Sanierung nach 21 Jahren teurer als Neubau – Protzpalast hat fertig

Lassen wir uns die salbungsvolle Werbung der Architektenkammer Thüringen für die angebliche Bauruine Landesvertretung Thüringen, Baujahr 1999, mal auf der Zunge zergehen:

„Wie auch andere Bundesländer nutzte Thüringen die Möglichkeit, mit dem Bau seiner Landesvertretung im Zentrum Berlins ein Schaufenster des Freistaates zu schaffen. Das Haus dient als Rahmen für vielfältige kulturelle Aktivitäten, Ausstellungen, Konferenzen und ist gleichzeitig Arbeitsort für die Mitarbeiter der Thüringer Vertretung. Die hohe urbane Qualität des neu gefassten Platzraumes an der sich aufweitenden Mohrenstraße wird gestärkt durch die Platzfassade des Hauses mit der Kolonnade und dem bereits vom Straßenraum aus erlebbaren Grünhof als Synonym Thüringens. Seiner funktionellen Struktur entsprechend setzt sich der Baukörper aus zwei Komponenten zusammen: Dem steinernen Stadthaus mit Kolonnade und Lochfassade, sowie einem eingeschobenen transparenten Bauteil, der bereits vom Straßenraum Einblick in den Grünhof gewährt. Während im steinernen Bauteil vorrangig Arbeitsbereiche und im oberen Teil einige Apartments untergebracht sind, beherbergt der transparente Baukörper öffentliche Sonderfunktionen wie Wandelhalle, Ausstellung, Konferenzräume und Bibliothek. Im Staffelgeschoss auf 21m Höhe gewährt ein gläserner Veranstaltungssaal mit großzügiger Terrasse und Blick über die Dächer der Großstadt Raum für besondere Veranstaltungen.“

Der Landtagsabgeordnete Thomas Rudy von der Partei der Unberührbaren schrieb mir dazu folgende Info:

„Medienberichten zufolge befindet sich die Landesvertretung des Freistaats Thüringen in Berlin in sanierungsbedürftigem Zustand. Nur 20 Jahre nach der Errichtung soll ein Betrag von 17 Millionen Euro vonnöten sein,  um das Gebäude wieder in Schuss zu bringen. Staatskanzleichef Hoff erwägt die Errichtung eines Neubaus in repräsentativerer Lage „In den Ministergärten“. Teilweise wurde bereits Kritik laut, dass die Kosten für die Sanierung der alten Landesvertretung bewusst zu hoch kalkuliert wurden, um die Errichtung eines Neubaus zu rechtfertigen. (…)  Es mutet befremdlich an, dass der Thüringer Infrastrukturminister mit Berliner Hintergrund zu Zeiten einer massiven Rezession und schrumpfender Steuereinnahmen die Errichtung eines Prachtbaus in Berlin ins Auge fasst, während es genug Baustellen in Thüringen selbst gibt, die zunächst zu beseitigen wären. Die Kosten für die baulichen Maßnahmen in der Landesvertretung in Berlin sollten so gering wie möglich gehalten werden. (…) Ich fordere die Landesregierung daher im Interesse der steuerzahlenden Thüringer auf, sich in Bescheidenheit zu üben und lediglich die zum baulichen Erhalt und zum ordnungsgemäßen Betrieb notwendigen Maßnahmen in der Landesvertretung in Berlin zu treffen. Sparsamkeit ist in wirtschaftlich schwierigen Zeiten oberstes Gebot!“

Meine Freundin – sie war damals Geschäftsführerin mehrerer Bauplanungsbüros – hat etwa zur gleichen Zeit ein Einfamilienhaus für sich selbst errichten lassen. Bisher war ein- bzw. zweimal eine malermäßige Instandsetzung der Innenräume erforderlich, an der Satschüssel mußte mal was ausgewechselt werden, ein paar Armaturen wurden wegen Verkalkung gewechselt und ein Terassenbelag wurde teilerneuert. Ansonsten ist alles noch gut. Es ist kein Naturgesetz, daß ein Gebäude nach 21 Jahren erheblich verlottert ist. Die Ursachen liegen für das geübte Auge eines Planers, der auch Wettbewerbe für größere Verwaltungsbauten gewonnen hat, im Entwurf.

Man sieht auf den ersten Blick von außen, daß das Gebäude bauphysikalisch eine Katastrophe ist. Das Staffelgeschoß ist soweit die Flachdachrichtlinie nicht beachtet wurde, ein Angriffspunkt für das Wetter. Es fehlt wirksamer Sonnenschutz für die armen Beamten da drinnen. Sie schwitzen sich trotz teurer Wärmeschutzverglasung im Sommer was zurecht. Ein fehlender Dachüberstand verursacht auf Dauer häßliche Wasserschlieren auf der aufwändigen Fassade. Man könnte mit relativ geringen Kosten ein vernünftiges Dach mit Gefälle und Überstand draufsetzen und nachträglich Sonnenschutz anbringen. Das Gebäude hat bei der erstmaligen Herstellung 12,4 Mio € gekostet, 17 Millionen für eine Sanierung sind wirklich kraß. Wobei man die Verantwortung für den Pfusch nicht dem cholerischen Krawallbodo anlasten kann, sondern Franz Schuster (CDU), der damals das Bauressort unter sich hatte, in dem wiederum für Architektenwettbewerbe Herr Krachwitz zuständig war. Es gibt eine anrührende Anekdote aus der Zeit: Minister Schuster schwitze sich in seinem neuerrichteten Ministerium in Erfurt halb tot und bestellte den Bauphysiker Professor Gronau als Berater. Als er dem Professor seine Ministerstube zeigte, sagte er: „Im Winter brauche ich hier bestimmt nicht schwitzen.“ Gronau: „Was sie jetzt im Sommer schwitzen, werden sie im Winter frieren“.

Als Steuerzahler frag ich mich grundsätzlich, ob ein Bundesland mit zwei Millionen Einwohnern eine Vertretung benötigt, die in der Größe mit den Botschaften von Atommächten konkurriert. Zumal man von Erfurt nach Berlin mit der Eisenbahn in einer Stunde und 40 Minuten gelangen kann, mit der gepanzerten Limousine ohne zu rasen und ohne von der brandenburgischen Polizei geblitzt zu werden in drei Stunden. Ich bin immer ein bißchen radikaler als die AfD. Bodo soll die Skandalhütte verkaufen und wenn in Berlin was ist, kann er mit der Bahn hinfahren.

 

Grüße an den V-Schutz: In der Verfassung gibt es keine Verpflichtung zu Verschwendung und Prälatenhoffart. Gelle?

 

Beitragsbild: Screenshot von der Homepage der AK Thüringen.