Orbán droht der Volkspartei mit der Spaltung

Die ungarische Regierungspartei Fidesz war am Donnerstag einen Zentimeter vor dem Austritt aus der Europäischen Volkspartei (EVP), weil die Mehrheit der Parteifamilie „uns betrogen“ hatte – so Premierminister Viktor Orbán in der Sendung von Kossuth Radio „Jó reggelt, Magyarország“ (Guten Morgen, Ungarland), nachdem das Europäische Parlament (EP) am Vortag in Straßburg eine Entschließung zur Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und Polen angenommen hatte.

Der Regierungschef und Präsident der Fidesz, kündigte die Mitgliedschaft nicht einfach, weil die Franzosen, Spanier und Italiener „klar bei uns“ waren und in der Debatte für Ungarn eingetreten sind.

Eine Regierungspartei gehöre zu einer Parteifamilie in Europa, damit sie Verbündete hat, wenn ihr Land Schutz und Unterstützung benötigt. „Aber wenn unsere Verbündeten uns verraten – wie die meisten Leute in der Volkspartei uns gestern verraten haben – dann haben wir dort nichts zu suchen“, erklärte er. Die Tatsache, daß drei ernsthafte Länder, die Franzosen, die Spanier und die Italiener, das für richtig halten, was die Ungarn machen, gibt jedoch Anlass zur Hoffnung auf eine Änderung der EVP, sagte Viktor Orbán. „Geringer werdende, aber immer noch bestehende Hoffnung. Ansonsten wären wir heute Morgen keine Mitglieder der EVP mehr gewesen “, sagte er.

Er sagte, er würde sich mit dem österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz treffen, mit der CDU-Chefin (AKK) und Bundeskanzlerin Angela Merkel treffen und würde auch gerne mit Donald Tusk sprechen und dann „eine Entscheidung treffen“. Er betonte, „das kann nicht so bleiben“: Wenn sich die EVP nicht für Ungarn einsetzt, „müssen wir eine neue christdemokratische Bewegung in Europa starten“ und „Verbündete suchen“.

Er sei auch nicht überrascht über die Abstimmung in Straßburg, daß die Mehrheit der einwanderungsfördernden Fraktionen des Europaparlaments – Sozialisten, Liberale, Grüne -, zu denen auch die ungarische Opposition gehöre, gegen Ungarn stimme, weil sie die ungarische Haltung gegen die Einwanderung haßten.

Er erklärte auch, daß das Soros-Netzwerk im Europapqrlament und in der europäischen Politik sehr aktiv sei. „Hinter solchen Aktionen steckt eindeutig ein Soros-Netzwerk“, sagte er. George Soros, der weltweit führende Oligarch, „der seine politischen Aktivitäten verwaltet und die europäische Politik durch ein mafiaähnliches Netzwerk beeinflusst.“

„Während dieses Netzwerk ein gemischtes, neues Europa will, will Ungarn auf die demografischen Herausforderungen nicht mit Migranten, sondern mit ungarischen Kindern reagieren.“

Er sagte über die neue österreichische Regierung, daß vor einem halben Jahr das rechte Kabinett von einem Geheimdienst „wegbombardiert“ worden sei. Er ist jedoch der Ansicht, dass es die Zukunft für die mitteleuropäischen Christdemokraten sei, auf christlicher Basis mit den Rechtsparteien zusammenzuarbeiten. Österreich war in dieser Hinsicht die „erste Schwalbe“, fügte er hinzu.

Nach den Ereignissen in Österreich sei eine „andere erste Schwalbe“ gekommen, eine Koalition von Mitte-Rechts- und Grünen, die signalisiere, daß die Zusammensetzung der österreichischen Regierung die beiden großen Herausforderungen der Welt, Migration und Klimawandel, widerspiegele.

Aus ungarischer Sicht sagte der Ministerpräsident einerseits, daß sich hinsichtlich der Einwanderung nichts ändern werde, die Österreicher seien weiterhin gegen die Einwanderung und sie würden den Grenzschutz nachdrücklich befürworten. Zum anderen betonte er, daß der österreichische Bundeskanzler auf der Seite größerer Wettbewerbsfähigkeit besteht, was der Position der V4 entspreche.

Die schlechte Nachricht sei jedoch, daß die Österreicher entschieden gegen Kernkraft sind und alle Kernkraftentscheidungen angreifen, die nicht nur die Ungarn in Paks, sondern auch die Tschechen getroffen haben.

Soweit die Erörterung von Orbán. Eine Spaltung der EVP im Europaparlament steht gegebenenfalls bevor. Zumindest droht Orbán damit. Der ungarntreue Block würde zwischen 40 und 50 Abgeordnete haben, die Rest-EVP etwa 130 bis 140 Abgeordnete. Dadurch würden die Sozialisten mit rund 150 Abgeordneten wieder zur stärksten Fraktion im Europaparlament.  Zur Bildung einer neuen Fraktion sind mindestens 25 Abgeordnete aus sieben Mitgliedsstaaten erforderlich. Das dürfte für die Fidesz und ihren Fanklub keine Hürde sein.

Noch ein Wort zur deutschen CDU: Es hat zwar niemand gegen die Verurteilung von Polen und Ungarn gestimmt, die Abgeordneten aus Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Berlin haben sich allerdings wenigstens enthalten. Mecklenburg hat keinen Vertreter in Brüssel und der brandenburgische CDU-Abgeordnete Dr. Ehler hat Ungarn und Polen verraten. Er ist allerdings ein Wessi, was seinen menschenverachtenden Haß auf den Osten erklärt.

Durch die Bildung der schwarzgrünen Regierung in Wien ist ein recht alter internationaler Konflikt um die richtige Energiepolitik angeheizt worden. Nicht nur in die ungarische und tschechische, sondern auch in die slowakische, slowenische und kroatische Energiepolitik hatte sich Wien in der Vergangenheit derb eingemischt. Gegen die Vielzahl von Feinden wird sich Österreich vermutlich nicht durchsetzen können, zumal Polen notgedrungen auch über die Errichtung von Kernkraftwerken nachdenkt. In vielen Belangen sind sich die ehemaligen habsburger Kronländer einig, energiepolitisch leider überhaupt nicht. Es geht letztlich um den Strompreis für den Endkunden. Wer im Osten an der Strompreisschraube dreht, ist weg vom Fenster.

Hier das ganze Interview: