BMI deckt Operettenrevolution auf

Der geplante Reichsbürgerputsch, angeblich auch aus der queren Ecke unterstützt, hat allenfalls Unterhaltungswert. Als Operrettenlibretto. Ich hatte 2016 bereits einen Eintrag über die Szene, die es tatsächlich gibt, geschrieben:

Auf meiner Ranch bin ich König

Die Reichsbürger reagieren auf die erodierende Legitimität des Staates. Seine eigentlichen Aufgaben – Verteidigung nach außen und innen sowie die Rechtspflege – nimmt er seit Jahrzehnten nicht mehr ordentlich wahr. Da liegt der biedermeierliche Rückzug ins Private auf der Hand. Er betrifft nicht nur die Reichsbürgerszene, sondern breite Schichten der Gesellschaft. Die Nichtwähler, die GEZ-Verweigerer, ein guter Teil der Hartzer, die Punker, die Antifa, die Gothen und Emos, die ethnischen Parallelgesellschaften. Viele basteln an ihrer eigenen kleinen Welt. Daß dieser Rückzug nun immer bizarrere Formen annimmt ist eine Spiegelung der verkorksten Politik der letzten Jahrzehnte, insbesondere der Minderheitenvergötzung. Auf ihrer kleinen Ranch wollen nun immer mehr Leute König sein.

Das 2016 eingebettete Video mit der skurrilen Krönung von Peter I. ist nicht mehr verfügbar, vermutlich hat das Umfeld der SPD es gelöscht. Angst vor der Monarchie? Kein Sinn für Humor?

Das Reichsbürgertum hat viele Ausdrucksformen, eine ist die Vorstellung des Fehlens einer politischen Führung. Statt dessen sei die Republik 1990 zu einer Finanz-GmbH mutiert.

Ohne Vorgeschichte ist das nicht erklärbar. Etwa hundert Jahre – unter ständig wechselnden Fahnen des Kaiserreichs, der Weimarer Republik, des Dritten Reichs, der DDR und der Bundesrepublik – wurde den Leuten eingeimpft, daß das Kapital bestimmt, was in Deutschland gemacht wird. Die Politik hätte nichts zu sagen, nur die Konzerne würden bestimmen, wo es langgeht. Für Politiker und Medien ist diese Art von Verschwörungstheorie sehr bequem. Man kann alle Verantwortung an die Wirtschaft wegschieben und immer mehr Macht anhäufen, weil Teile der Wähler glauben, daß die Politiker wie gefährdete Arten vor dem gewerblich-technischen Sektor geschützt werden müßten.

Wenn man sich das Personal in den DAX-Vorständen ansieht, kommen einem Zweifel am Einfluß der Wirtschaft auf die Politik. Schon seit Jahren lassen sich die Vorstände der beiden Energiekonzerne RWE und E.ON von den Medien und der Politik ihr solides Geschäftsmodell widerspruchslos ruinieren. Erst kamen die Kernkraftwerke unter die Räder, nun werden die restlichen Grundlastkraftwerke von Zeitungsfritzen und hörigen Politikern in Frage gestellt. Auch die Netzbetreiber werden nur gegängelt. Genauso wird der Versicherungssektor am Nasenring durch die Arena geschleift. Die Allianz – im wesentlichen ein Versicherungskonzern – wird durch die Niedrigzinspolitik und die politische Verpflichtung Staatsanleihen zu halten vorsätzlich geschädigt. Die Vorstände von den drei deutschen Autobauern sehen tatenlos zu, wie der deutsche Motorenbau als Kern der Wertschöpfung von grünen Spinnern diskreditiert und unter dem Vorwand von Feinstaub, einer Stickstoffverbindung und CO2 ruiniert wird. Bosch ist bereits mit in den Strudel der Softwareprobleme von VW geraten, andere Zulieferer werden folgen. Der Südzucker-Vorstand sieht der zuckerfeindlichen Hetze der Medien und von Frau Künast tatenlos zu.

Das Gespenst der Geheimen Weltregierung durch Großkonzerne geht um. Der Kabarettist Olaf Schubert zählt um diese Verschwörungstheorie durch den Kakao zu ziehen, auch die Firma Fliesen-Kießling zu den Mächtigen der Welt. Nur die Investmentbanker können sich die Macht mit den Politikern wirklich teilen, weil sie die Staatsschulden verwalten. Und die Medienkonzerne halten die Politiker regelrecht in der Furcht. Morgens schauen die Politiker ängstlich, wie sie am Vortag beurteilt worden sind.

Obwohl alle Fakten dagegen sprechen, wird das Märchen von der mächtigen Wirtschaft nach wie vor verbreitet und von Vielen auch geglaubt. Darunter auch von den Reichsbürgern. Sie behaupten, die Bundesrepublik gäbe es gar nicht und sie wäre wenn überhaupt eine GmbH, also letztlich ein Wirtschaftsunternehmen aus dem Finanzsektor. Hier ein Beispiel von der Seite „Wahrheiten.org“:

Die BRD – ein Unternehmen mit beschränkter Haftung?
Im Impressum der Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH steht folgendes:
Die „Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH“ ist ein Ende 2000 gegründetes Unternehmen des Bundes mit Sitz in Frankfurt/Main. Alleiniger Gesellschafter ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen.
Die „Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH“ ist bei ihren Geld- und Kapitalmarktgeschäften nur und ausschließlich im Namen und für Rechnung der Bundesrepublik Deutschland oder ihrer Sondervermögen tätig.

[…] Die „Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH“ ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt/Main unter der Nummer HRB 51411 eingetragen.
Ende 2000 soll die GmbH also gegründet worden sein? Schaut man sich den Handelsregisterauszug an, steht dort aber ein ganz anderes Datum, nämlich „Gesellschaftsvertrag vom 29.08.1990“. So ein Zufall, in genau diesem Jahr fand auch die „Wiedervereinigung“ statt.

So eine abseitige Verschwörungstheorie, die den Staat als Finanzagentur begreift, gedeiht nur auf dem Humus der Theorien von der bösen Wirtschaft und dem allmächtigen Monopolkapital. Die Stamokap-Einpeitscher vom linken Flügel der SPD und die Volksverblödungsministerin Honecker, vorher die Herren von der NSDAP und von den Wandervögeln haben jahrzehntelang Vorurteile gezüchtet, die in der Gegenwart seltsame Blüten treiben.

Im Programm der Linken heißt es „Der Kapitalismus von heute ist räumlich und zeitlich entgrenzt, er hat sich die ganze Welt untertan gemacht.“ Im SPD-Programm: „Die wirtschaftliche Macht konzentriert sich in global agierenden Unternehmen, Banken und Fonds.“

Das muß man mal mit den letzten Nachrichten abgleichen. VW und die Deutsche Bank werden in Amerika von staatlichen Institutionen wie Umweltbehörden und Gerichten gerade zur Schnecke gemacht. Wo konzentriert sich da wirtschaftliche Macht? Der Ausflug von Mercedes-Benz nach Amerika ist grandios gescheitert. Daimler-Crysler wurde rückabgewickelt. Der Internetriese Facebook muß sich in Deutschland gerade kleinlichen Zensurwünschen eines saarländischen Provinzlers unterwerfen. Die irische Regierung hatte Apple mit Steuerprivilegien auf die grüne Insel gelockt und nach Jahren will die EU die Zusagen der irischen Finanzverwaltung widerrufen. Haben die Kommunisten und Sozialdemokraten nicht eine total gestörte Wahrnehmung? Und die CDU? Wer zwang Frau Dr. M. die Großbanken zu retten? Da war Druck aus Washington und Paris dahinter.

Die Nachrichten zu VW, zur Deutschen Bank, zu Facebook und Apple belegen, daß internationale Großkonzerne von der Politik wie Wurfpuppen herumgeschleudert werden. Das hindert die Reichsbürger nicht an die Deutschland-Finanz-GmbH zu glauben.

Wenn der König von Deutschland (der sich von anderen angeblich rückwärtsgewandten Reichsbürgern ausdrücklich distanziert) auftritt wird es oft heiter. Eine Szene vor Gericht: „Sie heißen Peter Fitzek, Wohnhaft in Wittenberg? „Ich wohne am Petersplatz 1, im Königreich Deutschland“, antwortet Fitzek. „Und ich heiße nicht Fitzek.“ Er ist „Oberster Souverän“ in seinem Königreich Deutschland. Peter, der Erste.

Soweit mein Eintrag von 2016. Von sieben Putschen in Deutschland haben nur zwei funktioniert. Vier Umsturzversuche der Jugendbewegung wurden in der Weimarer Republik niedergeschlagen: Der Liebknecht-Putsch 1918/19, der sog. Kapp-Putsch 1920, der Hamburger Aufstand und der Umsturzversuch an der Feldherrnhalle 1923. Das Stauffenbergattentat scheiterte 1944 ebenfalls. Lediglich der Ulbricht-Putsch 1945 gelang, sowie der Putsch zu seiner Entmachtung 1971.  In beiden Fällen schoben aber übermächtige Ausländer die Akteure und die Kulissen. Die deutsche Historie bietet wenig Ermutigung für Umstürzler.

Kürzlich wurde eine Oma wegen irgendetwas nach Karlsruhe geflogen, jetzt soll ein alter Reußenprinz das Haupt einer gefährlichen Verschwörung sein. Nancy und ihre Medien machen aus Deutschland eine Operettenrepublik. Mit Leuten, die bis drei zählen können, hadert die Bundesregierung.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Donner und Doria!“ (Friedrich Schiller)