Coronahilfen sind die Strafe für Billigkäufe

Herbert Marcuse beklagte 1964, daß die Leute die Dinge nicht von mehreren Seiten betrachten würden, sondern eindimensional durch die Brille des Konsumismus. Und daß sie so manipuliert würden. „Der eindimensionale Mensch“, hieß das Büchlein, in dem er diesen Gedanken auseinanderlegte. Ein arabischer Student hatte es 1972 nach seiner Ausweisung aus Hamburg heimlich nach Weimar geschmuggelt. Er schimpfte in der thüringischen Kulturstadt oft über schlechte Einkaufsbedingungen: Daß es keine Eierfrüchte gab, kein Schafsfleisch, kein Olivenöl. Ich hatte die Gelegenheit im eng bedruckten roten Heftchen zu lesen und legte es schnell wieder weg. Im ausländisch besetzten Reich der Thüringer hatte man 1973 andere Probleme als den Konsumterror, unter dem Marcuse in Amerika litt.

Gestern ist mir wieder mal so ein eindimensionaler Mensch untergekommen. Der Billigheimer Frank Stocker in der WELT. „Eine weltweite Umfrage bei Unternehmen zeigt: Rund die Hälfte will als Konsequenz aus der Corona-Pandemie die Zulieferer austauschen. Nicht mehr nur die Kosten sind ausschlaggebend. Für Verbraucher bedeutet das allerdings steigende Preise.“

Das ist Angstmache, um die Leser doch noch für Globalismus zu begeistern. Sicher, durch Importe aus Ländern, die nur rudimentäre Sozialsysteme kennen, kann man als Kunde in der Kaufhalle oder bei Amazon Kostenvorteile erlangen. Manche Ökonomen erklären die trotz teuren Euro-Rettungsschirmen ausgebliebene Inflation des letzten Jahrzehnts mit den Billigimporten aus Fernost.

Ein deutsches oder europäisches Produkt hat einen Aufschlag von rund 40 % Sozialkosten, die Hälfte vom Arbeitnehmer, die andere vom Arbeitgeber. Und der Kunde hat seinen Nettolohn ja auch schon mal mit 40 % abgezogenen Sozialkosten überwiesen bekommen. Zusammen also 80 %. Einen Teil davon kann man sparen, wenn man ein Produkt von den Bangladeschi kauft. Denselben Effekt hat natürlich auch der Einkäufer einer Autofirma, wenn er aus möglichst unterentwickelten Unterentwicklungsländern zuliefern läßt.

Soweit hat Stocker in seinem Eintrag: „Das Ende der Globalisierung, wie wir sie kennen“ recht. Es sind im Laufe der letzten Jahrzehnte Milliarden oder Billionen Sozialkosten „gespart“ worden, und die Produkte werden ohne die Zulieferung aus archaischen Staaten zukünftig teurer werden. Aber das ist nur die rechte Tasche, aus der Waren bezahlt werden. Wir haben auch eine linke Tasche, in die man zum Steuerzahlen greift. Aus dieser linken Tasche werden wir jetzt die Kosten der Globalisierung zahlen, und zwar auch in Milliarden- und Billionendimension. Als Nachzahlung sozusagen.

Der eindimensionale Stocker – im Sinne von Marcuse ein Konsumist mit Schnäppchenjägermentalität – ist intellektuell nicht in der Lage, den Zusammenhang der akuten weltweiten Lieferschwierigkeiten mit den jetzt üppig fließenden Coronarettungsgeldern zu erkennen und journalistisch darzustellen. Sicher, die Hälfte dieser Coronahilfen ist pandemiebedingt und wäre bei einer weltweiten Seuche auch ohne internationale Handelsströme angefallen. Die andere Hälfte ist jedoch durch zerbrechliche Lieferkonstrukte und Pfennigfuchserei hausgemacht. Nicht zuletzt hat die Bundesregierung den Trend zur Globalisierung bewußt gefördert. Mit Kanzlerreisen, Fördermitteln, Bürgschaften und nicht zuletzt mit Vergraulungsmaßnahmen, teurer Bürokratie, Mindestlöhnen, künstlich in die Höhe katapultierten Energiepreisen und Technikphobie im Umweltbundesamt. Erst kürzlich berichtete die Lügenpresse, wie ein Hirnforscher von der extrem linksradikalen Medien- und Hochschulmafia aus Deutschland nach China vertrieben wurde. Warum haben deutsche Autobauer Entwicklungsabteilungen nach China verlagert? Warum?

Bei ganzheitlicher Betrachtung von linker und rechter Tasche wird auch ohne globale Lieferketten nichts teurer werden. Was man für den Konsum künftig mehr ausgeben wird, spart man dann an Rettungsgeldern beim Steuerbescheid. Wenn die Coronahilfen schlußgerechnet sein werden, wird in ganz Europa sicher eine „Vaterland first“- Mentalität herrschen. Aber wie dieses Europa dann aussehen wird, ist schon wieder ein weiterer Eintrag.

 

Grüße an die Verfassungsschützer!