Kompetenz spart viel Ärger

16 Jahre bin ich Bügermeister gewesen. Da ist man etwa 50 % Hausmeister, hat also mit Bausachen zu tun, die andere Hälfte ist man dabei den Frieden unter den Nachbarn zu bewahren und braucht Kenntnisse des Nachbarrechts, des Wasserrechts, des Baurechts, der Psychologie und des BGB. Der Ingenieur, der Architekt und der Rechtsanwalt haben Vorteile, weil sie sich nicht lange einarbeiten müssen, weniger Beratung brauchen und im Notfall ihre Berater besser auswählen können.

Warum Ahnung bei der Auswahl von Ministern nicht erwünscht ist, ist mir unklar. Ein Kriegsminister, der einen mittleren Offiziersrang vorweisen kann, ein Wirtschaftsminster, der schon einmal oder mehrmals an verantwortlicher Stelle mit Erfolg ein Unternehmen geleitet hat, ein Landwirtschaftsminster, der gedüngt, gepflügt oder beim Abkalben geholfen hat ist doch nicht verkehrt an seinem Platz?

Ich habe mir mal die Kabinettslisten von Adenauer bis Scholz angesehen, insbesondere hinsichtlich der Ausbildung und beruflichen Erfahrung der Bundeswirtschaftsminister. Meine Recherche begann 1949 und zwar ohne die Ostzone. Die Kriterien für Ahnung habe ich nicht sehr streng gefaßt.

Hans Friederichs (FDP 1972 bis 1977)

Wolfgang Clement (SPD 2002 bis 2005)

Karl-Theoodor zu Guttenberg (CSU, 2009)

Philipp Rösler (FDP 2011 bis 2013)

Sigmar Gabriel (SPD 2013 bis 2017)

Brigitte Zypries (SPD 2017 bis 2018)

Peter Altmaier (CDU 2018 bis 2021)

und Robert Habeck (Grüne, seit 2021)

waren bzw. sind nicht vom Fach. Der letzte Wirtschaftsminister mit einer schwachen Verankerung in der Wirtschaft und einer passenden Ausbildung war Rainer Brüderle (2009 bis 2011). Es fällt auf, daß die Qualifikation der Bewerber im Laufe der Zeit immer geringer wurde, bis zum Kinderbuchautor.

Die Auswahl von Ministern wird im Bermudadreieck von drei Kriterien entschieden: Fachlicher Eignung, Vasallentreue sowie regionalem und geschlechtlichen Proporz. Bei drei erforderlichen passenden Kriterien wird es in der Regel eng, eines muß geopfert werden. Das ist zunehmend die Fachkompetenz. In den Kabinetten von Dr. M. kam hinzu, daß niemand schlauer sein durfte, als die unterbelichtete Chefin.

Das Problem ist nicht neu. In der Russenzeit gab es die Anekdote über den Genossen, der intelligent, linientreu und ehrlich sein sollte. Es mußte auch damals auf eine der drei Eigenschaften verzichtet werden, um den Nektar aus den beiden anderen Blüten zu zapfen.

Frau Weidel sollte Bundeswirtschaftsminster werden, daß sie zu den wenigen Abgeordneten gehört, die einen fachlichen Hintergrund haben. Dann wäre auch noch der Frauenproporz erfüllt. Was die Linientreue gegenüber dem Kanzler betrifft, darf man natürlich begründete Zweifel haben.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst. „Können ist eine große Sache, damit das Wollen etwas mache.“ (Geh. Rath v. Goethe)