmen als die Kurtisanen. Ich fragte einen älteren Araber, wie das zusammengeht. Er klärte mich auf, daß diese jungen Damen das Tuch nur tragen würden, um von ihren Brüdern nicht vermöbelt zu werden.

Wenn man Araber kennenlernt, gehört es zum guten Ton sich die ersten zwei Tage über die Familien auszutauschen. Dazu braucht es ein gutes Gedächtnis und volle Aufmerksamkeit, denn die Familien sind sehr groß. Einhundert bis 400 Familienmitglieder sind die Regel. Nach meiner Beobachtung endet der engere Familienzusammenhang oft mit dem Urgroßvater. Wenn der zehn Kinder hatte, diese wieder je 10 Kinder, und diese je drei Kinder so ist man bei 300 Personen angelangt. Der Älteste bzw. Erfolgreichste aus der Großvatergeneration ist oft der Clanchef, an den man sich wendet bzw. der die Verbindung zu staatlichen Stellen und zur arabischen Justiz pflegt.

Es ist unüblich, den Chef nicht als ersten zu begrüßen oder ihn nicht bevorzugt anzusprechen. Das bedeutet, daß man erkennen sollte wer der Chef ist.  Und man muß auch selbst ein Chef sein, um ein arabisches Oberhaupt anzusprechen. Wenn man von sich selbst berichtet, hat man natürlich mit vielen Kindern und Verwandten gute Chancen auf Anerkennung. Auch abwertende Äußerungen über das Rauchen und den Genuß von Alkohol kommen gut an. Eine Exkursion in die deutsche und allgemeine Geschichte ist dagegen nicht sinnvoll. Gottlob gibt es ja die unverfänglichen Familiengeschichten. Auch über Landwirtschaft, Schlepper, Mähmaschinen, Schafszucht, Unfälle mit Schleppern usw. kann man sich anregend unterhalten.

Schwarze Hunde, Schweine, Schweinefleisch, Alkohol und alle Produkte aus Blut sind mehr oder weniger tabu. Freundschaft stößt da geschwind an ihre Grenzen.

Angeberei gehört durchaus zum guten Ton. Wer daran Zweifel hat schaue sich das Stress-ohne-Grund-Video von Bushido noch einmal genau an. Der Mercedes wird aus allen Perspektiven gezeigt und die „pralle“ Kreditkarte ausdrücklich erwähnt. Wer etwas hat, zeigt das auch. Bitte keine falsche Bescheidenheit. Vielleicht ist das ähnlich wie bei den Calvinisten geregelt: Wen Allah auserwählt hat, der hat eben was er hat.

Also noch einmal kurz auf den Punkt gebracht: Ahnungslose grüne Jungfrauen schädigen das deutsche Ansehen in Arabien.  Achtung genießt dagegen, wer ein taffes Auftreten und viele Kinder hat.