Kollegah löst Zukunftsfragen

Ich hatte schon einige Male behauptet: Die Kunst ist die Welt von Morgen. Also Morgen: Das ist erfahrungsgemäß so in zwanzig bis dreißig Jahren. Das war so ungefähr die Inkubationszeit für den Stalinismus, für den Nationalsozialismus wie auch für die Irrlehren des Club of Rome.

Aber ist alles Kunst, was eigentlich weg kann? Es kommt eben darauf an, ob es promotet wird, wie eine schmierige Badewanne von Joseph Beuys. In einem Werbeclip für das Scheuermittel ATA hatten zwei Putzfrauen in einem Kunstmuseum eine versiffte Badewanne blank gewienert. Der entsetzte Künstler kommt herein und die beiden Damen fragten: „Na, Meister, glänzt’s?“.

Ja, wenns glänzt, ist es aber keine Kunst mehr. Unsere Rapper produzieren ständig Zukunftsentwürfe. Kollegah hat so ein Händchen für das, was originär Gewaltherrschaft ist. Ich hatte kürzlich schon über „Nero“ und „King“ berichtet. Nun ist mir das Liedchen „Der Putin“ aufgefallen.

Scheiß auf Greenpeace-Schlampen, die mit Blättern reden
Ich komm mit Kanisterköpfen, die dich mit блядь anreden
Es ist Vladimir Putin, gegen mich war Stalin ’ne Pussy
Wähl‘ mich oder blick‘ in ’ne geladene Uzi
Was Pressefreiheit? Schlag‘ die Staatszeitung auf!
Lies‘ was anderes und ich stell‘ deine Gasheizung aus
Wenn du dann noch begriffsstutzig bist
Kassierst du, bis du regungslos bist
Wie meine Gesichtsmuskeln, Bitch
Ich kann tun und lassen was ich will, Сука блядь
Was will die UNO machen?
Ich hab Superwaffen und die sind feuerbereit
Gib mir ’nen Freundschaftsbeweis
Oder die Spätaussiedler stimmen ab und Deutschland ist meins
Ich bin der russische Stolz, doch will tauschen mit Obama
Ja, Pussy Riots gegen Pussycat Dolls
Die können mich nicht leiden, aber fick‘ die Weiber
Die sollen ruhig protestieren, solange sie ihre Titten zeigen
Schlimmer sind Schwuchteln, die soll man gewaltsam vertreiben
Achja, ich mag Pferde und bin gern halbnackt am Reiten
Doch nur um allen zu zeigen, ich bin steinhart und groß
Und nebenbei auch, um meine Beine zu schonen

Nun kann man sich trefflich streiten, ob Kollegah Putin kritisch gegenübersteht, oder nicht. Sein Liedchen könnte ja Satire sein. Wenn man das ganze Œuvre des Sängers zu Rate zieht, so drängt sich ein anderer Verdacht auf. Kollegah ist kein Freund der Greenpeace-Schlampen. Er erfreut sich eher an der Perestroika klarer Machtstrukturen und kommt mit Präsident Putin einigermaßen auf seine Kosten. Feministische Ideen und seltene Sexualpraktiken sind ihm fremd. An dieser Stelle sind einige Übersetzungen aus dem Russischen erforderlich, um letzte Glasnost zu schaffen.  Блядь ist dasselbe wie Bitch, also Hündin. Und Сука блядь ist eine Formel, die man mit Hündinnen-Schlampe übersetzen könnte. Der Autor hat in der Schule vierzehn Jahre lang Russisch gelernt. Da kennt man sich mit Schimpfworten elementar aus.

Nicht nur Putin fasziniert Kollegah. Auch dem Anti-Afd-Ulli von Bayern München hat er ein musikalisches Denkmal gesetzt. Als Fußballgangster. Oder versteh ich was falsch?

Ey, yeah, Fußballgangstershit

Kuck‘ auf die Lederhose, ich steh‘ auf fehlerlose
Derbysiege, volle Stadien und ’ne gescheite Jägersauce
Räum‘ die Ehrenloge, geh‘ dem Hitzkopf aus dem Weg
Bevor dich der Big Boss auserwählt und wie Christoph Daum zerlegt
Es ist der Fußballgigant, der Wurstfabrikant
Ohne Uli Hoeneß wär’s hier ganz schön duster im Land
Superbrilliant, Bitch, ihr habt bloß Sportler auf dem Feld
Wir ham nicht nur Spieler, sondern Rekorde aufgestellt
Keine Konkurrenz zu seh’n
Diese Lappen halten doch höchstens ‚mal die Schale in der Hand
Wenn sie Pommes essen geh’n
Wir sind ’ne eigene Liga, ist nicht Bayern der Sieger
Ist Geld von der Bank eingesetzt wie Einwechselspieler
Ich kauf‘ den Deutschlandkader auf und diese Steuerfahnder auch
Was Knast? Ich spazier‘ hier später freudestrahlend ‚raus
So ’n kleiner Aufenthalt, das ist schon auszuhalten
Gibt schließlich schlimmeres, zum Beispiel Frauenfußball
Wo die Bitches nur aus Oberschenkeln bestehen, Kiezstricher.

Es ist sicher nicht alles schlecht an der Kunst. Nicht umsonst wird sie ja vom Grundgesetz ausdrücklich geschützt.  Wenn Kunst die Zukunft vorwegnimmt, dann seh ich für die Pressefreiheit und für die Bundesliga schwarz Aber auch für die grüne Tonne Claudia, für Küstenbarbie, Flintenuschi und Burning Barbara. Die werden eines Tages blankgeputzt, wie die Badewanne. Kollegah fragt dann: „Na, Claudia, glänzt’s?“