Der umstrittene 9-€-Fahrschein

Derzeit wird der 9-€-Fahrschein heiß diskutiert. Ich will garnicht in Abrede stellen, daß der für einige Nutzer attraktiv ist. Wer mal billig nach Sylt fahren will oder wer an einer gut bedienten Relation liegt, an deren Ende sich auch noch der Arbeitsplatz befindet, macht ein gutes Geschäft.

Aber draußen in der Pampa wird nur rumgemeckert. Wer zum Beispiel Kinder hat und die auf dem Weg zur Arbeit am Kindergarten „abwirft“ oder wer auf dem Heimweg noch mal an der Kaufhalle vorbeifährt wird das eigene Fahrzeug bevorzugen. Diese Woche hatte ich folgende Fahrten: Eine 210 kg schwere Mähmschine zur Reparatur 50 km nach Ermstedt bringen. Zweimal bin ich zu Ausschußsitzungen des Kreistags nach Apolda gefahren. Da braucht man sich keine Gedanken machen, in die Kreishauptstadt fährt kein Bus und auch keine Bahn. Einmal habe ich in Mellingen ein Brot gekauft. Ich könnte 7:30 im überfüllten Schulbus ins Tal fahren, aber erst 8:40 fährt ein Bus retour. Wer wartet eine Stunde auf die Rückfahrt? Früher gab es an jedem Gummibahnhof eine Wirtschaft, wo sich die Leute die Wartezeit mit eins, zwei drei Bier vertreiben konnten. Das kleine Bier kostete damals 40 Pfennige, bei den heutigen Preisen kann sich nicht mal ein Stehimbiß halten.

Die Busse, die ab 15 Uhr auf der Linie 229 (Weimar – Blenkst) fahren, haben als einzigen Gast den Fahrer. Die Busse quetschen sich in Mechelroda durch die Kirchgasse, wo ein 40 cm breiter Notgehweg existiert. Früher waren es mal 50 cm, aber dann kam auch noch eine Wärmedämmung. Wer da mit einem Kinderwagen oder dem Hundi unterwegs ist, dem wird himmelangst, wenn der Bus vorbeifährt. Und bereits in vier Minuten kommt er von Kiliansroda zurück und beansprucht noch einmal den knappen Raum. Als die Gasse entstand, fuhren ein paar Kutschen und Leiterwagen. Der Fortschritt betrifft nur die Größe der Fahrzeuge, nicht aber den Verkehrsraum. Das ist auch auf der Kreisstraße, die ins Tal führt so. Der Feldweg, der vordem vor allem  Ochsengespannen diente, wurde in den 70ern von der LPG geschottert und dann von der Kreisdirektion des Straßenwesens mit einer dünnen Aspaltschicht überzogen. Sie wird von Lkws und Bussen in Grund und Boden gefahren, weil der Oberbau eben keiner ist.

In dem Berlin denken sich die Perversen – jetzt bekommen sie endlich die passenden Affenpickel – immer schöne Dinge aus, die in der Umsetzung mit den Realitäten kollidieren. Aus der sog. „kommunalen Familie“ hört man derweilen, daß die Finanzierung des 9-€ auf wackligen Beinen stehen soll. Gerade laufen den Busgesellschaften die Kosten für Reparaturen, Löhne und Kraftstoffe davon, und gleichzeitig solche Experimente.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.“ (Geh. Rath v. Goethe)

 

Beitragsbild: Bernd Zeller aus ZZ. Heute: Söder verbietet Affen auf ZZ-Sicherheitstagung in München.