Das Kulturgefälle von West nach Ost – der Dunkelosten

In populärwissenschaftlichen deutschen Druckerzeugnissen – z.B. Lexika – aus den 30er Jahren ist permanent von einem Kulturgefälle von West nach Ost die Rede. Schon in „Mein Kampf“ hätte ich das populäre Paradigma vermutlich finden können, wenn ich das Werk, das mir ein Grüner 1989 augeliehen hatte, tatsächlich auch gelesen hätte. Aber mir ging es so wie schon meinen Eltern vor über 80 Jahren: Ich bin auf den ersten Seiten wegen zu geringer Dramatik und verstreuten Milliideen pro Kilopapier abgefault.

Reiche zerfallen, ihre Schreiberlinge bleiben und ihre Vorurteile überleben auch. Das nationalsozialistische Dogma des kulturellen West-Ost-Gefälles ist quicklebendig. Gerade heute habe ich es auf den Seiten des Postillon aufgestöbert:

1946 wurden einige Anhänger der These vom West-Ost-Gefälle aufgehängt. Es wäre interessant in die Glaskugel zu schauen, was mit den Fürther, Hamburger, Berliner und Münchner Journalisten in der Zukunft passieren wird, für die die Zeit 1944 stehen geblieben ist.  Zumindest ihre Vorurteile werden wohl überleben. Ich bin da Pessimist.

Es gibt Dunkeldeutschland und Dünkeldeutschland.