Heimarbeit ist für die meisten Leute eine Notlösung

Heimarbeit hatte immer einen schlechten Ruf. Das waren Löffelschnitzer und Spielwarenbastler, die in der Regel im Akkord arbeiteten. Meine Großmutter nähte zu Hause Mäntel für eine jüdische Konfektionsfirma und es gab bei den Abnahmen fast regelmäßig Streitereien um behauptete Qualitätsmängel. Wer es irgendwie einrichten konnte ging lieber in die Fabrik, wo man kein Nachunternehmerrisiko trug.

Ein frühes auf das Jahr 1883 zu datierendes Beispiel des in der Kreativwirtschaft gescheiterten Homeoffice skizzierte Wilhelm Busch in der Story über den verhinderten Dichter Balduin Bählamm:

Jetzt steht er still und ruft: »Aha!«
Denn schon ist ein Gedanke da.
Schnell tritt Frau Bählamm in die Tür,
Sie hält in Händen ein Papier.
Sie ruft: »Geliebter Balduin!
Du mußt wohl mal den Beutel ziehn.
Siehst du die Rechnung breit und lang?
Der Schuster wartet auf dem Gang.«
Besonders tief und voll Empörung
Fühlt man die pekuniäre Störung.
’s ist abgetan. – Das Haupt gesenkt,
Steht er schon wieder da und denkt.
Begeistert blickt er in die Höh:
»Willkommen, herrliche Idee!«
Auf springt die Tür. – An Bein und Arm
Geräuschvoll hängt der Kinderschwarm.

Das Schaffen zuhaus ist in der Regel kein Zuckerlecken. Die zwangsfinanzierte Tagesschau dreht den Spieß um. Angeblich sehnen sich viele Werktätige nach Heimarbeit:

Wegen der Pandemie arbeiten viele Beschäftige im Homeoffice, doch auch nach der Corona-Krise soll das möglich sein. Dafür will Arbeitsminister Hubertus Heil ein Gesetz zum Recht auf das Arbeiten von zu Hause umsetzen. „Ich arbeite an einem neuen Gesetz für ein Recht auf Homeoffice, das ich bis Herbst vorlegen werde“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Jeder, der möchte und bei dem es der Arbeitsplatz zulässt, soll im Homeoffice arbeiten können – auch wenn die Corona-Pandemie wieder vorbei ist.“

Wie ein Privileg oder eine Gnade wird das angepriesen, was in Wirklichkeit für die meisten Leute eine Notlösung war und ist. Auch für den Arbeitgeber ist Heimarbeit zwiespältig: Routinearbeiten können ausgelagert und verakkordiert werden und die Arbeitnehmer müssen ein festes Soll abliefern. Bei anderen Tätigkeiten steigt jedoch das Risiko von Koordinationsmängeln, Kontrolldefiziten und Minderleistung.

Yahoo-Chefin Marissa Mayer rief ihre Mitarbeiter nach ihrer Machtübernahme 2013 schnellstmöglich wieder aus der Heimarbeit zurück ins Büro. Was Yahoo bräuchte, wäre ein Biotop für Kreativität. Ein inspirierendes Umfeld, ein fröhliches Miteinander, ein reger Gedankenaustauch und spielerischer Wettbewerb ließen Ideen geradezu sprudeln, so ihre Meinung. Allein in Heimarbeit gäbe es solche Bedingungen nicht.

Das Thema ist komplexer, als man das im zwangsfinanzierten NGO-Fernsehen wahrhaben will. Für welche journalistische Minderleistung – vermutlich nicht in Heimarbeit erbracht – man alles Steuern zahlt!

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Arbeit ist die Religion des Sozialismus“ (Friedrich Ebert 1918)