Die Vorteile des Kanzlerwechsels vor der EU-Ratspräsidentschaft

Einige völlig losgelöste Mitflieger im Berliner Raumschiff meinen, daß man vor der EU-Präsidentschaft den Kanzler nicht wechseln dürfe, um nicht alles durcheinanderzubringen. Die deutsche EU-Präsidentschaft im zweiten Halbjahr ist jedoch gerade ein Grund für den schnellen Wechsel. Denn Merkel hat sich an allen Fronten festgekämpft, sitzt im Schützenloch, was nicht zuletzt an ihrer pathologischen Sturheit liegt. Eigentlich ist nur noch Luxemburg ein verläßlicher deutscher Verbündeter.

Die Liste der Streitthemen mit Frankreich ist lang: In einigen Punkten ist Deutschland gut beraten nicht allen französischen Wünschen nachzukommen, es gibt jedoch zahlreiche Felder, wo Macron schlicht recht hat, und wo ein Einlenken überfällig ist. Ich greife nur mal drei heraus. Im Libyen-Konflikt steht Frankreich auf der richtigen und Deutschland auf der falschen Seite. Deutschland unterstützt aus Nibelungentreue zur Türkei die Moslembrüder. Mit dem Türkeideal von 2015 hat sich Merkel in die Hand des Sultans begeben und kommt aus der selbst gebauten Zwickmühle nicht mehr raus. Wenn Deutschland türkische Wünsche nicht erfüllt, droht Erdogan mit einer Welle von Invasoren, die er nach Deutschland schickt.

Frankreich hat mit den islamischen Brüdern im eigenen Land große Probleme. Sollte sich Tripolis zum Stützpunkt dieser frommen Gemeinschaft entwickeln, hätte zunächst Frankreich ein größeres Problem als Deutschland. Deutschland sollte einfach fix die Front wechseln und gemeinsam mt den moderaten Araberstaaten, Amerika, Rußland und Frankreich General Haftar unterstützen. Statt Geld an die Türkei zu überweisen sollten die Euronen für den Grenzschutz an Kroatien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien fließen.

Präsident Macron hat Vorschäge für eine europäische Verteidigung unterbreitet. Sicher ist die NATO noch eine längere Weile unverzichtbar, mittel- oder langfristig ist die französische Denkweise als Option sehr vernünftig. Deutschland muß als ersten Schritt die Verteidigungsausgaben spürbar erhöhen, um für irgendwelche möglichen Verbündeten überhaupt ein ernstzunehmender Partner zu werden. Deshalb muß Dr. Merkel sofort entsorgt werden. Sonst wird im Haushalt für 2021 wieder nichts stehen, was an die 2 % heranreicht.

Energiepolitisch hat Frankreich von Deutschland gelernt. Noch zu Beginn seiner Amtszeit spielte Präsident Macron mt dem Gedanken Kernkraftwerke stillzulegen. Angeregt durch das deutsche Beispiel hat sich Macron von dieser irren Morgenthau-Idee wieder entfernt. Deutschland muß endlich das Gestänkere gegen die Kraftwerke der Nachbarländer einstellen. Dazu muß Merkel abgelöst werden, zumal sie mit den kernkraftfeindlichen grünen Steinzeitkommunisten immer geliebäugelt hat.

Das zweite deutsche Minenfeld, welches unbedingt zu beräumen ist, ist das in den Ex-Habsburg-Ländern. Sowohl die V4 als auch Österreich und Kroatien erwarten ein Ende der Moslemverteilungsdiskussionen. Ländern, die jahrhundertelang wie die Hunde unter dem Islam gelitten haben oder in permanente teure und verlustreiche Grenzkriege verwickelt waren, kann man die Moslems nicht als friedliche Mitbürger aufdrängeln. Die Diskussion über die Kopplung von EU-Fördergeldern an die Aufnahme von ausweislosen Invasoren wird nur aufhören, wenn Dr. Merkel in Brüssel nicht mehr aufkreuzt.

Die zweite Jahreshälfte entscheidet auch darüber, ob eine Wiederannäherung zwischen der EU und Großbritannien noch möglich ist. Die bisherige Merkelsche Politik lief darauf hinaus die Premiers Cameron und May maximal zu demütigen, was in den Brexit geführt hat. Das deutsche Interesse an einem Handelsabkommen mit Großbritannien ist größer als das britische, was schlicht daran liegt, daß die deutschen Ausfuhren auf die Insel doppelt so groß sind, wie in die Gegenrichtung. Wenn Dr. Merkel durch einen flexibleren Kanzler ersetzt würde, würde das deutschen Handelsinteressen entgegenkommen, falls der vertragslose Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU-Freihandelszone überhaupt noch zu vermeiden ist.

Deutschland hat es versäumt mit der EU und darüber hinaus einen rechtzeitigen Deal hinsichtlich der Gasleitung Nordstream 2 zu machen. Selbst wenn diese Leitung fertiggestellt wird, wird sie ein Zankapfel bleiben. Nach wie vor mit Brüssel umstritten sind die Entflechtung der Eigentumsverhältnisse, der Netzzugang Dritter, nicht-diskriminierende Tarife und Transparenzanforderungen. Deutschland hatte sich gegen die Ausweitung der Binnenmarktregeln gestellt, da sie die Wirtschaftlichkeit des Pipelineprojekts gefährden, das sich bereits seit 2018 im Bau befindet. Die Projektgesellschaft geht derweil mit juristischen Mitteln gegen die EU-Richtlinie zu Gasleitungen vor. So hat das Unternehmen im Juli 2019 eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gericht eingereicht. Parallel dazu hat die Nord Stream 2 AG im September 2019 ein internationales Schiedsgericht angerufen. Auch um diese Kuh endlich vom Eis zu bringen, wäre ein Kanzlerwechsel hilfreich, denn Merkel hat noch nie zugegeben auch nur eine Kleinigkeit falsch angefaßt zu haben.

Was die Kosten der europaweiten Abschaltung der Kohlekraftwerke betrifft: Da ist der Haushalt der EU schlicht überfordert. Das einzusehen braucht eine gewisse mathematische Kompetenz in den Grundrechenarten, die Dr. Merkel erwiesenermaßen ebensowenig hat, wie elementare Fähigkeiten im Satzbau. Auch hier wäre ein Nachfolger, der ein Gefühl für Größenordnungen hat, die bessere Wahl.

Hinsichtlich des Green Deals drohen bei den EU-Haushaltsverhandlungen im zweiten Halbjahr riesige Konflikte. Zum einen ist die Landwirtschaft Süd- und Osteuropas nicht so weit, auf Öko umgestellt werden zu können. Es fehlt dafür schlicht der Markt und es fehlt das Geld für Investitionen. Mein Nachbar Gábor betreibt eine kleine romantische Biofarm, aber zu zwei Dritteln arbeitet er bei seinem Schwager, der  konventionellen Feldbau betreibt. Da wird das Geld verdient. Wenn die deutsche Ratspräsidentschaft an der bestehenden Förderkulisse zu viel ändern will, bringt sie den Süden, den Osten, den ganzen Balkan und die deutschen Landwirte gegen sich auf. Alle sind schon bereit auf die Kommission ein paar Schritte zuzugehen, das hat jedoch seine Grenzen. Auch hier wäre ein toleranterer Kanzler Gold wert, um Öl auf die bewegten Wogen zu schütten.

Apropos Balkan: Die Berliner Kommunisten hatten vor 89 den flotten Spruch: „Der Balkan fängt in Erfurt an.“ Da scheint was dran zu sein.