Umsatzsteuerchaos in den Städten und Gemeinden

Die EU hat es ja nur gut gemeint. Sie wollte privaten Betreibern von Schwimmhallen, Sporthallen, Parkhäusern und Museen gleiche Wettbewerbsbedingungen wie kommunalen Einrichtungen verschaffen. Da war die Umsatzsteuer ein Ärgernis, weil zum Beispiel kommunale Sporthallen umsatzsteuerfrei an Vereine vermietet werden. Oder Anzeigen im Amtsblatt waren umsatzsteuerfrei, solche in der  Lügenpresse nicht. Damit soll zukünftig Schluß sein. Kommunale Leistungen sollen der Umsatzsteuer unterworfen werden, weil und wenn sie in Konkurrenz zu privaten Anbietern stehen. Nur hoheitliche Aufgaben bleiben umsatzsteuerfrei.

Nun ist die Abführung von Umsatzsteuer für Verwaltungen, die ein kameralistisches Buchaltungssytem aus dem 18. Jahrhundert haben, nicht einfach zu organisieren. In ganz verschiedenen Ämtern muß man die Buchhaltung oft wegen Kleinigkeiten wie dem Verkauf von Getränken bei einem Feuerwehrfest, dem Vertrieb von Honig in einem Heimatmuseum, der Ausgabe von Familienstammbüchern bei einer Hochzeit oder dem Verkauf von Duschmarken umkrempeln. Die Angestellten in den Kämmereien sind mit der Handhabung des Umsatzsteuergesetzes sehr ungeübt, denn es müssen ja nicht nur die Steuern pünktlich abgeführt, sondern auch rechtskonforme Rechnungen ausgestellt werden. Die Vorsteuer muß erfaßt und gezogen werden, oft anteilig.

Ein besonders fleißiges und eifriges Bienchen in einem Landkreis hat bereits begonnen die Gebührensatzungen zu ändern, teilweise auch völlig sinnlos, zum Beispiel für Gefahrenschauen der Feuerwehr und Rechnungsprüfungen bei Gemeinden. Seltsame Vorgänge entstehen wegen völliger Ahnungslosigkeit und Konfusion.

Die pfiffige Kämmerin des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hat einen Leitfaden erarbeitet, aus dem kritische Bereiche hervorgehen:

•Sponsoring

•werbefinanzierte Angebote (Amtsblatt, Broschüren, Stadtmobiliar)

•Parkraumbewirtschaftung

•Bauhof, Straßenmeisterei

•Interkommunale Zusammenarbeit

•Vermietung und Verpachtung in allen „Facetten“

•Website, Homepage, Anzeigen im Amtsblatt

•Gewährung von Zuschüssen an Vereine und Gesellschaften außerhalb der allg. Nebenbestimmungen der Haushaltsordnungen

•Personalgestellung an Dritte (Vereine, Zweckverbände, Kommunen)

•Leistungserbringung auf privatrechtlicher Grundlage

Was passiert, wenn für einzelne Leistungen eine Steuerpflicht festgestellt wird?

  1. Die eingenommenen Entgelteunterliegen der Umsatzsteuer, d. h. Umsatzsteueranteil (7 bzw. 19 %) ist an das Finanzamt abzuführen.
  2. Für die bezogenen Leistungenbesteht eine (anteilige) Vorsteuerabzugsberechtigung, d. h. die im Rahmen der Leistungsbeschaffung gezahlte Umsatzsteuer kann (anteilig) vom Finanzamt wiedergeholt werden, so dass der Haushalt nur mit den Nettokosten belastet wird.
  3. Sachverhalte sind bei der Haushaltsplanungzu berücksichtigen!
  4. Sachverhalte sind in der Buchführung zu berücksichtigen!
  5. Auswirkungen auf eine erhaltene Förderung prüfen!

Das heißt bei Förderanträgen ist der private Nutzungsteil herauszurechnen. Zum Beispiel bei einer Sporthalle mit Schul- und Vereinsbetrieb, desgleichen für ein Schwimmbad, eine Straße mit gebührenpflichtigen Parkplätzen am Rande usw. Viel Spaß!

Hier nur ein Beispiel wie die Buchführung für den Vorsteuerabzug nach § 22 UStG umgekrempelt werden muß, erforderlicher Aufbau der Kontierung:

•voller Vorsteuerabzug (100 %) 7 %

•voller Vorsteuerabzug (100 %) 19 %

•kein Vorsteuerabzug

•anteiliger Vorsteuerabzug mit Quote bei Mischnutzung hoheitlich und privat: x % 7 %

•anteiliger Vorsteuerabzug mit Quote bei Mischnutzung hoheitlich und privat: x % 19 %

Gemessen an den abzuführenden und zu vereinnahmenden Steuern entsteht ein extrem unverhältnismäßiger Aufwand in den Kämmereien. Erste Finanzer schreien bereits nach mehr Personal, Steuerberater freuen sich auf neue Kunden. Für den Steuerzahler wird der Spaß teuer.

 

Grüße an den V-Schutz: Wenn man etwas teuer und umständlich machen kann, ist Brüssel immer vorne dran.