Die Türkei vermutet in Skandinavien Terroristen

Der Magyar Hirlap berichtete heute über den Stand der Verhandlungen zur Aufnahme Schwedens und Finnlands in die NATO. Die Zeitung zeigte etwas deutlicher, als die vermutlich zensierte deutsche Presse auf, woran es noch hakt:

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock forderte die Türkei und Ungarn am Donnerstag auf, Schweden und Finnland den Weg in die Nato zu ebnen.

Auf dem Nato-Gipfel in Madrid versprachen sowohl Ankara als auch Budapest, den beiden skandinavischen Ländern den Beitritt zu ermöglichen. „Und genau das sollte jetzt getan werden“, sagte der deutsche Außenminister nach einem Treffen mit Tobias Billström, dem Chef der schwedischen Diplomatie, in Berlin.

Baerbock betonte: Deutschland habe die Beitrittsanträge als eines der ersten ratifiziert und ermutige andere immer wieder dazu. 28 der 30 NATO-Mitglieder haben die Verträge bereits unterzeichnet. Der deutsche Außenminister wies darauf hin, dass es im Interesse der Sicherheit des gesamten Blocks wichtig sei, daß die Ratifizierung noch vor Ende des Jahres erfolgt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich am vergangenen Dienstag in Ankara mit dem neuen schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson getroffen, bei den Gesprächen wurde jedoch kein Durchbruch erzielt. Ende November werden die schwedische, die finnische und die türkische Seite erneut Gespräche in Stockholm führen. Die Türkei wirft Helsinki und Stockholm vor, die syrische Kurdenmiliz namens Volksverteidigungseinheiten (YPG) zu unterstützen. Ankara betrachtet die YPG als Marionette der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und als Terrororganisation. Eine der Forderungen von Erdogan ist, daß Schweden und Finnland mutmaßliche Terroristen auf ihrem Territorium ausliefern. Billström betonte, Schweden arbeite „gewissenhaft daran, schnell und reibungslos der NATO beizutreten“. Der Besuch von Kristersson in Ankara zeige, so der Außenminister, daß „noch viel Raum für einen Dialog ist“, der auf höchster Ebene fortgesetzt werden solle. Er fügte hinzu, daß er in naher Zukunft in die türkische Hauptstadt reisen werde.

Über die Gründe für die ungarische Pomadigkeit kann man natürlich spekulieren. Möglich, daß man die Hohe Pforte nicht verärgern will. Zwischen der Türkei und Ungarn gibt es ja nicht nur die Gemeinsamkeit, daß ö und ü reichlich vorkommen. Möglich auch, daß man sich Zeit läßt, weil die EU sich bei der Freigabe von Fördergeldern auch nicht gerade sputet. PB geht sicher davon aus, daß Budapest zustimmt, wenn Ankara unterschreibt.

Was die Kooperation mit den Turkstaaten betrifft, berichtet der Hirlap:

Der Premierminister kündigte an, daß die Staats- und Regierungschefs der türkischen Staaten ihr jährliches Gipfeltreffen in Samarkand, Usbekistan, abhalten würden. Es gebe etwas zu besprechen: Krieg, Sanktionen, Weltwirtschaftskrise, allgemeine Unsicherheit in Usbekistan und Europa, fügte er hinzu.

Viktor Orbán erinnerte daran, daß er mit einer 60-köpfigen Wirtschaftsdelegation angereist sei, weil er am Donnerstag bilaterale Verhandlungen mit dem usbekischen Präsidenten und seiner Regierung über Geschäftsmöglichkeiten geführt hätte. Man käme der Tatsache nahe, daß OTP in Kürze den Kauf einer usbekischen Großbank bekannt geben könnte, und auch Ankündigungen der Pharmaindustrie über den Beginn von Investitionen in eine dort zu errichtende Produktionsbasis würden erwartet. Vereinbarungen zu Fragen der Wasserwirtschaft, der Lebensmittelindustrie und der Kernenergie würden ebenfalls geführt. Orbán kündigte an: Wir werden am Donnerstagabend mit den türkischen Staats- und Regierungschefs über das Thema Sanktionen und Krieg diskutieren. Im Laufe des Tages führte Viktor Orbán bilaterale Gespräche mit Kaschim-Zomart Tokayev, dem Präsidenten von Kasachstan, und dann mit dem kirgisischen Präsidenten Sadir Zhaparov in Samarkand, sagte Bertalan Havasi, der Pressechef des Premierministers, gegenüber MTI.

Die Teilnahme Ungarns am Turktreffen überrascht nicht, war Orbán doch immer auch zu den Nomadentreffen der asiatischen Reitervölker aufgebrochen.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst:

Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker auf einander schlagen.

(Geh. Rath v. Goethe)

 

Name und Auslandsadresse des Fotografen sind der Redaktion bekannt.