Ein Gasboykott zum jetzigen Zeitpunkt ist sinnlos

Im WK I war es derart was von egal, welche Umsätze im verbliebenen Außenhandel mit Österreich gemacht wurden, weil rücksichtslos Geld gedruckt wurde. Deutschland und seine Verbündeten mußte mit eigener Kohle, eigenem Stahl und eigenen Kartoffeln zurechtkommen.

Innerhalb der Entente wurden vor allem für Waffenlieferungen Schulden gemacht, die hinterher nie abgetragen wurden. Hauptgläubiger waren die Vereinigten Staaten (USA) und das Vereinigte Königreich, das seinerseits einen Großteil des verliehenen Geldes bei der US-amerikanischen Bundesregierung aufgenommen hatte. Insgesamt beliefen sie sich auf eine zu verzinsende Kapitalsumme von etwa 26,5 Milliarden US-Dollar, das heißt 5,5 Milliarden Pfund Sterling.

Die Sowjetregierung weigerte sich, die Schulden der vom Zarenreich aufgenommenen Kredite zu bedienen. Die europäischen Siegermächte wollten nur zahlen, wenn sie mindestens die gleiche Summe vom Deutschen Reich als Reparationen einnahmen. Diesen Standpunkt hatte der britische Lord President of the Council Arthur Balfour am 1. August 1922 in einer Note an die Schuldnerstaaten Großbritanniens deutlich gemacht: Demnach wolle die Regierung seiner Majestät nur so viel an Reparationen von Deutschland und Kriegsschulden von seinen ehemaligen Verbündeten einfordern, wie zur Bedienung ihrer eigenen Kriegsschulden bei den Vereinigten Staaten nötig sei. Erst nachdem Deutschland mit dem Dawesplan 1924 begonnen hatte, regelmäßig Reparationen an die europäischen Siegermächte zu zahlen, begannen diese, ihre interalliierten Kriegsschulden zu bedienen. Insgesamt erhielten die USA unter dem Titel der interalliierten Kriegsschulden knapp 2,7 Milliarden US-Dollar zurück, das entspricht 12,25 % der geforderten Summe.

Der amerikanische Senat hatte die Ratifikation des Versailler Vertrags am 19. März 1920 abgelehnt. Daher erhoben die USA keine Reparationsforderungen gegen das Deutsche Reich und lehnten lange jede Verknüpfung von Reparationen und interalliierten Kriegsschulden ab. Am 20. Juni 1931 schlug der amerikanische Präsident Herbert Hoover ein Moratorium vor: Um in der Weltwirtschaftskrise das Vertrauen der Kapitalmärkte wiederherzustellen, sollten sowohl der Schuldendienst der Reparationen als auch der interalliierten Kriegsschulden für ein Jahr aufgeschoben werden. Etwas mehr als ein Jahr später wurden auf der Konferenz von Lausanne die Reparationsverpflichtungen des zahlungsunfähigen Deutschen Reichs bis auf eine Restsumme von drei Milliarden Reichsmark als Schlusszahlung gestrichen, die nie eingefordert wurde. Daraufhin verweigerten Großbritannien, Frankreich und die anderen interalliierten Kriegsschuldner den Schuldendienst. Seitdem befinden sie sich in Verzug.

Im WK II konnten die meisten Staaten keine Schulden in Amerika aufnehmen, weil sie besetzt waren. Lediglich Großbritannien hatte sich 4,3 Milliarden Dollar von der US-Regierung geliehen und 1,2 Milliarden Dollar von Kanada. Die Zinsen betrugen jeweils nur zwei Prozent. Dennoch bezahlte das Land über die Jahre hinweg nominal nahezu doppelt so viel zurück, wie es ursprünglich geliehen hatte: Bis 2006 erhielten die Regierung in Washington 7,5 Milliarden und Kanada zwei Milliarden Dollar. Man muß hinzufügen: Die Inflation im betrachteten Zeitraum betrug im Schnitt etwa 5 %, in der Spitze 14 %. Die Vereinigten Staaten machten deshalb wieder mal ein schlechtes Geschäft.

Deutschland mußte im WK II wie im Ersten auch mit den eigenen Ressourcen und denen der besetzten Gebiete zurechtkommen.

Insofern fragt man sich, was Rußland denn für die Weiterführug des Ukrainekriegs eigentlich fehlt. Stahl? Kohle? Erdöl? Gas? Nickel? Kartoffeln? Was wirklich fehlt – irgendwelche Technologie aus dem Westen – kann Rußland sich über China, Kasachstan, Aserbaidshan, Uzbekistan usw. besorgen. Dafür braucht es auch nicht die Brüsseler Eurolira, die derzeit noch fließen. Für den inneren Bedarf kann Putin Rubel rollen lassen, für Auslandsgeschäfte hat er genug Rücklagen und er liefert ja auch weiter lustig Gas und andere Commodities nach China und Indien. Der Kurs des Rubel hat schon wieder den Vorkriegsstand erreicht, der Goldpreis ist stabil, so daß man davon ausgehen kann, daß Putin noch nicht begonnen hat Gold zu verkaufen.

Die Fehler der deutschen Energiepolitik – eine zu große und unnötige Auslandsabhängigkeit und damit verbunden eine sehr großzügige finanzielle Stützung des russischen Staatshaushalts – sind langfristig gemacht worden, mindestens seit Fukushima. Die Uhr kann man nicht zurückdrehen, das Geld ist verausgabt und vereinnahmt. Man kann die Energieversorgung eines 80-Millionenvolks auch nicht in einem Jahr umbauen. Die Umstellung von Kohle auf Öl und Gas hat in beiden Teilen Deutschlands mehr als ein Jahrzehnt benötigt. Die Rolle rückwärts in der DDR genauso lange. Die Stillegung der Kernkraftwerke dauert auch schon ein gutes Jahrzehnt an. Windmühlen werden schon gut zehn Jahre errichtet, Photovoltaikanlagen zwanzig Jahre.

Man muß sich auch vergegenwärtigen, daß ein großer Teil der schwer angeschlagenen DDR-Industrie die zweite Umstellung von Kohle auf Gas und Öl in den 90ern nicht mehr durchgestanden hat, zumal gleichzeitig enorme Abfindungs- und Modernisierungskosten zu schultern waren.

Die Eiferer, die nun kurzfristig aus dem Russengas und -öl aussteigen wollen, müssen mal konkret erklären

a) welchen Schaden Rußland dadurch kurz- und mittelfristig erleiden soll und wie das die Kriegführung erschweren würde

b) wie sie die Energieversorgung von Aurubis, BASF und Herrn Mustermann in einer fernbeheizten Wohnung ohne Schornstein sichern wollen.

Sehr erstaunlich auch, daß solche Vorschläge des plötzlichen Gasverzichts ausgerechnet aus der CDU kommen – heute von Stefan Berger von der Europäischen Volkspartei, gestern von Philipp Amthor aus Meck-Pomm. Schämen sich die Herren denn überhaupt nicht, die „alternativlose“ Energiepolitik mitgetragen zu haben? Der hirnlosen Medienhure und willenlosen Marionette der NGOs Dr. M. hinterhergelaufen zu sein, teilweise mit fliegenden Fahnen? Ich würde mich in die hinterste Ecke verkrümeln, um ewiges Vergessen beten und den Mund halten.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst:

Wer allzeit hinterm Ofen sitzt,
Grillen fängt und Hölzlein spitzt
und fremde Länder nie beschaut,
der bleibt ein Narr in seiner Haut

 

Beitragsbild von Bernd Zeller aus ZZ. Heute: Annalena will Putin durch eine Frau ersetzen