Nationale Minderheiten im Krieg

Immer wenn Völker in einen Krieg hereingezogen werden, wo sie gegen die eigenen Leute kämpfen sollen wird es schwierig. Man kann das im Ersten Weltkrieg verfolgen, wo die im Küstenland (Istrien, Dalmatien) und im Trentino wohnenden Italiener nicht den erwünschten Haß auf Italien entwickelten. Schwierigkeiten hatte auch das Russische Reich mit den Polen. Sie waren bald nach Kriegsausbruch ausgehoben worden, neigten politisch aber mehr zu den Mittelmächten, von denen sie sich mehr Spielraum versprachen. Im Habsburger Reich entstand die polnische Legion. Und die Kriegsbegeisterung der Franzosen in Elsaß-Lothringen war sehr begrenzt. Etwa ein Viertel der Elsaß-Lothringer befanden sich hinter der Sprachgrenze.

Ähnliche Verhältnisse fanden wir in den Jugoslawienkriegen. Die in Kroatien wohnenden Serben rebellierten offen gegen das Land und verbündeten sich mit Restjugoslawien.

Zahlreiche Völker, die kein eigenes Interesse hatten, wurden in Kriege hereingezogen. Zum Beispiel Tschechen, Slowenen, Slowaken, Dänen und Kroaten in den Ersten Weltkrieg. Ungarn, Bulgaren, Cygany und Rumänen in den Ukrainekrieg. Ungefähr hundert untertane Völker Rußlands bzw. der Sowjetunion, z.B. Tartaren, Jakuten, Ewenken, Usbeken usw. in den Ersten und Zweiten Weltkrieg

Interessant ist es zu analysieren, wie die Titularvölker im Kriege mit ihren Minderheiten umgingen, insbesondere wie deren Parlamentarier behandelt wurden.

a) Deutsches Reich

Die 18 polnischen Reichstagsabgeordneten blieben unbehelligt, obwohl ihr Fraktionsvorsitzender Wojciech Stefan Trąmpczyński während des Ersten Weltkrieges im geheimen polnischen Bürgerkomitee mitwirkte.

Von den 15 Elsaß-Lothringischen Abgeordneten waren vier Franzosen. Jacques Peirotes (SPD) wurde während des Krieges in Hannover interniert. Emile Wetterlé wurde propagandistisch auf französischer Seite aktiv, seine Mandate wurden deswegen im März 1915 für erledigt erklärt und er aus seiner Fraktion (Zentrum) ausgeschlossen. Georges Weill (SPD) trat 1914 als Dolmetscher in die französische Armee ein und erklärte öffentlich, sich auf die Seite Frankreichs zu stellen. Anfang 1915 entzog ihm das Ministerium Elsaß-Lothringen darauf die Staatsangehörigkeit des Reichslandes Elsass-Lothringen und am 3. Januar 1915 wurde vom Direktor des Reichstages erklärt, dass Weills Mandat erloschen sei, da dieser seine Wählbarkeit verloren habe. Eloy Leveque von einer Lothringischen Regionalpartei nahm sein Mandat bis 1918 wahr, Man sieht deutlich: In Elsaß-Lothringen ging nicht alles glatt.

Hans Peter Hanssen war der dänische Abgeordnete für Haderslev und Sonderburg. Seine Dänen wurden ohne eigenes Interesse in den Krieg verwickelt, Auch er verlor sein Mandat nicht. Nach dem Krieg betrieb er erfolgreich die Rückgabe seines Wahlkreises an Dänemark.

b) Cisleithanien (Habsburg diesseits der Leitha)

Der Reichsrat war am 16. März 1914 vom Kaiser auf Vorschlag der k.k. Regierung Stürgkh vertagt worden; als im Juli 1914 die Entscheidung zum Krieg anstand, wurde der sehr multkulturelle Reichsrat nicht konsultiert. Das Parlament blieb drei Jahre ausgeschaltet.

Bei der ersten Sitzung im Krieg, am 30. Mai 1917, gaben Abgeordnete nach Verlesung der von der k.k. Regierung eingelangten Vorlagen und Berichte über seit 1914 getroffene Entscheidungen, aber vor Eingang in die Tagesordnung Erklärungen zu den politischen Absichten der Nationalitäten Cisleithaniens nach dem Krieg ab; eine weitgehende Vorwegnahme dessen, was im Oktober/November 1918 tatsächlich eintrat.

Im Oktober 1918 hielt das Abgeordnetenhaus sehr lebhafte Sitzungen ab, bei denen von Abgeordneten aller Nationalitäten Versäumnisse der k.k. Regierungen und Probleme des Zerfalls des bisherigen Staates und des Abfalls Ungarns diskutiert wurden. Dabei wurde ausgesprochen, daß dem Haus keine handlungsfähige Regierung mehr gegenüberstehe und daß man als Abgeordneter bald in anderen Parlamenten weiterarbeiten werde. Staatsloyale Kräfte wollten den Reichsrat zur Schaffung von Regeln für die faire Aufteilung Altösterreichs einsetzen; die Politiker in den neuen Machtzentren der Nachfolgestaaten hatten aber längst selbst das Heft in die Hand genommen.

Suspendierungen von Abgeordneten oder Parteiverbote gab es nicht, weil die Arbeit des Gremiums drei Jahre eingeschlafen war. Wir sehen trotzdem: in Österreich gab es große demokratische Defizite. 1916 erschoß der Sozialdemokrat Adler aus Frust den Regierungschef Stürgkh.

Eine besonders skurrile Episode war die tschechoslowakische Legion, die sich bis Wladiwostok durchkämpfte, um dann mit Dampfern nach Triest gebracht zu werden. Während des Krieges häuften sich an der Ostfront Desertionen, manchmal liefen sogar ganze tschechische Einheiten zu den Russen über. Sie vereinigten sich mit Freiwilligenverbänden, die Angehörige der tschechischen und der slowakischen Minderheit im Zarenreich gebildet hatten. Eine dritte Rekrutierungsquelle waren später auch tschechische und slowakische Soldaten aus der k. u. k. Armee, die in russische Kriegsgefangenschaft geraten waren. Nach der bolschewistischen Oktoberrevolution geriet die Legion in eine prekäre Lage. Die neue russische Führung unter Lenin wollte Frieden um jeden Preis und hatte für die Legion keine Verwendung mehr. Der Weg nach Westen war versperrt, 60.000 Mann bahnten sich den Weg durch Sibirien in die Heimat.

Was heute eine einwöchige Ferienreise mit der Transsib sein kann, wurde für die Legionäre zu einer zweijährigen Geduldsprobe. Mehr als 4000 von ihnen kamen auf dem Weg nach Wladiwostok ums Leben. Bereits beim Abzug aus dem Raum Kiew im März 1918 mussten sich Einheiten der Legion den Weg freikämpfen, um der Umzingelung durch deutsche Truppen zu entgehen. Es folgten zunehmend feindselige Auseinandersetzungen mit der Roten Armee und lokalen revolutionären Machthabern. Die Bolschewiki waren zwar grundsätzlich mit dem Evakuierungsplan einverstanden, aber unter Druck der Mittelmächte versuchten sie die Fahrt zu verzögern. Vor allem aber pochten sie auf eine weitgehende Entwaffnung. Die Tschechen und Slowaken gingen zunächst auf diese Forderung ein, im Tausch gegen freie Durchfahrt. Im Mai entluden sich die Spannungen in einer offenen Revolte gegen die «Roten». Am zentralrussischen Knotenpunkt Pensa überwältigten Legionäre die 3000-köpfige Garnison und holten sich die Waffen zurück, die sie zuvor widerwillig abgegeben hatten. In Tscheljabinsk im Ural besetzten sie aus Empörung über die Festnahme einiger Soldaten durch den lokalen Sowjet die ganze Stadt. Die Ereignisse bewirkten einen Umschwung; die Kommandanten sahen, daß ihre kampferprobten und hochmotivierten Einheiten den bunt zusammengewürfelten Roten Garden überlegen waren und sich keine Bedingungen diktieren lassen mußten. Künftig würden sie sich den Weg einfach freischießen. In rascher Folge brachte die Legion im Sommer 1918 die meisten Städte entlang der transsibirischen Route unter ihre Kontrolle. Waren die Legionszüge anfangs noch isoliert in Feindesland unterwegs gewesen, so konnten die drei Abteilungen am 1. September die Vereinigung ihrer Machtzonen feiern. Die Tschechoslowaken kontrollierten nun einen Korridor von der Wolgaregion über Sibirien bis an den Pazifik. Mit ihren Maschinengewehrschützen und ihren gepanzerten Lokomotiven waren die Legionäre überaus schlagkräftig und stießen damit nun auch auf Nebenstrecken vor. Im Frühjahr 1920 begann die Einschiffung nach Europa. Interessant in diesem Zusammenhang der „Der Goldene Zug“. der von einem japanischen Schwertkämpfer lokomotiert wurde und wo eine polnische Agentin den Kommandanten fix und foxi machte. Die Tschechen brachten das Gold zeitweise in ihre Gewalt. Multikulti pur in Asien.

c) Ukraine

Das Parlament der Ukraine ist für seine Tumulte und Schlägereien weltberühmt. Bereits im Dezember 2003 hatte eine Abstimmung zur Änderung der ukrainischen Verfassung zu tumultartigen Szenen geführt. Am 27. April 2010 kam es während der Ratifizierung des Flotten- und Gasabkommens mit Russland erneut zu tätlichen Auseinandersetzungen und im Dezember 2010 kam es nach der Verhaftung der Politikerin Julija Tymoschenko wieder zu Schlägereien zwischen Abgeordneten. Im Mai 2012 und März 2013 führten dann Debatten über die Stärkung der Rolle der russischen Sprache zu Prügeleien im Parlament. Am 16. Januar 2014 kam es im Parlament, vor dem Hintergrund der Verabschiedung von Gesetzen, die u. a. die Versammlungsfreiheit einschränken, erneut zu Schlägereien unter den Abgeordneten.

Inzwischen ist die Oppositionsplattform – bei der Wahl 2019 die zweitstärkste Partei nach „Diener des Volkes“ – verboten worden, weil es vor allem Russen sind, die ihr angehören. Das ist inzwischen fast egal, weil Moskau das Gebiet, in dem die Opposition mehrheitlich gewählt wurde, inzwischen besetzt hat.

d) Ostzone

Von den Wehrpflichtigen der Zone hatte so gut wie keine Sau Bock auf Krieg mit den Wessis. Wenn die Grenze offen gewesen wäre, hätten sich die 17jährigen vor der Musterung in alle Winde zerstreut. Der ganze Zirkus funktionierte nur, weil Amerikaner und Russen Jalta und in der Folge den Bau des Stacheldrahtzauns durchgedrückt hatten.

Das Lieblingslied bei der Fahne hatte den Refrain: Wir wollen nach Haus, wir wollen nach Haus, hier hälts doch geine Sau nochn Dach länger aus.

e) Russisches Reich:

Das russische Parlament, die Duma, erklärte 1914 seine Selbstauflösung, um der Regierung nicht „im Wege zu sein“.

Im Krieg gerieten nationale Minderheiten unter Verdacht, mit den Feinden gemeinsame Sache zu machen. Als erstes traf es die in Russland lebenden Deutschen. In vielen Städten kam es zu antideutschen Ausschreitungen. Die russische Hauptstadt Sankt Petersburg wurde in Petrograd umbenannt, und zahlreiche baltendeutsche Offiziere mussten ihren Abschied nehmen.

Vor allem deportierten die Behörden hunderttausende Deutsche aus den westlichen Reichsteilen nach Sibirien und Zentralasien. Dies war jedoch nicht nur Ausdruck einer weit verbreiteten „Germanophobie“, sondern Teil des Bemühens von Militär und Regierung, in frontnahen Regionen ethnisch homogene Gebiete zu schaffen. Neben den deutschen Kolonisten wurden daher auch Teile der jüdischen Bevölkerung und Polen ins Landesinnere umgesiedelt.

„Wir sehen: Fremde Völker, die durch Gewalt, Leichtsinn oder Willkür zufällig in einen wie auch immer gearteten fremdländischen Machtapparat geraten sind, haben keine Lust auf Kriege, insbesondere wenn er gegen ihr eigenes Volk geführt wird. Es gibt oft demokratische Defizite in Kriegszeiten. Das wird in der eindimensionalen MSM-Berichterstattung über den Ukrainekrieg völlig ausgeblendet. Was das Zwangsfernsehen berichtet ist offensichtlicher Bullshit in Kaiser Wilhelms „Ich-kenne-keine-Parteien“-Stil. Ich kann mir nicht vorstellen – ich habe zehn Jahre neben Russen und Tartaren gelebt – daß Russen begeistert zu Selenskyis Waffen eilen, um die Krim von sich selbst „zu befreien“. Eigentlich „gehört“ die Krim den Krimtartaren, so wie Amerika den Indianern „gehört“. So, ich hör ja schon auf mit dem Unsinn der „Völkerrechtler“. Übrigens: Kerosinanna ist auf ihrem Südseetrip nun endgültig hängengeblieben.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: Känguru und Palmenstrand, Annalena hin nicht fand.